Seit Juni 2010 fährt die S60 von Böblingen bis Maichingen. Bis Dezember 2012 soll die Strecke bis Renningen ausgebaut sein. Foto: Wagner

Damit der Ausbau der S-Bahn vorankommt, springt der Verband Region Stuttgart fürs Land ein.

Stuttgart  - Damit der Ausbau des S-Bahn-Netzes vorankommt, legt der Verband Region Stuttgart regelmäßig die Anteile des klammen Landes aus. Das ärgert einige Mitglieder der Regionalversammlung. Tatsächlich hat das Land seine Schulden aber schneller bedient als gedacht.

Heinz Kälberer, Fraktionschef der Freien Wähler in der Regionalversammlung und früherer Oberbürgermeister von Vaihingen/Enz, kritisierte in seiner Haushaltsrede jüngst, dass die Region auch 2011 wieder "erhebliche Summen für die Vorfinanzierung" einplanen müsse, "weil das Land seine zugesagten Finanzierungsanteile bisher nicht zeitnah erbringt". Kälberer drängte wie schon vor Jahresfrist auf einen Rückzahlungsplan und sprach damit ausnahmsweise auch Grünen-Fraktionschefin Ingrid Grischtschenko aus der Seele, die provokant fragte: "Wird das Land die bisherigen regionalen Auslagen endlich vollständig ersetzen?"

Regionalpräsident Thomas Bopp will keinen Finanzfahrplan

Die Verbandsspitze dagegen sieht in Sachen Rückzahlungsplan keinen Handlungsbedarf. Erstens hatte die Regionalversammlung vor Jahren beschlossen, die Landesanteile an der Verlängerung der S1 bis Kirchheim (16,4 Millionen Euro), dem zweiten Gleis für die S4 zwischen Freiberg und Benningen (13,3 Millionen Euro) und der neuen S60 Böblingen-Renningen (28,6 Millionen Euro) vorzufinanzieren, damit die Projekte überhaupt eine Aussicht auf Realisierung haben. Zweitens stand das Land bei der Region am 1. Januar 2009 mit 20,4 Millionen in der Kreide, am 1. Januar 2010 aber nur noch mit 16,4 Millionen Euro.

Obwohl die Verbandsverwaltung große Rechnungen beglich, nachdem die S1 fertig war und die beiden anderen Projekte in vollem Gange, schmolz der Schuldenberg sogar. "Man muss sagen, dass uns das Land fair und gut behandelt hat", sagt Wirtschaftsdirektor Jürgen Wurmthaler gegenüber unserer Zeitung.

Regionalpräsident Thomas Bopp, der für die CDU auch im Landtag sitzt, hält es ebenfalls für wenig sinnvoll, einen Finanzfahrplan für alle Projekte zu fordern. Den gibt es zwar für die S1, wo das Land den Rückstand bis 2017 in acht Jahresraten a 1,6 Millionen Euro begleichen will und das bisher auch einhält. Doch wenn das Land dies immer so praktiziere, beraube es sich jeglicher Flexibilität. Dann werde es auch nicht mehr so gewaltige Überweisungen geben wie im Dezember 2009, als plötzlich zwölf Millionen Euro für die S60 eintrudelten.

"Das Land kann auch nicht alles kalkulieren"

Kann an einem Projekt in Baden-Württemberg nicht so weitergebaut werden wie geplant, werden Mittel frei, die auch der Region zugutekommen können. "Natürlich wär' es uns recht, wenn wir für alle Projekte Gewissheit hätten", sagt Thomas Bopp, "aber das Land kann auch nicht alles kalkulieren." Bopp baut auf verlässliche Partnerschaft anstatt auf Konfrontation. Da lässt es sich verkraften, dass immer noch mehr als eine Million Euro für das 8,3 Millionen teure dritte Gleis nebst Haltestelle am Gottlieb-Daimler-Stadion ausstehen.

Die Aufregung ist in einigen Fraktionen auch deshalb so groß, weil man eigentlich mit einem 54,4 Millionen Euro hohen Schuldenberg Ende dieses Jahres gerechnet und vorsorglich fast eine Million an Zinsen einkalkuliert hatte. Tatsächlich werden es nun aber wohl 24 Millionen und Ende nächsten Jahres 31 Millionen Euro sein. Die Zinsen für 2011 sollen 430.000 Euro betragen.

Verband holt sich womöglich Geld aus Kommunen zurück

Das ist immer noch zu viel, sagen Freie Wähler und Grüne. Andererseits ist es so wenig, dass sich Regionaldirektorin Jeannette Wopperer traut, 2,5 Millionen Euro mehr vom Sparbuch zu holen als geplant. Damit will sie die klammen Kommunen entlasten, die den Verband über eine Abgabe finanzieren. Um diesen in den schwierigen Haushaltsaufstellungen für 2011 entgegenzukommen, will eine Koalition von CDU, Freien Wählern und FDP in der Regionalversammlung sogar noch weitere drei Millionen vom Ersparten abknapsen. "Damit wäre unser Sicherheitspuffer allerdings komplett aufgebraucht", sagt Regionalpräsident Bopp.

Falls das Land auch mal wieder weniger für die S-Bahn-Ausbauvorhaben überweisen würde als geplant, müsste sich der Verband das Geld möglicherweise von den Städten und Gemeinden zurückholen. Dann wäre der Ärger wieder groß.