Roland Mack, Gründer und Inhaber des Europa-Parks, steht auf der Achterbahn "Poseidon". Foto: dpa

Park-Chef wird 70. Interview über einmalige Erfolgsgeschichte und Blick in Zukunft.

Rust - Roland Mack gründete 1975 mit seinem Vater Franz den Europa-Park in Rust und revolutionierte in den Folgejahren die Vergnügungsbranche. Am Samstag wird der "Herr der Achterbahnen" 70. Mit unserer Zeitung sprach der gebürtige Waldkircher über den schwierigen Start, warum er trotzdem Erfolg hatte und weshalb Kritik am Unternehmen für ihn nicht nachvollziehbar ist.

Herr Mack, wenn Ihnen 1975 jemand gesagt hätte, dass Sie mit 70 den besten Freizeitpark der Welt führen – was hätten Sie ihm geantwortet?

Ich hätte es wahrscheinlich nicht geglaubt. Ihre Zeitung übrigens auch nicht.

Ach ja?

Ja. Damals lautete die Schlagzeile: "Der Pleitegeier kreist über Rust – die Freizeit-Ruine wächst."

Oh! Dann nachträglich Pardon!

Angenommen. Aber zu Ihrer Ehrenrettung sei gesagt, dass der Europa-Park tatsächlich keinen Raketenstart hinlegte. Eigentlich sollten wir ja nur die Fahrgeschäfte liefern, betreiben sollte den Park ein anderer. Doch unser Geschäftspartner starb drei Monate vor der Eröffnung. Also mussten wir aus der Not heraus selbst ran.

Mit keinem schlechten Erfolg.

Im Nachhinein lässt sich das leicht sagen. Aber zwischen der zitierten Freizeit-Ruine und der sechsten Auszeichnung zum weltbesten Park in Folge liegen fast 45 Jahre harter Arbeit und immer neuer Risiken. Wir waren damals Hersteller von mobilen Fahrbetrieben; plötzlich mussten wir Besucher betreuen, waren von heute auf morgen Gastronomen, Gärtner und Souvenir-Verkäufer zugleich. Das war eine riesige Herausforderung und eine enorme Zusatzbelastung zu unserem Kerngeschäft. Selbst der Name bereitete uns anfangs Probleme.

Inwiefern?

Ich wurde zur IHK zitiert, weil man dort eine Irreführung der Besucher fürchtete. Es hieß: "Europa-Park", das sei ja wohl etwas hoch gegriffen. Da wären die Leute dann enttäuscht, wenn sie zu uns kommen. Zu der Zeit fällt mir noch eine Anekdote ein.

Welche?

Ich saß im Regierungspräsidium, um ein zinsgünstiges Firmendarlehen für ein elektronisches Puppentheater zu beantragen. Der Sachbearbeiter sah mich an, als käme ich aus dem Weltall. Der dachte, ich spinne. Keine Ahnung, ob ich so überzeugend war oder er mich einfach nur loswerden wollte – am Ende hatte ich den Kredit in der Tasche.

Mittlerweile haben Sie in Rust 15 europäische Themenbereiche mit mehr als 100 Attraktionen gebaut. Wenn Sie den Höhepunkt der vergangenen 40 Jahre herauspicken müssten ...

... dann würde ich Ihnen die Frage zurückstellen – und Sie kämen ins Wackeln.

Wahrscheinlich.

Eben. So ist es bei mir auch. Es ist unheimlich schwierig, eigentlich unmöglich, den größten Erfolg zu benennen, vor allem weil wir nonstop buchstäblich am Park drehen und schrauben. Wir sind ständig dabei, Fehler zu beseitigen und uns zu verbessern. Aber um Ihre Frage nicht unbeantwortet zu lassen: Bald erscheint ein Buch über mich, das heißt "Der Europa-Park ist mein Leben". Vielleicht können Sie das so schreiben.

Können wir. Und sparen uns die Frage nach etwas, das Sie gerne ungeschehen machen würden.

Darauf würde ich aber gerne antworten, und zwar mit einem Zitat meines Vaters. Der sagte immer: "Wir haben mehr richtig gemacht als falsch." Die Bilanz ist positiv und darauf kommt es am Ende des Tages an. Natürlich haben wir auch mal ein Fahrgeschäft rausgenommen, weil es nicht den erhofften Erfolg hatte. Aber es gab keine Niederlage, die die Gesamtrichtung des Unternehmens infrage gestellt hätte.

