Mit einem gesunden Silas und dem Fokus auf schnellem Vertikalspiel will der VfB zurück zu alter Stärke. Foto: Pressefoto Baumann/Hansjürgen Britsch

Der VfB Stuttgart besinnt sich auf eine frühere Erfolgsformel: Mit schnellem Fußball will die nach wie vor junge Mannschaft den Klassenverbleib sichern.

Zehn Teams, 20 Profis und ein gemeinsames Foto – so lautete die einfache Formel des VfB Stuttgart, um vor der anstehenden Fußball-Saison das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Belegschaft zu stärken. Dokumentiert beim kürzlich begangenen Kick-off für die neue Spielzeit auf dem Vereinsgelände an der Mercedesstraße in Bad Cannstatt. Erstmals mischten Spieler aus dem Bundesligakader beim Mitarbeiterturnier mit – und sie hatten ihren Spaß.

Das Vergnügen war so groß und die Atmosphäre beim familiären Fest so ansteckend, dass sich Sasa Kalajdzic und Waldemar Anton als Zaungäste wunderten, warum sie nicht mitkicken durften. Eine Frage der Trainingssteuerung dürfte das wohl gewesen sein. Würde der Chefcoach Pellegrino Matarazzo sagen. Aber vielleicht sind der Mittelstürmer und der Abwehrchef einfach zu wichtig für diese Mannschaft, um Verletzungen zu riskieren.

Dreiergespann soll Halt geben

Mit Wataru Endo und Konstantinos Mavropanos gehört vor allem Waldemar Anton zu den Führungskräften beim VfB. Sie sollen dem Team Halt geben, wenn es ihn braucht – und dass die Stuttgarter wieder schwierige Phasen mit den entsprechenden Leistungsschwankungen durchstehen müssen, steht für Fans und Fachleute außer Frage. Noch immer ist die Mannschaft jung, und noch immer ist das Leistungsvermögen schwer zu verorten. Tabellenplatz neun nach dem Aufstieg war ein Erfolg. Die Rettung in letzter Sekunde mit Rang 15 in der Vorsaison ging zwar mit einem emotionalen Höhepunkt einher, die Spielzeit an sich war jedoch von einigen Tiefpunkten gekennzeichnet.

Irgendwo dazwischen dürfte die sportliche Realität des VfB liegen. „Unser Saisonziel ist ganz klar der Klassenerhalt“, sagt Matarazzo. Mit einem Kader, von dem der Sportdirektor Sven Mislintat nicht weiß, ob ihm noch weitere seiner besten Spieler bis zum Transferende am 1. September von finanziell potenteren Clubs weggekauft werden: Orel Mangala (13 Millionen Euro plus Boni/Nottingham Forest) geht, Sasa Kalajdzic und Borna Sosa könnten folgen. „Wenn sie bleiben, verfügen wir über eine starke Mannschaft“, sagt Mislintat. Wohl wissend, dass der VfB einen Transferüberschuss eingeplant hat. 20 Millionen Euro sollten es ursprünglich sein.

Talente spielen sich in den Vordergrund

In der Vorbereitung haben sich jedoch eine Reihe von Talenten in den Vordergrund gespielt. Naouirou Ahamada im Mittelfeld und Darko Churlinov in der Offensive zum Beispiel. Ein 20-jähriger Franzose, der in der Vergangenheit häufig verletzt ausfiel. Und ein 22-jähriger Nordmazedonier, der zuletzt an den FC Schalke 04 ausgeliehen war. Jetzt ist Churlinov zurück und findet sich in einem System wieder, das er noch kennt.

Mit „Zurück in die Zukunft“ lässt sich das fußballerische Motto formulieren, das Matarazzo ausgerufen hat. Wie schon im Verlauf der vergangenen Rückrunde setzt der VfB in der Offensive wieder verstärkt auf Umschaltmomente und weniger auf Ballbesitz. Schnell und schnörkellos soll es abgehen. Wie nach dem Aufstieg 2020, als die Stuttgarter mit ihrem Überfallfußball begeisterten.

Silas Katompa Mvumpa zählte da mit seinem Tempo und seinen Toren zu den prägenden Figuren. Nach schweren Verletzungen ist der Kongolese nun wieder auf dem Weg zu alter Stärke – und mit ihm verfügt der VfB über eine unberechenbare Größe für den Gegner. „Über die Athletik bekommt er seine Spielfreude zurück. Das ist zu spüren“, sagt Mislintat über den 23-Jährigen.

Ohnehin war der konditionelle Aspekt diesmal während der Wochen der Vorbereitung noch bedeutsamer als in den Jahren zuvor. Der VfB will wieder mehr laufen – und hat entsprechende Maßnahmen auch in der Leistungsdiagnostik ergriffen. Das ist eine der Erkenntnisse aus der vergangenen Runde, als die Stuttgarter meist weniger Laufkilometer als die Gegner aufwiesen. Was zum einen an der Spielanlage mit viel Ballbesitz lag, zum anderen aber auch an Defiziten nach den vielen Ausfällen.

„Die Spieler mussten zuletzt über Grenzen gehen, aber sie haben dabei die nötige Haltung gezeigt. Diese wird auch im Verlauf der Saison gefragt sein“, sagt Matarazzo, der in den Testspielen schon sehr nah an seine Anfangself für den Bundesligabeginn kam. In diese Formation reihte sich Josha Vagnoman auf der rechten Seite ein. Zudem wurden noch die Stürmer Luca Pfeiffer und Juan Perea verpflichtet. Der Kolumbianer kommt vorerst von der Bank. Mit reichlich Dynamik, viel Ehrgeiz und dem Selbstbewusstsein seines ersten Tores im VfB-Trikot – erzielt beim 5:2 im Spiel gegen den FC Valencia.

Ein schönes Muster, das Matarazzo vor dem 1:0-Sieg im DFB-Pokal bei Dynamo Dresden nicht überbewerten wollte. Nach der Begegnung beim Drittligisten warnt der Trainer nun vor zu hohen Erwartungen – im Allgemeinen, aber auch speziell vor dem Ligastart gegen RB Leipzig. Noch nie hat der VfB gegen die Sachsen einen Erstligavergleich gewonnen. Das erste Mal zum Auftakt käme da gerade recht. Carlos Ubina