Das Salamander-Areal in Kornwestheim hängt weiter in der Warteschleife. Nun drängt die Stadt beim 140-Millionen-Euro-Projekt auf ein Ende der Hängepartie.

Kornwestheim - Eigentlich sollte das Salamander-Areal in Kornwestheim längst vermarktet sein. Ein Gewerbeschwerpunkt, Büroflächen und mehr als 400 Wohnungen waren auf der Industriebrache geplant. Doch bisher hängt das Großprojekt weiter in der Warteschleife. Nun drängt die Stadt selbst auf ein Ende der Hängepartie.

Wenn man so will, ist das Salamander-Areal das eigentliche Wahrzeichen der Stadt Kornwestheim. In der Blütezeit der schwäbischen Schuhindustrie produzierten hier 17.800 Mitarbeiter jährlich bis zu zehn Millionen Paar Galoschen. Die 1903 von Jakob Sigle gegründete Fabrik machte die Stadt zu einer der reichsten Kommunen in Baden-Württemberg, durch die Werbefigur Lurchi wurden Schuhe aus Kornwestheim bundesweit zum Begriff.

Inzwischen freilich hat sich das einstige Renommier-Gelände am Kornwestheimer Bahnhof für die Stadt zu einem echten Sorgenkind entwickelt. Durch den Niedergang von Salamander wurde der Stammsitz binnen weniger Jahre zur Industriebrache. Schon in 90ern begann der Schuhhersteller die Produktion ins billigere Ausland zu verlagern, die Fertigungshallen fielen in einen bis heute anhaltenden Dornröschenschlaf.

Der Grund: Die Entwicklung des Areals ist nicht aus der Portokasse zu bezahlen. Auf 140 Millionen Euro schätzen Branchenkenner die Kosten. Dieses Investitionsvolumen war offenbar selbst für den Kölner Immobilienkonzern Vivacon eine Nummer zu groß. Das auf die Sanierung von Denkmalschutz-Bauwerken spezialisierte Unternehmen - in Kornwestheim mit Euphorie begrüßt - hatte den Salamander-Stammsitz im Mai 2008 vom Energieversorger EnBW übernommen, um das 62.000 Quadratmeter große Areal mit neuem Leben zu füllen.

Als Konzept für eine neue Nutzung des Areals planten die Kölner Projektentwickler einen Mix aus Gewerbe und Wohnbau. Auf der Hälfte der Fläche sollte ein Stadtquartier für 1200 Kornwestheimer entstehen, gut 20.000 Quadratmeter waren für Büros, noch einmal 10.000 Quadratmeter zur Ansiedlung von Handelsunternehmen vorgesehen. In den Plänen des Investors war von 2000 Arbeitsplätzen auf dem Areal die Rede, selbst die Einrichtung eines Lurchi-Museums war im Gespräch. Im Sommer 2009 sollte die Vermarktung starten.

Die Wirtschaftskrise freilich machte den ehrgeizigen Ideen einen Strich durch die Rechnung. Nachdem der Vivacon allein fürs Jahr 2008 ein Verlust von 170 Millionen Euro drohte, brach der Börsenkurs des Immobilienunternehmens ein, in Finanzkreisen wurde die Firmengruppe im Herbst nur als "Spielball für Zocker" gehandelt. Um den Absturz zu verhindern, schickte das angeschlagene Unternehmen vier Objektgesellschaften für die Betreuung von 4000 Wohneinheiten in Kassel und Salzgitter in die Insolvenz, per Personalrochade wurden Vorstand und Aufsichtsrat verkleinert.

Außerdem entschieden sich die Kölner, durch den Verkauf etlicher Projekten neues Geld in die Kasse zu bekommen. Mit auf der Abschuss-Liste stand auch das SalamanderAreal in Kornwestheim. Das Problem: Obwohl schon seit Sommer bekannt ist, dass Vivacon die Industriebrache lieber heute als morgen abstoßen will, gibt es nach wie vor keine Entscheidung - geschweige denn eine Unterschrift unter die Kaufverträge.

Die von den Finanzproblemen des Investors offenbar überraschte Stadt Kornwestheim liebäugelt nämlich mit der Idee, das Großprojekt in der Innenstadt selbst unter die Fittiche zu nehmen. "Wir arbeiten sehr intensiv an einem Business-Plan", erklärt Oberbürgermeisterin Ursula Keck.

Bereits im Sommer hatte die Rathausspitze der Kölner Firma ihr Interesse an einem Kauf kundgetan, im Oktober machte Keck die Gedankenspiele ums Salamander-Areal bei einer Bürgerversammlung öffentlich. Und im Gemeinderat wurden schon Überlegungen laut, den Salamander-Festsaal künftig für die lokale Kultur zu nutzen.

Allerdings: Nach wie vor ungeklärt ist die Frage, wer der Kommune bei der Entwicklung des symbolträchtigen Areals zur Seite stehen könnte. "Alleine schaffen wir diesen Kraftakt nicht", heißt es im Gemeinderat. Kornwestheim will zwar laut Finanzbürgermeister Dietmar Allgaier "das Projekt gern städtebaulich begleiten", hat aber ein ähnlich gelagertes Problem wie Vivacon - es fehlt das Geld für die Umsetzung. Vergangenes Jahr ist allein die Gewerbesteuer um 12,3 Millionen Euro eingebrochen, auch im Haushalt für 2010 sieht es nicht rosig aus.

Deshalb wird in der Immobilienbranche nach Partnern für die Übernahme gesucht. Gute Chancen hat offenbar eine Dreierlösung - neben der Stadt sind die Bietigheimer Wohnbau und die Stuttgarter GWG im Gespräch. Die bestätigen zwar Interesse an dem Areal, halten sich aber bedeckt: "Im Moment wäre das kontraproduktiv", erklärt Wohnbau-Chef Dieter Heckeler, auch Christian Holz (GWG) mag "nicht über ungelegte Eier sprechen". Dennoch hofft er, dass die Entscheidung übers Salamander-Areal "Mitte Januar unter Dach und Fach" ist. Neben dem Kaufpreis - Vivacon will angeblich 20 Millionen Euro - ist auch der Denkmalschutz ein Knackpunkt. Laut Rathauschefin Keck lassen sich Wohnungen nur verkaufen, wenn das Regierungspräsidium den Anbau von Balkonen genehmigt.