Ihr Vater Franz hat Sie sehr geprägt.

Definitiv. Ohne ihn wären ich und der Europa-Park nicht das, was wir heute sind. Ein Beispiel: Ich war als Schüler immer schnell fertig mit den Hausaufgaben. Mein Vater sah das und stellte mir ein Reißbrett hin. Da musste ich dann nachmittags zeichnen. Und wenn ich mich beklagte, weil die anderen draußen Fußball spielten, antwortete er: "Merk dir eins: Du bist nicht die anderen."

Wie viel Kind steckt heute noch in Ihnen?

Oh, sehr viel. Ich habe mir meine kindliche Neugierde immer bewahrt. Wenn ich irgendwo bin, sauge ich alles auf und wenn ich sehe, dass es besser ist, als das, was wir haben, versuche ich es ins Unternehmen einzubringen und umzusetzen. Das Wichtigste ist, dass ich nach so vielen Jahren immer noch jeden Tag mit Freude zur Arbeit gehe. Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir alles selbst machen: Wir haben die Idee, entwerfen und bauen und sehen am Ende das Strahlen der Kinder, wenn sie aus den Fahrgeschäften steigen. Mein Beruf ist mein Hobby, das ist ein Geschenk Gottes. Diese Einstellung strahlt man aus, auf die Mitarbeiter und die Besucher.

Wie lange frönen Sie Ihrem "Hobby" denn am Tag?

Sehr unterschiedlich, manchmal bis zu 18, 20 Stunden, selten unter zehn.

Können Sie auch abschalten?

Ja, auf meinem Bauernhof im Schwarzwald. Wenn ich nur das Rauschen der Bäume höre, ist das einen halben Tag lang schwierig, danach kann ich mir kaum noch vorstellen, da wieder wegzugehen.

Statt wie andere den Gang an die Börse anzutreten, haben Sie eine Familienstiftung gegründet. Weshalb?

2020 wird unser Unternehmen 240 Jahre alt, meine Söhne sind seit einem Jahr geschäftsführende Gesellschafter, die neunte Generation ist auch schon länger auf der Welt. Ziel ist, das Familienunternehmen zusammenzuhalten. Meine größte Sorge war immer, dass ich einmal derjenige bin, der die Firma eines Tages an die Wand fährt.

Danach sieht es momentan nicht aus.

Nein, aber kaum jemand sieht den enormen Druck, der von außen auf uns wirkt. Natürlich wollen wir wachsen, wir müssen es aber auch, weil es das Publikum fordert. Schauen Sie mal ins Internet, was da los ist. Wir werden verglichen mit den Parks in Orlando und Paris, da muss man liefern. In unserer Branche wird man vor allem dann zum Börsenkandidaten, wenn man das eigene Wachstum nicht mehr durchfinanzieren kann. Heide-Park, Holiday-Park, Hansa-Park – das sind nur einige auf der Liste, die verkaufen mussten. Traurig.

Die Familie Mack spricht über vieles, aber nicht über Geld. Warum nicht?

Weil wir es als Familienunternehmen nicht müssen. Auch die Konzerne sind da extrem zurückhaltend, selbst unter vier Augen. Disney muss als börsenorientiertes Unternehmen seine Zahlen offenlegen, aber nur im Verbund mit seinen Filmen und Merchandising-Artikeln. In der Branche herrscht ein großer Wettbewerbsgedanke. Ich persönlich würde es begrüßen, Anhaltspunkte zu haben: Wie groß dürfen die Personalkosten sein, wie viel zahlen die anderen für Reparaturen? Aber da läuft man gegen verschlossene Türen. Und ich sehe dann nicht ein, warum wir diejenigen sein sollen, die als einzige mit offenen Karten spielen.

Eine Zahl, die bekannt ist, ist die Summe, die Sie in den Wasserpark Rulantica stecken, der Ende November eröffnet: 180 Millionen Euro – wird es da nicht auch einem Roland Mack mulmig?

Angst haben wir keine, eine gewisse Sorge ist aber natürlich da. Wir haben alles getan, um uns abzusichern. Von langjährigen eigenen Überlegungen bis hin zu Gästebefragungen. Aber klar: Es bleibt ein Risiko, das wir da fahren. Zwei Dinge haben uns bei diesem Projekt immer angetrieben.

