Über das Zimmertheater wird in Stuttgart debattiert. Foto: Archiv/Schulz

Förderpraxis Gegenstand in Haushaltsdebatte. Fachausschuss erklärt AfD-Antrag für erledigt.

Rottweil/Stuttgart - "Was braucht eine gute Detektivgeschichte? Natürlich einen jugendlichen Helden und einen gefährlichen Verbrecher" – so umschreibt die Intendanz des Zimmertheaters, Peter Staatsmann und Bettina Schültke, ihr Familienstück zu Weihnachten "Emil und die Detektive" nach dem Kinderbuchklassiker von Erich Kästner von vor 90 Jahren. Am Sonntag stand die Premiere auf dem Programm. Ob es auch so eine breite Wirkung erzielt wie ihre Komödie "Wenn der Kahn nach links kippt, setze ich mich nach rechts"? Sujet der Rottweiler Theatermacher darin ist der Rechtspopulismus unserer Tage.

Für Aufsehen gesorgt

Das Stück "Wenn der Kahn nach links kippt, setze ich mich nach rechts" feierte im Oktober 2017 Premiere. Staatsmann und Schültke setzten sich kritisch-kreativ mit Rechtspopulisten wie dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke auseinander. Sie waren mit die ersten, die den braunen Stoff auf den Bühnenbrettern ergossen und erlangten dadurch eine bundesweite Aufmerksamkeit. Aber nicht nur in der Theaterszene sorgten sie für Aufsehen, auch in der Landespolitik wurde die Bühne für eine außergewöhnliche Aufführung bereitet. Mit dem Zimmertheater. Den Anstoß gab die AfD, vor allem der Sulzer Abgeordnete Emil Sänze, der zugleich stellvertretender Fraktionsvorsitzender im baden-württembergischen Landtag ist. Die AfD fühlt sich durch das Stück getroffen und thematisierte im Plenum in Stuttgart die finanzielle Förderung der Komödie durch die Landesregierung.

Die sogenannte Alternative für Deutschland warf der Landesregierung einen "Bruch der Neutralitätspflicht" vor. Es bestehe die "Pflicht der Staatsorgane zur parteipolitischen Neutralität", hieß es in der Stellungnahme zu einem Antrag der Fraktion im Herbst, und weiter: "Die einseitige Förderung von Veranstaltungen gegen eine Partei, wie sie ganz klar in Rottweil geschehen ist, widerspricht der Neutralitätspflicht der Staatsorgane."

Inzwischen war das Zimmertheater in Rottweil immer mal wieder Gegenstand in parlamentarischen Debatten und Sitzungen in der Landeshauptstadt. Etwa in der ersten Beratung über den Doppelhaushalt der grün-schwarzen Landesregierung Mitte November. Die Redebeiträge wurden jetzt von der Landtagsverwaltung als Drucksache veröffentlicht. In seinem Beitrag wiederholte der AfD-Fraktionsvorsitzende Bernd Gögel die Vorwürfe seiner Fraktion und erntete Widersprüche von der CDU-Fraktion.

Erstaunen geäußert

Tage zuvor hat sich der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst mit dem Antrag der rechtspopulistischen Partei befasst. Auch diese Drucksache liegt nun vor. Demnach habe eine AfD-Abgeordnete im Ausschuss ausgeführt, sie sei erstaunt, dass das Zimmertheater Rottweil eine so hohe Förderung erhalten habe. Ihre Fraktion wolle erreichen, dass Theater, die durch das Land gefördert würden, parteipolitisch neutral blieben. Abgeordnete von CDU und Grünen widersprachen der Auffassung. Die Freiheit der Kunst sei ein hohes Gut und es stehe den Theatern frei, das zu bearbeiten und zur Aufführung zu bringen, was aus ihrer Sicht gesellschaftspolitisch relevant sei, so die CDU-Abgeordnete, die damit die Auffassung des Ministeriums unterstützte.

Gedankliche Konfusion

Der Grünen-Abgeordnete fügte dem Protokoll zufolge hinzu, die Angriffe auf die Kunst kämen immer aus der gleichen Ecke. Der AfD-Fraktion gehe es darum, dass die Theater nur noch das aufführen dürften, was dem Staat genehm sei. Da diese Staatspraxis in der DDR 1989 geendet habe, müsse man noch 50 weitere Jahre zurückgehen, um auf das zu stoßen, was die Antragsteller (AfD) wirklich erreichen wollten.

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, das im Namen der Landesregierung antwortete, vertrat die Auffassung, dass bei der AfD-Fraktion eine gedankliche Konfusion vorliege. Die Forderung nach Neutralität sei mit der Freiheit der Kunst nicht vereinbar.

Das Neutralitätsgebot hingegen gelte für staatliche Einrichtungen. Diese hätten politisch neutral zu sein und seien dies auch. Dies gelte im Übrigen auch für die Entscheidung über öffentliche Mittel. Wenn über die Förderung durch eine Jury nach qualitativen Kriterien entschieden werde, habe der Staat dem Neutralitätsgebot Genüge getan. Der Ausschuss empfahl in seiner Sitzung dem Plenum einvernehmlich, den Antrag der AfD für erledigt zu erklären.