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In der Kapellenkirche kommen Menschen zusammen, um sitzend in der Stille Gott zu begegnen

Rottweil. Drei mal 25 Minuten sitzen und still sein, dazwischen meditativ gehen, zum Abschluss spirituelle Impulse bekommen: Diese Erfahrung ermöglicht die Zen-Meditation, die nicht nur von Buddhisten praktiziert wird. Dabei konzentriert sich der Mensch ganz auf die Atmung und versucht, an nichts bestimmtes zu denken außer vielleicht an ein Meditationswort.

Um Gott zu begegnen, dafür ist also nicht unbedingt Sprechen notwendig. In Rottweil geht eine Gruppe von etwa zwölf Menschen diesen spirituellen Weg. Donnerstagabends treffen sie sich in der Kapellenkirche, um mit dem Theologen Gerd Lassak-Baumann zu meditieren. Für manche geht es dabei um existenzielle Fragen, nicht nur um ein Abschalten vom Alltag.

In der Sakristei der Kapellenkirche werden zunächst die Schuhe ausgezogen, dann geht es die Treppen hoch in das "Chörle", wo früher der Chor geprobt hat. Ab hier wird nicht mehr gesprochen. An der Tür deutet ein Schild darauf hin, dass der Raum göttlich ist: "Zieh deine Schuhe aus, der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden", ein Zitat aus der Bibel. Ohne Schuhe geht es also in den Meditationsraum, wo feste Rituale gelten.

"Gott im Schweigen zu begegnen, das ist eine uralte Tradition. Schon Jesus hat sich regelmäßig zurückgezogen, um zu beten und war vierzig Tage in der Wüste", sagt Lassak-Baumann, Theologe und Lehrer am Albert-Magnus-Gymnasium in Rottweil über die christlichen Wurzeln der Meditation.

Praktiziert wurde die Meditation aber vor allem in Asien, wohin die frühen Jesuiten in ihrem Respekt vor anderen Völkern reisten, um fremde Kulturen kennenzulernen und dadurch auch die Meditation. "Bildung und Wissenschaft sind das Markenzeichen der Jesuiten", betont Lassak-Baumann. Dennoch hatte der Vatikan die Zen-Meditation zunächst verboten, erst später dann erlaubt. Auch viele Christen lehnten Zen-Meditation erst ab, weil sie mit Buddhismus in Verbindung gebracht wurde.

Die Verbindung zwischen Zen-Meditation und Buddhismus stellte maßgeblich der Jesuit Hugo Makibi Enomiya-Lassalle her. Er reiste in den 1930ern nach Japan, um den Zen-Buddhismus kennenzulernen. Er gilt als Wegbereiter der Zen-Meditation außerhalb Japans und für Nicht-Buddhisten.

Zen bedeute das Sitzen in der Stille, so Lassak-Baumann. So könne Gott im eigenen Innersten getroffen werden, ist er sich sicher. Er selbst habe seinen ersten Meditationskurs bei den Jesuiten im Jahr 1968 belegt und gespürt: "Da ist was dran". Später, in den 1990ern, habe er in der Diözese Rottenburg-Stuttgart eine Zen-Gruppe gegründet, seit 1999 leitet er die Meditationsgruppe in Rottweil.

Einmal in der Woche trifft diese sich. Im Meditationsraum angekommen, verbeugt sich jeder: vor sich selbst, vor den Anderen und vor dem "Unaussprechlichen", wie Lassak-Baumann sagt. An der Wand hängt ein Holzkreuz. Doch nicht nur Christen sind willkommen, es werde nicht kontrolliert, ob jemand die Kirchensteuer zahle, betont Lassak-Baumann. Der Raum strahlt Ruhe aus, es gibt eine klare Ordnung. Das ist den Teilnehmern wichtig: Die festen Rituale ermöglichen volle Konzentration auf die Meditation.

Widersprüche werden aufgehoben

Beim Meditieren gehe es um die Konzentration auf einen Punkt, wobei man möglichst an nichts denken solle, so Lassak-Baumann. "Vor allem sollte man das diskursive Denken in Widersprüchlichkeiten aufgeben", sagt der Theologe. "Es geht um das pure Sein im Augenblick", so Lassak-Bau-mann.

Besonders auf die Atmung solle geachtet werden. "Den Atem kommen und gehen lassen, darauf kommt es bei der Mediation an", so Lassak-Baumann. Eingeleitet werden die Meditations-Sequenzen durch einen Gong. Dann sitzen alle still auf ihrem Holzhocker auf blauen Sitzmatten. Manche holen sich nach der ersten Runde einen Stuhl oder benutzen ein Kissen. Auch den Lotussitz nehmen manche ein. In japanischen Zen-Klöstern meditieren die Menschen so, um die Bodenhaftigkeit nicht zu verlieren. "Man sollte nicht in die Leistungsfalle tappen", sagt der Theologe. Vor der zweiten Runde in stillem Sitzen gibt Lassak-Baumann ein Meditationswort vor, das man innerlich wiederholt, um eine Tür im Herzen zu öffnen.

Zum Abschluss liest Lassak-Baumann etwas vor, aktuell vom amerikanischen Arzt Jon Kabat-Zinn. Es geht dabei um Achtsamkeit für die eigene Körpersprache, um die Haltung der Hände. Dann sind fast zwei Stunden Stille vorbei, die Matten werden aufgeräumt, jeder verbeugt sich nochmals.

Weitere Informationen: Interessenten können sich im Pfarrbüro Heilig-Kreuz melden.