Eine Sage erzählt die Geschichte einer weißen Frau vom Nagolder Schlossberg. Foto: Bernklau

Tom Dörschmann erzählt die Geschichte von der weißen Frau vom Nagolder Schlossberg.

Nagold - Im Rahmen unserer Leserreihe "Sagenhafte Heimat" erzählt heute der achtjährige Tom Dörschmann aus Nagold die Geschichte einer sagenhaften weißen Frau, die auf dem Nagolder Schlossberg umhergeisterte und deren schauriger Gesang immer wieder zu hören sein soll.

Es war einmal vor langer, langer Zeit, da wohnten noch die Ritter und Burgfräulein in der Nagolder Burg. Damals stand sie noch da in voller Pracht mit vielen Türmen und einem tiefen Burgraben.

Ein junger Bauer wollte über den Schlossberg nach Hause laufen, da es eine Abkürzung war und schon dunkel wurde. Er war noch in einem Gasthaus und trank dort noch etwas. Auf dem Weg fand er ein schönes Schlüsselblümchen, das er sich an den Hut steckte.

Als er so durch den dunklen Wald lief, musste er immer wieder anhalten und lauschte, denn er hörte von weitem eine wunderschöne Stimme, die aber ein sehr trauriges Lied sang. Doch wie er so weiterging, wurde das Singen immer lauter. Er stellte sich hin und versuchte zu hören, wo denn die Stimme herkommen mochte.

Plötzlich stand vor ihm eine sehr schöne weiße Frau. Er erschrak sehr, doch die weiße Frau beruhigte ihn und sagte zu ihm: "Guter Mann, sei nicht ängstlich, ich brauch deine Hilfe. Lange Zeit wandle ich über den Berg und finde keine Ruhe. Wenn du mir hilfst und mich von meinem Leid erlöst, möchte ich dich auch reich belohnen."

Der junge Mann war einverstanden, und fragte, wie er ihr helfen könnte. Sie sagte, er solle mitkommen. So schwebte sie voraus, und er musste sich beeilen hinterher zu kommen. Auf einmal standen sie vor einem großen Holztor und der Mann fragte: "Was soll ich nun tun?" Sie antwortete: "Mach mir das Tor auf, dann gib mir einen Kuss und du wirst mit dem Inhalt der Kammer gut belohnt werden." Er schaute sie fragend an: "Wie soll ich denn dieses Tor öffnen, es ist doch abgeschlossen." Sie lächelte und zeigte auf seinen Hut. Verwundert nahm er ihn ab und sah, dass aus dem Blümchen ein goldener Schlüssel wurde. Er nahm ihn, schloss auf und öffnete das Tor.

In dem Raum war sehr viel goldener Schmuck und Edelsteine, und er war ganz geblendet. So vergaß er die weiße Frau. Er steckte sich die Taschen voll mit dem Schatz und dachte: "Schnell abschließen, nach Hause gehn und den Rest später holen."

Er rannte so schnell er konnte nach Hause, weckte dort seinen Bruder und erzählte ihm die ganze Geschichte. Als er aber den goldenen Schlüssel zeigen wollte und den Hut abnahm, war da nur noch ein verwelktes Blümchen und in seinen Hosentaschen nur Dreck und Steine. Der Bruder lachte ihn aus und sagte, er solle das nächste Mal nicht so viel trinken.

Der Mann lief noch viele Male den Weg entlang, aber sah die weiße Frau nie wieder. Wenn man sich aber ganz still auf die Burgmauer setzt und horcht, kann man manchmal den schaurigen Gesang der schönen weißen Frau hören.