Auch Deutsche sorgen derzeit rund um Straßburg für lange Schlangen an den Zapfsäulen, denn der Sprit ist im Elsass rund 50 Cent günstiger als in Deutschland. Foto: Armbruster

Verkehrte Welt: Während in Kehl die Zapfsäulen verwaisen, stauen sich an Straßburger Tankstellen die Autos. Am Mittwoch zahlten Fahrer dort rund 51 Cent weniger pro Liter Super-Benzin. Viele Deutsche nutzten die Gelegenheit für ein Schnäppchen.

Kehl/Straßburg - Die Autos an der kleinen Tankstelle kurz hinter der Grenze in Straßburg stauen sich am Mittwochmorgen bis zurück auf die zweispurige Straße. In Doppelreihe stehen nie weniger als zwanzig Fahrzeuge an, um den günstigen, französischen Kraftstoff zu tanken. "1,46 Euro für den Liter E 10 – da spare ich pro Tankfüllung 30 Euro!", betont eine deutsche Tanktouristin aus Willstätt im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie habe einen Termin in Kehl gehabt und sei – gelotst von einer Tank-App – über die Grenze gekommen. Sie freut sich sichtlich über das Schnäppchen.

Französisches Benzin bleibt noch bis Ende Oktober so günstig

Möglich macht das die gegenläufige Politik in den beiden Nachbarländern: Während in Deutschland der sogenannte Tankrabatt auslief, erhöhte Frankreich vergangene Woche den Nachlass an der Zapfsäule sogar. Statt bisher 18 Cent wird im September und Oktober ein Rabatt von 30 Cent pro Liter Benzin oder Diesel gewährt. In den Folgemonaten soll der Tankrabatt dann aber auch in Frankreich abschmelzen.

Die Gelegenheit lassen sich viele Ortenauer nicht entgehen und verschmähen den in den vergangenen Monaten ohnehin immer teurer gewordenen Sprit auf deutscher Seite. Drum reihen sich am Mittwochmorgen viele Deutsche in die Schlange vor der Straßburger Tankstelle ein. "Früher sind wir zu euch rübergekommen!", ruft eine Französin, die das kurze Gespräch zuvor mitbekommen hat, aus ihrem Auto heraus und lacht.

Sie hat recht: Die Franzosen kamen lange Zeit über die Grenze, um in Deutschland günstig einzukaufen und zu tanken. Darauf ist auch die Kehler Nahversorgung ausgelegt: Neben mehreren Discountern stehen vier große Tankstellen mit bis zu neun Doppel-Zapfsäulen in der Straßburger Straße bereit, um Scharen von Kunden zu versorgen. Am Mittwochmorgen fährt nur ab und an ein Auto heran.

Deutsche Tankstellenbetreiber sind frustriert

Der Frust bei den deutschen Tankstellenbetreibern ist dementsprechend groß: "Wir kommen uns veräppelt vor", konstatiert ein Mitarbeiter im Gespräch mit unserer Redaktion. Aktuell würden hauptsächlich Ortsfremde oder Einheimische mit Oberklasse-Wagen – des Premium-Sprits wegen – noch in Kehl tanken. Während des Gesprächs wandert der Blick des Tankstellen-Mitarbeiters mehrmals auf die große Preisanzeige an der Straße. Ihm sei klar, dass der Tankrabatt irgendwie gegenfinanziert werden müsse und keine Dauerlösung sein könne, erklärt er. Dass aber ausgerechnet jetzt die Franzosen noch eine Schippe auf ihren Nachlass drauflegen mussten, empfindet er offenbar als Hohn. Er wünsche sich, dass die Bundesregierung grundsätzlich an der hohen Mineralölsteuer drehe.

Auch der Tabakverkauf an deutschen Tankstellen leidet unter der Situation

Dabei trifft es die deutschen Betreiber doppelt: "Die Tankstellen verdienen sowieso nur einen Cent pro Liter am Benzin", verrät der Mitarbeiter. Das Hauptgeschäft sei der Verkauf von Lebensmitteln, Zeitschriften, Tabakprodukten und Co. "Die typische Einkaufstour eines Franzosen lief bisher immer über den Discounter zur Tankstelle, um da zu tanken und Tabak zu kaufen", erklärt der Mann. Da der Sprit in Deutschland so teuer sei und die Kunden aus Straßburg wegblieben, fielen auch die Mitnahmeeffekte weg. Und tatsächlich: Während des gesamten Gesprächs kommen nur vereinzelt Kunden in den Verkaufsraum.

Ganz anders die Situation einige Hundert Meter auf der anderen Seite der Grenze: Von den Tankstellen-Mitarbeitern hat am Mittwochmorgen niemand Zeit mit unserer Zeitung zu sprechen – draußen stauen sich die Kunden. Darunter allerdings auch viele mit französischem Kennzeichen.

An manchen Tankstellen gibt es kein Benzin mehr

"Ich war schon an drei anderen Tankstellen in der Stadt, da gab es kein Benzin mehr", erklärt eine Französin aus ihrem Auto heraus. Sie gehe davon aus, dass das damit zusammenhänge, dass viele Franzose ihre Autos zur Zeit volltanken würden. Dass nun auch noch die Deutschen verstärkt zum Tanken über die Grenze kommen, nimmt sie derweil gelassen. Andere Autofahrer mit französischem Kennzeichnen zeigten sich im Gespräch mit unserer Zeitung eher genervt davon.

Deutscher Tankrabatt ist ausgelaufen

Der Tankrabatt galt in Deutschland vom 1. Juni bis zum 31. August. Er war gemeinsam mit dem Neun-Euro-Ticket für drei Monate eingeführt worden, um Verbraucher angesichts hoher Energiepreise zu entlasten. Um auch weiterhin günstiger zu tanken, fuhren viele Verkehrsteilnehmer entlang der Grenze bereits kurz nach Ende der vorübergehenden Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe nach Frankreich. Dort gilt noch bis Ende Oktober ein ähnlicher Preisnachlass.