Derzeit geschlossen: der Kindergarten an der Alten Reichenbacher Straße. Foto: Braun

Die dritte Corona-Welle hat den Kindergarten Oberdorf in Baiersbronn erfasst. Insgesamt elf Personen – zwei Erzieherinnen, eine Reinigungskraft und acht Kinder – sind bislang positiv getestet.

Baiersbronn - Kirchenpfleger Uwe Flaschenträger von der evangelischen Kirchengemeinde hat einen wahren Telefon- und Gesprächsmarathon hinter sich. Nun ist er froh, gemeinsam mit den anderen Verantwortlichen die Entscheidung getroffen zu haben, den Kindergarten zunächst komplett zu schließen.

"Im Rahmen der zwei wöchentlichen Routinetestungen der Erzieherinnen durch das Team der Ärzte vom Spritzenhaus sind in einer Gruppe zwei Erzieherinnen positiv auf das Virus getestet worden", berichtet Flaschenträger. Wer zuerst infiziert gewesen sei, lasse sich nicht mehr herausfinden.

Als Träger der evangelischen Kindergärten in der Gemeinde Baiersbronn habe man sich sofort mit dem Gesundheitsamt Freudenstadt in Verbindung gesetzt und entschieden, zunächst die betroffene Gruppe und nach Ostern dann den gesamten Kindergarten zu schließen. "Aus unserer Sicht war das der richtige Weg, vielleicht konnte so noch mehr verhindert werden", sagt Flaschenträger. Die Entscheidung sei nicht leicht gefallen, schließlich hätten viele der berufstätigen Eltern nun wieder die Betreuungsfrage lösen müssen. "Wir haben den Eltern und Kindern empfohlen, sich testen zu lassen. Da es aber eine freiwillige Sache ist, wissen wir nicht, ob alle diesem Aufruf gefolgt sind", sagt Flaschenträger.

Die weitere Kontaktverfolgung und die Quarantänebestimmungen liefen dann über das Gesundheitsamt. "Bei weiteren Tests wurde noch ein Kind einer weiteren Gruppe positiv getestet, sodass nun zwei Gruppen betroffen sind. Die rund 50 Personen, von denen wir Kenntnis haben, befinden sich noch bis zum 14. April in Quarantäne", so der Kirchenpfleger weiter. Ob es sich um eine Mutante des Coronavirus handelt, sei ihm noch nicht bekannt, auch ob sich alle testen lassen haben, sei unklar, denn Auskünfte darüber gebe es nicht.

Lücke beim Testen entstanden

Insgesamt funktioniere das Hygienekonzept in allen Kindergärten der Gemeinde gut, betont Flaschenträger. Weiteren Maßnahmen seien deshalb nicht notwendig. Erfreulich sei auch, dass fast alle rund 70 Erzieherinnen und Erzieher sich bereit erklärt hätten, sich impfen zu lassen. Eine der positiv getesteten Erzieherinnen habe die erste Impfung erhalten. Die andere nicht, sie sei etwas schwerer erkrankt. "Daher wissen wir auch nicht, ob wir genügend Personal haben, um alle Gruppen wieder zu öffnen", so der Kirchenpfleger. Geplant sei, kommenden Dienstag den Kindergartenbetrieb wieder aufzunehmen. "Wie es mit den beiden betroffenen Gruppen aussieht, wird noch entschieden", sagt Flaschenträger. Generell könne immer nur von Tag zu Tag entschieden werden, da sich so schnell etwas ändern könne.

Kritisch sieht der Kirchenpfleger das Testkonzept für die Kindergärten: "Bisher wurden die Kindergartenkinder gar nicht regelmäßig getestet, nur die Erzieherinnen zweimal pro Woche." Der Unterschied, der Schulen gegenüber gemacht werde, sei der Kirchengemeinde als Träger nicht ganz klar. Wichtig sei es auch, die Kinder im Kindergarten regelmäßig zu testen, mit einem Spucktest zum Beispiel. Der sei zwar nicht so genau, könne aber immer ein Mittel zur Vorbeugung vor großen Ansteckungswellen sein. Dankbar ist der Kirchenpfleger den Ärzten vom Spritzenhaus, die schnell und kompetent gehandelt und beraten hätten.

Kämmerer Jochen Veit, im Rathaus für die Kindergärten zuständig, spricht von einer schwierigen Situation und vielen Unklarheiten, was die Testsituation an Schulen und Kindergeräten generell angeht. "Seit 1. April wurden die Antigen-Schnelltests an Schulen und Kindergärten aus finanziellen Gründen eingestellt, das ist sehr bedauerlich, da wir ein tolles Testkonzept hier in Baiersbronn hatten", erklärt Veit. Die Finanzierung lief zuvor über das Land. Dort habe es einen Strategiewechsel gegeben. Das Land wolle nun die Tests selbst anschaffen, allerdings nicht für Kindergärten. "Die Tests müssen wir als Gemeinde besorgen, hier suchen wir gerade nach einer Lösung mit anderen Kommunen zusammen", sagt Veit. "Die Landestests sollten eigentlich bis Montag da sein, aber so, wie es aussieht, kommen sie erst Mitte der Woche, das alles braucht eine gewisse Anlaufzeit", so Veit.

Dass diese Lücke entsteht, kritisiert Wolfgang von Meißner, einer der Ärzte am Spritzenhaus. "Der Selbsttest muss so selbstverständlich sein wie Zähneputzen, doch letztendlich hilft nur impfen und nochmals impfen", sagt er. Auch Kindergartenkinder müssten unbedingt getestet werden. Die britische Mutante würde auch über Kinder verbreitet, da die Virenlast höher sei und damit ansteckender. "Grundsätzlich begrüßen wir es, dass nun das Land eine flächendeckende Selbsttestung ins Auge fasst, denn wir könnten gar nicht alle Einwohner und Einwohnerinnen regelmäßig durch uns organisiert testen", so von Meißner. Die Eigenanwendung in Schulen und Kindergärten sei wichtig. Dass nun eine Lücke entstehe, dafür habe er kein Verständnis. "Wir als Ärzte stehen natürlich weiter für alle Fragen und Beratungen zur Verfügung", betont der Mediziner.

Bei dem Ausbruch im Kindergarten habe es das Ärztehaus ermöglicht, alle Kinder und Kontaktpersonen sofort zu testen. Das habe vielleicht auch die Ausbreitung gestoppt. Von Meißner appelliert nochmals an alle Mitbürger, sich bei den Ärzten in Baiersbronn und Klosterreichenbach online für einen Impftermin zu registrieren, denn eine telefonische Anmeldung zum Impfen sei nicht möglich.

Burkhardt spricht sich für Testpflicht aus

"Ich bin sehr dankbar, dass die Ärzte vom Spritzenhaus so schnell reagiert haben und alle, die es wollten, sofort getestet wurden", sagt Kindergartenleiterin Irmtraud Burkhardt. Schlecht findet sie, dass es keine verpflichtende Testung für alle Kinder gibt: "Wir wissen nicht, wer sich testen lassen hat, letztendlich ist es Vertrauenssache, wenn die Kinder wieder zu uns kommen." Wer getestet wurde und wie, das bleibt für die Leitung und den Träger unbekannt, ebenso, wie lange jeder in Quarantäne bleiben muss. "Hier kriegen wir keine Rückmeldung vom Gesundheitsamt und müssen einfach vertrauen", sagt Burkhardt. "Eine verpflichtende Testung würde sicher mehr Sicherheit für alle bringen."