Der Onkologe und Chefarzt am Schwarzwald-Baar-Klinikum, Paul Graf La Rosée, sprach in der Neuen Tonhalle in Villingen in der Reihe story VS über Krebs. Foto: Birgit Heinig

Die wichtigste und beruhigende Botschaft lautete: „Die Vision der Heilung von Krebs wird realistisch“. Das Medizin-Special eröffnete die Saison von Michael Hoyers story VS.

Vor dem gut gefüllten Zuschauerraum der Neuen Tonhalle präsentierte Paul Graf La Rosée den aktuellen Stand der Medizin bei der Behandlung einer Krankheit, die in Deutschland nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen derzeit noch die zweithäufigste Todesursache ist, sich aber aufgrund der Alterspyramide in den nächsten Jahren an die Spitze setzen wird.

 

Der Direktor der Klinik für Innere Medizin II, Onkologie, Hämatologie, Immunologie, Infektiologie und Palliativmedizin am Schwarzwald-Baar-Klinikum, wurde vom Klinik-Geschäftsführer Matthias Geiser als ein Mediziner vorgestellt, dessen Stärke es als behandelnder, aber auch forschender Arzt sei, abzuwägen, wo die Fürsorge eines Patienten endet und wo dessen Autonomie beginnt. Dass er auf „viele Gespräche“ setzt, das wurde bei La Rosées Vortrag immer wieder deutlich.

Die gute Nachricht: die Mehrzahl der an Krebs Erkrankten kann inzwischen geheilt werden, was laut Definition nach der Tumorentfernung eine fünfjährige Überlebensdauer bedeutet.

Kommt der Krebs zurück?

Ob danach der Krebs zurückkomme oder ein anderer entdeckt werde, „ist ein Geheimnis unseres Immunsystems“, so La Rosée und nannte seine Mutter als Beispiel, hat sie doch schon fünf Krebserkrankungen überlebt. Das Risiko, an Krebs zu erkranken, steige nach dem 60. Lebensjahr, konstatierte der Mediziner.

Der Blick in die Geschichte zeigte, dass Krebs – nach der Vier-Säfte-Lehre ein Zuviel an „schwarzer Galle“ – jahrhundertelang als unheilbar galt, bis der Pathologe Rudolph Virchow Ende des 19. Jahrhunderts in der Berliner Charité entdeckte, dass die Entstehung eines Tumors auf eine einzige entartete Zelle zurückzuführen ist.

Eher zufällig entdeckt wurde nach einer Vergiftung von Soldaten durch Senfgas im Ersten Weltkrieg die Chemotherapie. Danach sanken die Sterblichkeitsraten, und insbesondere seit 1995 gibt es Dank der medizinischen Forschung „viele gute Nachrichten“.

Lebensstil beeinflusst

In der Statistik der meisten Krebsarten wurde aber eines deutlich: Der Mensch kann durch seinen Lebensstil das Risiko einer Erkrankung selbst um 40 Prozent senken. La Rosée plädierte daher für ein Leben ohne Übergewicht und Rauchen, mit einer Ernährung mit wenig Fleisch, ungesättigten Fetten und süßen Getränken sowie mit ausreichend Bewegung.

Paul Graf La Rosée war im amerikanischen Colorado Anfang des Jahrtausends selbst an biomedizinischen Forschungen beteiligt, die die Vielfalt der Tumore hervorbrachten und die „personalisierte Medizin“ zur Folge hatten, soll heißen: die Wahl der Therapie gegen eine „systemische Erkrankung“ entspricht seither dem individuellen Biomarkerprofil des Patienten oder der Patientin.

Dafür stehen am Schwarzwald-Baar-Klinikum als Onkologischem Zentrum interdisziplinäre Spezialisten parat, die zu täglichen Tumorkonferenzen zusammenkommen und für jeden Betroffenen über Operationen, Bestrahlungen oder Medikamentengaben beraten.

Neue Probleme

Anhand anonymisierter Fälle zeigte der Professor, dass je nach Patient passende Maßnahmen aus einer, zwei oder allen drei Therapiesäulen ausgewählt und darüber auch extern zweite Meinungen eingeholt werden. Ziel bei allen Behandlungen sei es, kranke Zellen anzugreifen, gesunde aber zu verschonen.

Paul Graf La Rosée verschwieg nicht, dass mit dem Fortschritt der Medizin auch neue Probleme entstehen, als da sind: steigende Kosten und Personalnot. Die Künstliche Intelligenz (KI) könne helfen, eine „überfordernde Datenflut“ zu bewältigen und Medizin effizienter, also günstiger zu machen.

Und mit Blick auf sein eigenes, internationales Team sagte der Onkologe: „Helfen wir alle mit, die globale Entwicklung zu nutzen und die Patientenversorgung durch Integration zu stärken“.