Die Unterwasserwelt „Ocean“ Foto: Eatrenalin

Für alle, die meinen, sie hätten schon alles geschmeckt und erlebt, gibt es jetzt das "Eatrenalin" in Rust. Wir haben die Weltneuheit getestet.

Rust - In einer der größten Krisen jüngerer Zeit sind Erfolgsmeldungen aus der Wirtschaft selten, erst recht aus der Gastronomie. Und dann das: In Rust (Ortenaukreis) hat wurde jetzt ein weltweit einzigartiges Restaurant eröffnet, das "Eatrenalin" (sprich: Itränälin). Kreiert hat den Namen Manfred Gotta. Der Schwarzwälder hat in der Vergangenheit zum Beispiel auch die Automodelle Smart, Twingo, Cayenne, Panamera "getauft", um nur einige zu nennen.

20 Millionen für das Restaurant der Zukunft

In direkter Nachbarschaft zum Hotel Krønasår und der Wasserwelt Rulantica erfüllen sich Europa-Park-Gesellschafter Thomas Mack und sein Freund und Geschäftspartner Oliver Altherr, CEO von Marché International, einen lange geträumten Traum. Besser gesagt: Sie heben die Gastronomie geradezu auf eine neue Ebene. Zumindest verkündet das die Marketingabteilung des Parks. Ist das wirklich so? Wir haben die 20 Millionen Euro teure Weltneuheit getestet.

Ein Sessel ist der heimliche Star

Bevor die Gäste in die verschiedenen kulinarischen Welten eintauchen, gibt es in der Lounge im Eingangsbereich Amuse-Bouches: knuspriger Kaviar, Topinambur mit Pastinake und Trüffel sowie ein Süppchen mit roten Linsen, Ingwer und Tandoori. Dann geht es wirklich los. Jetzt kommt – neben der Küchencrew um den spanischen Spitzenkoch Pablo Montoro – der heimliche Star ins Spiel, der "Floating Chair". Der schwebende Sessel, auf dem die insgesamt bis zu 16 Gäste die nächsten 100 Minuten verbringen, besser gesagt durch das "Eatrenalin" wie von Geisterhand schweben werden. Wie genau der von Mack Rides in Waldkirch konstruierte Sessel funktioniert bleibt ein Geheimnis. Nur so viel verraten die Macher: Ein Sessel besteht aus fast 2100 Einzelteilen und die Entwicklung dauerte eineinhalb Jahre.

Los geht es in der Unterwasserwelt „Ocean“

Jetzt aber zurück zur eigentlichen Genussreise, die die Besucher zunächst in die Unterwasserwelt "Ocean" führt. Sinnesreize gibt es dort im Überfluss: plastische Fische, Quallen und kunterbunte Korallen auf den riesigen LED-Bildschirmwänden schaffen eine täuschend echte Tiefsee-Inszenierung. Weiter geht es in den Geschmacksraum "Taste", wo die Geschmacksrichtungen süß, sauer, bitter und salzig spektakulär zelebriert werden, bevor die Reise weiter geht und in Asien Station macht. Sashimi mit Grapefruit, Nigiri mit gerösteter Paprika, frisch gedämpfte Dim Sum werden nach einem kräftigen Schlag auf den Riesengong von Mönch Mitsuki serviert. Kurze Zeit später finden sich die Gäste in einem Raumgleiter wieder. Während des Flugs zum Mond gibt es dann einen Hauch von Europa-Park-Feeling. Mehr sei aber nicht verraten.

Nur keine Angst vor der Farbe Schwarz

Auf dem Mond gelandet, schweben alle in den nächsten Raum – genannt "Universe". Die Sessel positionieren sich um die runden Tische, auf denen "Mysteriöses aus dem All" serviert wird: butterzartes Rinderfilet mit essbarem Silber, ein Monolith-Brioche und Maniok-Kohle. Was auf den ersten Blick ziemlich ungewöhnlich aussieht, schmeckt übrigens vorzüglich. Also keine Angst vor der schwarzen Farbe. Jetzt wartet das Finale im Raum "Incarnation", die süße Verwandlung. Chef-Pâtissière Juliana Clementz kredenzt weiße Schokolade mit Tahiti-Vanille und Chambord-Beerenlikör, bevor die knapp zweistündige Genussreise in acht Akten in der stilvoll eingerichteten Rooftop-Bar ausklingt. Dort spricht Thomas Mack davon, dass es seine Vision und Ziel gewesen sei, die Gastronomie neu zu erfinden und die Gäste emotional zu berühren. Das ist gelungen.

