Die Bluesbrothers Jake (Markus Michalek, rechts) und Elwood (Martin Theuer) werden von Mutter Oberin (Franziska Theiner) um Hilfe für die Steuerschulden gebeten. Foto: Joachim Westendorf

Im voll besetzten Theater am Ring in Villingen gab es zum Saisonauftakt mächtig was auf die Ohren. Außerdem stellte sich die neue Kulturamtsleiterin vor.

Farbiger Augenschmaus auf bewegter Bühne, eingebettet in eine urkomische Geschichte, dazu schwäbische Wortakrobatik: das brachte fröhliche Stimmung ins ganze Haus.

 

Pate für „Die Blues Brothers – ein Roadtrip through the Länd“ stand der weltbekannte Film mit der Story aus den Endsiebzigern, seiner Musik, seiner damals schon verschrobenen Handlung. Wer rechtzeitig gekommen war, konnte die Inclusiv-Band der „WG-and-Friends“ zur Einstimmung noch im kleinen Saal erleben.

Im großen Saal begrüßte OB Jürgen Roth im Scheinwerferkegel am Vorhang zur neuen Saison „mit besonderen Momenten, für die Kräfte von Aufführungen, die uns berühren“. Er dankte Kulturamtschef Andreas Dobmeier für dessen Saisonplanung und stellte die neu gewählte Nachfolgerin Anneta Käfer vor, die ab November ihr Leitungsamt antreten wird.

OB Jürgen Roth (links) mit Kulturamtsleiter Andreas Dobmeier und künftiger Leiterin Anneta Käfer begrüßen zum Saisonstart das Publikum. Foto: Joachim Westendorf

Die Württembergische Landesbühne Esslingen hatte die Idee und den Mut, die Filmvorlage zu adaptieren und doch etwas völlig Neues daraus zu kreieren. Denn tatsächlich gab es in den 1970er-Jahren mit dem aus den Staaten importierten Blues im Großraum Stuttgart einen großen Fanclub.

Neu „schwäbisch getüftelt“ entstand die Story: Die wiedererlangte Freiheit nach drei Jahren Knast des Kleinkriminellen Hans Eisele alias Jake Blues (Martin Theuer) beginnt ganz stilvoll mit dem Wieder-Einstieg in den schwarzen Anzug, sein Bruder Elmar alias Elwood Blues (Markus Michalik) empfängt ihn ebenso stilvoll draußen vor dem Gefängnis, aber nicht mit Auto, sondern auf dem orangefarbigen Kultmofa, dem anfangs noch der obligatorische Fuchsschwanz fehlt.

Rasante Geschichte

Dann beginnt eine rasante Geschichte, bei der die Hauptakteure, so schräg wie sie sich geben, um die finanzielle Rettung ihrer ehemaligen klösterlichen Erziehungsanstalt kämpfen werden. In mehreren Possen gelingt es ihnen, sich auf ihre Musik-Band zu besinnen, an alte musikalische Blues-Bande anzuknüpfen, ehemalige Kollegen aufzuspüren, dabei der Polizei und Gläubigern Schnippchen zu schlagen.

Sprachlich wird oft derb „gosched, bruttlet, gschriee, gsonge“, dazu getanzt, gelümmelt, über die Bühne geflitzt. Mit ihrer Musik, Gesang, sogar bei „…sag mir quando, sag mir quan“, Tanzeinlagen und Akrobatik können sie im Milieu wie in freikirchlicher Gruppe punkten, mischen bürgerliche gewordene Kumpel auf, bis ihnen der Neustart als Band gelingt.

Schulden drücken

Aber die alten Schulden drücken. Die Band reist durchs Schwäbische – die Lacher im Publikum verraten die neuralgischen Punkte für die Eingeweihten – tauchen einmal sogar bei der Narrozunft im badischen Villingen auf. Das Theater am Ring wandelt sich zur Bühne des Ochsen-Saals in Nagold, die alte Schnulze mit „Hali-hali-hali-haa“ bringt Gold und Geld. Sie werden vom Profi entdeckt, reich entlohnt.

Aber gleich holt sie erneut die Vergangenheit in Form alter Liebschaft ein: Um ein Haar verhindert nur ein Trick weiblich-enttäuschte Pistolenrache. Ende gut, alles gut: Die Band ist gerettet, das Geld fließt ins Kloster.

Lebendig-quirlige Schauspielkunst des gesamten Ensembles unter Regie von Andreas Kloos fesselt die Zuschauer, knackig-witzige Dialoge, schnelle Szenenwechsel, immer wieder sogar akrobatisch imponierende Hauptdarsteller. Und echt urige stimmliche Motorengeräusch-Imitationen bei Motordampf aus Nebelwerfern: so fasziniert die Illusion von Echtzeit-Mofa-Rennen.

Publikum begeistert

Die Bühne mit riesiger Stars-and-Stripes-Fahne wird vorn mit fetzigen Tanzfiguren gerockt, die Sechser-Liveband im Hintergrund produziert und trifft instrumental einen Klassiker nach dem andern, vom Hard- über Hippie- bis Kuschelsound, bei der langen Suchstrecke sogar mit Western- und Countryklängen.

Glitzerkugel und Smile-Herzchen-Hände dürfen nicht fehlen. „I’m soul man“ wird zum Tanzworkout mit ordentlich Dezibel auf die Ohren.

Das Publikum ist begeistert bis zum Handylampenschwingen, nach weiteren Zugaben lädt Kulturamtsleiter Dobmeier zum Umtrunk ins Foyer. Nun darf man sich auf viele weitere Höhepunkte mit Kabarett, Tanz, Utopie, Theater und Meisterkonzerten in der neuen Saison freuen.