Wilde Gestalten haben sie da geschnitzt, die Göllsdorfer Kinder. Manchmal haben auch Papa und Mama mitgeholfen. Tragen dürfen aber nur sie, die Kinder, die Geisterköpfe. Archiv-Foto: Schmidt Foto: Schwarzwälder-Bote

Der Umzug der Rübengeister ist seit einem halben Jahrhundert aus der Göllsdorfer Saukirbe nicht wegzudenken

Von Bodo Schnekenburger

Rottweil-Göllsdorf. Wann genau es war, das ist in irgendeinem Archiv vergraben. Wie es war, daran erinnert sich Egon Rieble noch ziemlich genau: Drei Sitzungen im "Saukirbe-Festausschuss" brauchte er, dann durfte er starten, der "Riabagoaschter-Umzug".

Er hatte sich gewundert, als er Post vom Gemeinderat bekam. Als "sachkundiger Bürger" sei er, damals, um 1960, noch Student, eingeladen worden, an der Sitzung teilzunehmen und sich Gedanken über die Zukunft der Göllsdorfer Saukirbe zu machen. Denn das traditionsreiche, ursprünglich mit Kirchweih verbundene Heimatfest lief zwar, doch wollte man den Samstag hinzunehmen. Eine Attraktion musste her. Dafür brauchte es eine Idee.

"D’Liachter aus, d’Liachter aus, d’Goaschter kummet a*

In der Sitzung selbst, so erinnert sich Rieble, lagen bereits Lampione in verschiedenen Farben aus. Ein Laternenfest als Attraktion? Das mochte er sich schwerlich vorstellen. Seine Idee, es müsse etwas Bäuerliches sein, das mit dem dörflichen Charakter des Ortes vereinbar ist, brachte ihn zu den Rübengeistern. Die hatte man in Göllsdorf zu seinen Kinderzeiten noch geschnitzt und im Herbst in die Fenster gestellt. Dem Ausschuss sei das nicht gut genug gewesen. Moderne Zeiten seien angebrochen, wer wolle da noch Rübengeister schnitzen. So richtig weiter kam das Gremium aber auch nicht. Denn nach rund zwei Wochen sei Rieble abermals eingeladen worden. Das Thema: Attraktion für den neu zu schaffenden Saukirbe-Samstag.

Er habe versucht, dem Ausschuss klarzumachen, dass so eine Attraktion etwas eigenes sein müsse, etwas, das es sonst nirgends gibt. Und dass die Kinder selbst gestalten können müssen, denn dann seien nicht nur sie eher mit Begeisterung dabei, auch die Eltern würden sich eher damit identifizieren und einbringen.

Alte Köpf, junge Tröpf schauklet duranand, schauklet rom, schauklet nom, send aus Rand und Band.

Das muss wohl an Argumenten genug gewesen sein, denn als Rieble zur dritten Sitzung eingeladen wurde, ging es um die Machbarkeit. Wie sollte es möglich sein, Kinder die geschnitzten Rübengeister tragen zu lassen? Es müsse doch machbar sein, dass die Rübengeister auf irgendwelchen Stöcken getragen werden, meinte Rieble – und erhielt vom ebenfalls als sachkundiger Bürger eingeladenen Eugen Bader Recht. Er dachte sich den Stock mit dem Korb aus Zinken aus, in dem die Geister oben auf einem Stock sicher fixiert durch den Ort getragen werden können. Nebenbei: Diese Art zu tragen erzeugt auch diese schwankende Bewegung, mit der sich der Zug der Geister durchs nächtliche Göllsdorf schlängelt, während die Kinder laut das "Riabagoaschterlied" singen.

Kurz und gut, wenn das ginge, würde es fortan den "Riabagoaschter-Umzug" geben, beschloss der Ausschuss. Noch in der selben Nacht habe er sich an den Schreibtisch gesetzt, Tasse um Tasse Kaffee getrunken und den Text für das später von Josef Sohm vertonte Lied geschrieben. Am Morgen sei er fertig gewesen, erinnert sich Rieble und meint, dass er es besser nicht hätte machen können. Dass Thaddäus Troll von diesem Mundart-Gedicht begeistert war, mag ihm Recht geben.

...wenn jed’ra Riab a Liacht ufgoht:No isch d’Kirbe do."

* ) Die Zwischenzeilen in diesem Artikel sind Auszüge aus dem "Riabagoaschterlied", in dem Rieble am Schluss den Gemeinderat samt Ausschuss noch beehrt: "Wenn jeder ›Rübe‹ ein Licht aufgeht, dann ist Kirbe..."