Ein Unglück kommt selten allein: Unaufmerksame Bauarbeiter lösen zweimal Bahninfarkt rund um Stuttgart aus. Foto: Max Kovalenko

Im S-Bahn-Verkehr rund um Stuttgart mussten Fahrgäste auch am Donnerstag Ausfälle, Verspätungen und nicht ganz ungefährliche Erlebnisse hinnehmen.

Stuttgart - Defekte Kabel, heruntergerissene Oberleitungen und ein verwirrter Lokführer: Im S-Bahn-Verkehr mussten Fahrgäste auch am Donnerstag Ausfälle, Verspätungen und nicht ganz ungefährliche Erlebnisse hinnehmen.

Ein Knall, ein Feuerball – und schon ist der S-Bahn- und Regionalverkehr in neue Nöte gestürzt. An einer Straßenbaustelle in Schorndorf-Weiler hat ein Kranausleger am Donnerstag gegen 12.15 Uhr eine Oberleitung auf etwa hundert Meter Länge heruntergerissen und den Bahnverkehr lahmgelegt. Bis zum abendlichen Berufsverkehr betroffen ist vor allem die S-Bahn-Linie 2 zwischen Flughafen und Schorndorf.

Mal gibt es neun Minuten Verspätung, mal fällt die Fahrt ganz aus. Vor allem bei der S 2 muss improvisiert werden, aber auch bei der S 4 kommt es zu Ausfällen. Zwischen Schorndorf und Weinstadt-Endersbach verkehren Ersatzbusse. Und das alles, weil bei einem Baukran eine Drehkreissperre nicht funktionierte, die eine Annäherung an die Oberleitung verhindern sollte. „Die Ursache muss ein Gutachter klären“, so Waiblingens Polizeisprecher Klaus Hinderer.

Lebensgefahr beim Aussteigen

Zuvor fühlten sich Fahrgäste in einer S-Bahn der Linie  S 6 wie in einem falschen Film. Denn als der Zug, unterwegs Richtung Endstation Schwabstraße, kurz nach 9.15 Uhr in der Station Stadtmitte anhielt, stand der hintere Teil noch im Tunnel. „Die Türen öffneten sich, aber es konnte keiner aussteigen, ohne sich in Lebensgefahr zu begeben“, schildert ein Fahrgast. Der Zug fuhr bis Feuersee weiter, „notgedrungen mussten wir mitfahren“, so der Betroffene. Und das alles ohne Durchsage und ohne Entschuldigung. Die kommt nachträglich von einem Bahnsprecher: „Ein bedauerlicher Fehler des Lokführers“, sagt er.

Der Fahrer hatte die Bahn erst am Hauptbahnhof im Personalwechsel übernommen und wähnte sich irrtümlich in einem zweiteiligen Voll-Zug. Dadurch stoppte er am falschen Haltepunkt – denn es handelte sich um einen dreiteiligen Lang-Zug. Der Fahrer korrigierte seinen Fehler nicht, sondern fuhr kommentarlos weiter.

25 Ausfälle, 45 Teilausfälle, 43 Umleitungen

Erst am Donnerstag gegen 1 Uhr war jener Defekt behoben, der den S-Bahn-Verkehr auf die Filder am Mittwochabend massiv behindert hatte. Ein Kabelschaden legte die Strecke zwischen Schwabstraße und Vaihingen lahm. Die Linien S 1 und S 2 mussten über den Westbahnhof fahren, die S 3 kehrte in Bad Cannstatt um. Traurige Bilanz: 166 Züge betroffen, 25 Ausfälle, 45 Teilausfälle, 43 Umleitungen, bis zu einer Stunde Verspätung. Ursache war ein Bagger, der bei Straßenbauarbeiten in der Jägerstraße in der Innenstadt ein Kabel zerstört hatte. Ein Bahnsprecher: „Wir können uns für die Störungen nur entschuldigen.“

Einer Initiative aus Verkehrsclub Deutschland (VCD), Pro Bahn, den S-21-kritischen Ingenieuren 22 und dem Internetportal Wikireal reicht das nicht. Über den Netzwerkdienst Twitter wollen die Macher der Internetseite www.s-bahn-chaos.de über aktuelle Störungen, aber auch strukturelle Mängel im S-Bahn-Netz berichten.