300 Buchungen in den ersten drei Stunden

Zugegeben, der Preis pro Person lässt kurz zusammenzucken: 195 Euro müssen mindestens investiert werden. Dafür gibt es nicht nur ein Acht-Gänge-Menü auf höchstem kulinarischen Niveau inklusive Getränken, sondern ein Rundum-Erlebnis der besonderen Art – nicht nur durch Düfte und Geschmack, sondern auch visuell, akustisch und haptisch. Und das scheint zu elektrisieren: In den ersten drei Stunden verzeichnete das "Eatrenalin" knapp 300 Buchungen.

Die ganze Welt blickt auf Rust

Mehr noch: Das Restaurant der Zukunft soll künftig auch in den Metropolen der Welt erlebt werden können. Interessenten aus Metropolen wie Shanghai, London, Paris, Lissabon und New York hätten sich schon gemeldet, berichtet Mack. Selbst aus Mexiko gebe es schon eine Anfrage ergänzt ihn Altherr.

Wie funktioniert „Eatrenalin“?

„Es sind fünf wesentliche und ineinander übergreifende Ebenen, die Eatrenalin zum Leben erwecken“, sagt Mack. Da wäre zunächst die Architektur. Schließlich sticht der Kubus im ansonsten absolut nordisch geprägten Umfeld sofort ins Auge. Was zunächst schlicht anmutet, sieht auf den zweiten Blick wie ein Theatervorhang aus, der nach oben gezogen wird. Es sind also nicht nur die kleinen Details, auf die man achten sollte. Im Inneren wird es dann aber richtig spannend, wenn der „Floating Chair“, der schwebende Sessel ins Spiel kommt und das kulinarische Abenteuer tatsächlich beginnt. Apropos Kulinarik: Die Gastronomie vereint moderne sowie internationale Einflüsse gleichermaßen. Die Medientechnik aus dem Haus Mack Animation sorgt dafür, dass die Genusswelten zur täuschend echten Scheinrealität werden. Und dann wäre da noch der Sinnesgenuss. Schmecken und sehen sind erwartbar, aber im „Eatrenalin“ kommen hören, riechen und fühlen ebenfalls dazu. Und tatsächlich: Es werden alle menschlichen Sinne angesprochen.

Der Küchenchef

Küchenchef Pablo Montora aus Alicante ist in der Gourmetszene kein Unbekannter. Er hat als sternegastronom bereits für das „El Bulli“ in Spanien gearbeitet, das einst aufgrund der Molekularküche unter Starkoch Ferran Adrà als außergewöhnliches und bei vielen Kennern sogar als bestes Restaurant der Welt galt. Montoro zur Seite stehen der holländische Sous-Chef Ties van Oosten und die französische Chef-Patissière Juliana Clementz.

Das Fazit

In Zeiten wie diesen tut es gut, einmal ein paar Minuten abzuschalten und sich in eine Traumwelt entführen zu lassen. In „Eatrenalin“ funktioniert das wunderbar. Allerdings muss man es wollen, dass man während der gut 100 Minuten dauerbeschallt wird. Gemütlich essen ist nicht. Aber das ist bei einer Dinner-Show nicht anders und war auch nicht Thomas Macks Intention. Vielmehr ist ihm mit „Eatrenalin“ etwas gelungen, weswegen die Welt ein weiteres Mal auf Südbaden blickt – und das ist eine Leistung. Wer Dinner-Shows mag und sich gerne auf etwas in jeder Hinsicht Neues einlässt, wird nicht enttäuscht werden. Für alle anderen gibt es genügend andere kulinarische Anlaufstellen im Südwesten.