Die Bestmarke von Marco Schmidt liegt bei 20,58 Meter. Da will der jetzt in Beffendorf wohnende Kugelstoßer wieder hinkommen. Foto: Frei Foto: Schwarzwälder-Bote

Kugelstoßer Marco Schmidt will von Oberndorf zum großen Wurf ausholen / Olympia als Ziel

Von Jürgen Schleeh

So leicht passt er nicht durch jede Tür: Zwei Meter groß, 128 Kilo schwer und grob geschätzte Schulterbreite von 1,10 Meter. Wo Marco Schmidt auftaucht, da gibt es Schatten. Dafür behält der Hüne stets die Übersicht in seiner Umgebung.

Das ist für einen Kugelstoßer nicht unwichtig, muss er doch wissen, wohin und wie weit er die metallene Kugel schleudert. Die 20-Meter-Marke hat er dabei schon oft überboten, womit schnell auch klar wird: Im Visier von Marco Schmidt sind nicht nur Regionale oder Deutsche Titelkämpfe, sondern auch Europa- und Weltmeisterschaften. Und zum ganz großen Wurf will der 29-Jährige bei Olympia in Rio de Janeiro ausholen. Dafür tankt der Top-Athlet nun Kraft am Neckar. Genauer gesagt in Oberndorf-Beffendorf. Hierher hat es Schmidt vor einigen Wochen aus privaten und beruflichen Gründen von Niefern (bei Pforzheim) gezogen. Aktiv ist er für den VfL Sindelfingen.

Gerade der Beruf war ein entscheidendes Kriterium für Marco Schmidt, dass es ihn in den Kreis Rottweil verschlagen habe. "Mein neuer Arbeitgeber, die Firma TEMA Transport & Logistik in Zimmern, bietet mir viel mehr Freiheiten von den Arbeitszeiten, die ich für mein Training benötige", erklärt er. Und da steht einiges auf dem Plan. Dienstags und donnerstags trainiert Marco Schmidt in einem Rottweiler Fitness-Studio, dazu absolviert er noch im Stadion der Stadt weitere Einheiten, "wo ich laufe und meine Sprünge übe. Die Trainingsbedingungen sind sehr gut hier", fügt er an.

Jeden Mittwoch, Freitag und Samstag fährt der Kugelstoßer zudem nach Baden-Baden in die Sportschule Steinbach. Hier stehen dann gezielte Einheiten mit seinem Trainer Hermann Oser auf dem Programm, um vor allem die Technik zu verfeinern, um das Optimale als Kugelstoßer zu erreichen. "Zehn bis zwölf Einheiten pro Woche sind da normal", erklärt er, womit auch sehr deutlich wird, dass dies vom Zeitaufwand ganz enorm ist. "Wenn man für den Sport lebt und trainiert, muss man auf viele andere Dinge verzichten", ist er sich bewusst. Doch nur so würden sich auch die sportlichen Ziele erreichen lassen.

Seine Größe kommt Marco Schmidt dabei sehr zum Vorteil für die Disziplin als Kugelstoßer. "Der Abstoßwinkel ist ein ganz anderer als bei einem kleinen Athlet. 80 Prozent kommen aus den Beinen und ganz entscheidend ist die Technik. Technik und Schnelligkeit, dann fliegt die Kugel relativ weit. Wenn dann noch die Kraft dazu kommt, alle Faktoren optimal im Einklang sind, kommt man natürlich noch einen Schritt weiter", betont Schmidt, das es sehr wichtig sei, wenn der ganze Körper entsprechend trainiert ist. Vor allem in den Wintermonaten nimmt das Ausdauertraining nicht nur einen entscheidenden, sondern auch breiten Rahmen ein.

Von den Erfolgen her wäre Marco Schmidt sogar als Profi einzustufen. "Ich würde mich als ›Halbprofi‹ bezeichnen. Ich hätte auch den Weg als Sportsoldat gehen können, doch ich wollte nach dem Abi weitermachen, darauf aufbauen, meinen Betriebswirt zu machen. Deshalb wollte ich nicht zur Bundeswehr. Sollte ich mich mal richtig schwer verletzten, will ich ein zweites Standbein haben", erklärt Schmidt seine Entscheidung.

Bei solch einer Extrem-Sportart bleiben Verletzungen natürlich nicht aus, da hat der 29-Jährige schon einiges wegstecken müssen. Schmerzlicher als die Knieverletzung, die eine OP im Dezember 2011 zur Folge hatte, war für Marco Schmidt die verpasste Teilnahme an Olympia in London. Zuvor ereilten ihn muskuläre Probleme im rechten Oberschenkel, so dass sich Schmidt bei der EM in Helsinki mit dem achten Platz begnügen musste. Bitter, denn das Potenzial für einen Podestrang hatte er zuvor mehrfach bewiesen. Bei der WM 2011 kam der Neu-Beffendorfer auf Rang 13. Seine persönliche Bestmarke stellte Marco Schmidt im Jahr 2010 mit 20.58 Meter auf.

Verläuft das Training weiterhin so ideal und zufriedenstellend, sollten sich die gesteckten Ziele wie die Hallen-EM in Göteborg und WM in Moskau auch erreichen lassen, Marco Schmidt als Sprungbrett für Olympia in Rio dienen. Fest vorgenommen hat er sich auch, "dass ich in Zukunft mehr auf meinen Körper höre, keinen falschen Ehrgeiz entwickle". Und wer weiß, vielleicht sorgen ja die Trainingseinheiten am Neckar in Rottweil für den entscheidenden Schub, dass sich der Traum von Olympia für Marco Schmidt endlich auch erfüllt.