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- Ibrahim Abou Nagie, der Initiator der salafistischen „Lies!“-Aktion, ist Hartz IV-Empfänger.

Berlin - Ibrahim Abou Nagie, der Initiator der salafistischen „Lies!“-Aktion, ist Hartz IV-Empfänger. Das geht aus einem Aktenauszug hervor, den nordrhein-westfälische Sicherheitsbehörden über den Kölner Hassprediger angelegt haben. Die Notiz liegt unserer Zeitung in Kopie vor. Danach bezieht der 47 Jahre alte, dreifache Vater bereits seit Jahren staatliche Sozialbezüge.

Der gebürtige Palästinenser will bis Mitte Mai 25 Millionen Exemplare des Korans in Deutschland, Österreich und der Schweiz kostenlos verteilen. Fahnder gehen der Frage nach, wie der Vater eines volljährigen Sohnes und zweier minderjähriger Töchter das Projekt finanziert. Nach Einschätzung von Sozialhilfeexperten dürfte der frühere Geschäftsmann zwischen 2300 und 2500 Euro monatlich an Hartz-IV-Leistungen und Kindergeld beziehen. Er bewohnt in Pulheim in der Nähe von Köln ein Reihenhaus.

Ermittler sind nach dem Aktenauszug verwundert, wie Abou Nagie seine „teilweise sehr, sehr hohen Handyrechnungen bezahlt“. Ein Rätsel ist ihnen auch, wie er die Kosten für die nicht auf ihn zugelassene Oberklasse-limousine bestreitet.

Angesichts der Koran-Verteilung radikalislamischer Salafisten wächst unterdessen die Sorge vor religiösen Spannungen in Deutschland. Islamisten wollen an diesem Samstag in mehr als 30 deutschen Städten Koran-Exemplare verschenken. Nach Polizeiangaben haben sie in Stuttgart für diesen Samstag von 8 bis 20 Uhr einen Infostand in der Königstraße angemeldet.

Handgemenge befürchtet

In sozialen Netzwerken rufen inzwischen Rechtsextremisten zu Protestaktionen gegen die kostenlose Verteilung der Koran-Exemplare auf. Die geplanten rund 25 Millionen Bücher sollen nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz und Österreich sowie über das Internet verschenkt werden. Die Gratis-Aktion könne nur verhindert werden, wenn sie im Zusammenhang mit Straftaten stünde oder Ordnungswidrigkeiten vorlägen, hieß es aus Berliner Sicherheitskreisen. Bei den Aktionen könnte es nach Einschätzung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zu Zwischenfällen kommen. „Womöglich kommt es zu Handgemengen der Salafisten mit ihren Gegnern“, sagte der GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut. „Bei Vorkommnissen wird die Polizei sofort zur Stelle sein und einschreiten.“

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte, er fürchte, dass mit der Koran-Verteilung Gegenprovokationen folgen könnten. „Wir haben in Nordrhein-Westfalen jetzt Wahlkampf, und rechte Gruppen nutzen das jetzt für sich. Sie rufen ihre Leute auf, vor Moscheen zu postieren“, sagte er. „Provokation ruft Gegenprovokationen hervor. Es sind Hardliner unterwegs, hüben wie drüben, Brüder im Geiste.“

Salafisten im Visier der Behörden

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, man nehme die aktuellen Bestrebungen sehr ernst. Die Salafisten seien seit geraumer Zeit im Visier der Verfassungsschutzbehörden. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz warnte vor der Aktion. „Es geht hier um salafistische Propaganda und die Rekrutierung von Anhängern. Der Koran ist nur ein Vehikel“, sagte Behördensprecher Bodo W. Becker.

Der integrationspolitische Sprecher der FDP, Serkan Tören, verlangte die Ausweisung radikaler Islamisten. „Nichtdeutsche Salafisten, die gegen die Verfassung verstoßen, müssen ausgewiesen werden.“ Der Chef des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), erklärte, Hassprediger könnten bereits abgeschoben werden. Davon müsse man konsequent Gebrauch machen.