Die Kinder- und Jugendmedizin im Freudenstädter Klinikum hat auch dieses Jahr auffällig viele RSV-Patienten zu verzeichnen. Foto: © Morrosch – stock.adobe.com

Kinderärzte schlagen Alarm: Das RS-Virus geht um – und führt vielerorts zu überlasteten Kinderkliniken. Wie ist die Situation in Freudenstadt?

Freudenstadt - Das Humane Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) bringt derzeit Kinderkliniken in ganz Deutschland an ihre Grenzen. Von "Katastrophenzuständen" sprach unlängst Florian Hoffmann, Kinderarzt und Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI).

Von einer etwaigen "Katastrophe" bleibt Freudenstadt derzeit verschont – aber auch dort ist die Lage im Klinikum zumindest angespannt: "Das RS-Virus beschäftigt uns sehr. Wir haben viele Patienten", sagt Gerald Hellstern, Chefarzt für Kinder- und Jugendmedizin. "Im Moment können wir alle unterbringen, wir waren aber auch in diesem Jahr schon an der Belastungsgrenze."

Zeitpunkt ungewöhnlich

Es ist bereits das zweite Jahr in Folge, in dem die Kinderstation eine auffällig hohe Anzahl an Patienten mit RS-Virus zu verzeichnen hat. "So etwas kannten wir vorher nicht", berichtet Hellstern. Auch der Zeitpunkt ist ungewöhnlich. Bisher hatte die Kinderstation die meisten RSV-Fälle im Spätwinter zu verzeichnen; seit dem vergangenen Jahr grassiert das Virus schon im Herbst.

Ein Grund für diese Entwicklung ist laut Hellstern das "ungeübte Immunsystem" der Heranwachsenden. Normalerweise machen nahezu alle Kinder im ersten oder zweiten Lebensjahr eine Infektion mit dem RS-Virus durch. Aufgrund der Corona-Regeln sind in den vergangenen beiden Jahren aber viele Infektionen mit Erkältungsviren ausgeblieben, sodass sich die Krankheitswellen verschoben haben. Auffällig hohe Fallzahlen gebe es derzeit auch bei anderen Atemwegserkrankungen, berichtet Hellstern.

Sauerstoffzufuhr benötigt

Grundsätzlich kann jeder an RSV erkranken. Für Erwachsene ist das Virus ungefährlich. Kleinkinder kann das Virus aber derart hart treffen, dass diese stationär behandelt werden müssen. Die meisten RSV-Patienten seien im Säuglingsalter, so Hellstern. "Sie bekommen Atemnot und benötigen eine Sauerstoffzufuhr", erklärt der Chefarzt.

Im Durchschnitt seien derzeit fünf bis sechs RSV-Patienten in der Kinderstation untergebracht. Oft können diese nach wenigen Tagen wieder entlassen werden, manche müssen aber auch bis zu zwei Wochen lang beobachtet werden. Derartige Fälle sind aber nach wie vor selten – in der Regel kann eine Infektion auch bei Kleinkindern ohne Probleme zuhause auskuriert werden.