Verraten Sie sie uns.

Die Mitarbeiter und die Zukunftssicherung. Nur wenige können sich vorstellen, wie es ist, 4150 Menschen jeden Monat einen Lohn auszahlen zu müssen – eine enorme Verantwortung und zugleich eine große Herausforderung, immer ausreichend gutes Personal zu haben. Der Ganzjahresbetrieb des Wasserparks ist da ein gewichtiges Argument für uns als Arbeitgeber. Zum anderen ist es unser Ziel, mehr und mehr zur Kurzreise-Destination zu werden. Das wird durch die Klimadebatte weiter an Bedeutung gewinnen. Wenn die Menschen nicht mehr wegfliegen sollen, braucht es attraktive Angebote in der Heimat. Das wollen wir sein.

Wie groß kann der Europa-Park noch werden?

Wir haben noch Flächenreserven, um zu wachsen. Möglich sind weitere Hotels und eine Vergrößerung des Wasserparks. Ich kann mir vorstellen, dass unsere Investitionsschwerpunkte in den nächsten Jahren in diese Richtung gehen werden. In absehbarer Zeit wird es sicher auch im Europa-Park wieder eine neue Attraktion geben.

Das wird wohl nicht geräuschlos ablaufen. Vor einigen Wochen hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, die den Flächenverbrauch rund um Rust und den zunehmenden Verkehr und Lärm durch den Europa-Park kritisiert.

Wir bewegen uns auf rechtsstaatlichem Boden. Da geht alles den regulären Gang mit allen nötigen und vorgesehenen Verfahren. Von dem her kann ich diese Aktion nicht nachvollziehen. Grundsätzlich müssen wir aufpassen, dass man denen, die bereit sind, Risiko zu tragen, unser Land nicht madig macht. Wir haben von der ersten Stunde an jeden Pfennig Steuern in Deutschland bezahlt, und das nicht unerheblich. Zum Thema Verkehr muss ich aber noch etwas loswerden. Laut Umfragen würde die Hälfte unserer Gäste gerne mit dem Zug anreisen. Das müsste eigentlich ein Steilpass sein für eine grüne Landesregierung. Wir reden da immerhin von zwei Millionen Menschen. Doch am Bahnhof vor unseren Türen tut sich seit Jahren nichts, ein ICE-Halt ist in weiter Ferne. Weder der Ministerpräsident noch der Verkehrsminister haben mich je zu einem Gespräch eingeladen. Die Franzosen sind da deutlich weiter. Vor den Toren von Disneyland in Paris hält ein TGV, da kommen 65 Prozent der Besucher mit dem Zug. Da fühlen wir uns alleingelassen, und es wird zu Unrecht auf uns eingeschlagen. Die Verantwortlichen sitzen nicht in Rust.

Warum hat man Sie nie in der Politik gesehen?

Weil mein Vater gesagt hat: "Das machst du bitte nicht." Spaß beiseite: Es ist sicher so, dass viel zu wenige Industrielle in der Politik vertreten sind. Aber den Spagat bekommen Sie nie und nimmer hin. Ich weiß nicht, wo ich die Zeit hätte hernehmen sollen. Aber klar: Ich bin politisch interessiert, und wenn ich gefragt werde, halte ich mit meiner Meinung nicht hinterm Berg, gegenüber niemandem.

Man spürt, Sie brennen nach wie vor für Ihren Job. Wie lange bleibt Roland Mack noch im operativen Geschäft?

Ich bin noch voll aktiv und will es auch noch eine Weile bleiben. Ziel ist aber schon, Verantwortung abzugeben, in einem sanften Übergang. Klar ist, dass es bei Großinvestitionen weiterhin nur über Einstimmigkeit geht. Denn sonst ist Streit vorprogrammiert, wenn etwas schiefgeht. Mir wurde relativ früh klar, dass meine unternehmerische Tätigkeit erst beendet ist, wenn ich die Firma erfolgreich in die nächste Generation überführt habe. Jetzt, mit 70, habe ich das Gefühl, kurz davor zu sein, dieses Kapitel im Buch zuklappen zu können. Das ist ein gutes Gefühl.