Flüchtlingshilfe: Freundeskreis zahlt Therapieangebot derzeit selbst / Tag der offenen Tür
Von Alexandra Alt
Der Freundeskreis Asyl feiert die Eröffnung seiner renovierten Räume im ehemaligen Gasthaus Hasen. Doch die Freude ist getrübt. Das Regierungspräsidium hat den Verein bei der Finanzierung der Kunsttherapie für jesidische Frauen und Kinder im Regen stehen lassen.
Rottweil. Jörg Gronmayer und Max Burger sind noch am Werkeln. Wenn am Freitag zunächst mit geladenen Gästen, am Samstag dann aber ganz offiziell die Begegnungsstätte des Freundeskreises Asyl im ehemaligen Gasthauses Hasen in der Rottweiler Unterstadt eröffnet werden soll, sollte eigentlich nichts mehr an eine Baustelle erinnern. Dabei sind die angemieteten Gasträume der alten Wirtschaft alles andere als fertig.
Bereits im Mai wollte der Verein seinen Treffpunkt eröffnen, doch dann kappte das Regierungspräsidium die Finanzierung der Kunsttherapie für traumatisierte jesidische Frauen und Kinder. Zwar sei die Zusage getroffen worden, dass der Verein auch weiterhin mit der Finanzierung rechnen könne, doch vor der Haushaltsverabschiedung Ende des Jahres sei das Geld nicht freigegeben.
"Wir hängen in der Luft", sagt der Vorsitzende Gronmayer. Damit das wichtige Angebot aufrecht erhalten bleiben kann, springe der Freundeskreis finanziell in die Bresche. Mit der Konsequenz, dass der "Hasen" eben nicht im Mai, sondern mit Abstrichen erst am Wochenende eröffnet werden kann. 2500 Euro fehlen jeden Monat. Geld, das die Mitglieder des spendenbasierten Vereins nun teils privat aufbringen, damit das Angebot weiter bestehen kann.
120 traumatisierte jesidische Frauen und Kinder waren 2014 im Zuge des von Ministerpräsident Winfried Kretschmann ins Leben gerufenen Flüchtlings-Sonderkontingents im Raum Rottweil untergebracht worden. "91 davon sind Kinder und Jugendliche, die in der Region überhaupt keine Therapiemöglichkeiten haben", erzählt Burger. Deshalb sei die angebotene Kunsttherapie, für die das Regierungspräsidium bislang aufgekommen war, so elementar. Die Frauen und Kinder seien ja nicht nach Baden-Württemberg geholt worden, um Deutsch zu lernen, sondern um ihre traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. "Jetzt übernehmen wir Aufgaben, für die das Staatsministerium zuständig ist", kritisiert Burger.
Doch der Freundeskreis besteht aus Anpackern, die über verschiedene Fördertöpfe und Sozialfonds, wie den der Aktion Mensch oder das Projekt Takaa-Niroo, das Angebot für die nächsten Jahre sichern wollen. Und über jenes kann sich informieren, wer am Samstag den Tag der offenen Tür für einen Besuch im "Hasen" oder "Rabbit-House", wie einige Flüchtlinge die Begegnungsstätte nennen, nutzt. Während der "Treffpunkt T" an bisheriger Stelle im Kutschenhaus verortet bleibt, wird es im "Hasen" künftig vor allem Beratungsangebote geben – die sich im Übrigen nicht nur an Flüchtlinge, sondern auch an Hartz IV-Empfänger richten sollen.
"Die Schwierigkeiten sind meist dieselben", erklärt Gronmayer. Das Angebot soll sich über eine niederschwellige Rechts- und Sozialberatung bis hin zur Lebenberatung im Allgemeinen erstrecken. Gronmayer nennt ein Beispiel: "Das Thema Scheidung ist so ein Punkt, mit dem einige Flüchtlinge erst hier in Berührung kommen." Männer, aber auch Frauen kämen dann mit einem Blatt Papier in der Hand zum Flüchtlingshelfer und wüssten nichts damit anzufangen. Dann sei lebenspraktische Hilfe gefragt.
Der "Hasen" als Begegnungsort solle zudem Möglichkeiten bieten, Kontakte und Netzwerke zu knüpfen. Dabei unterstütze auch der Landkreis den Freundeskreis aktiv. Er wird in den Räumen eine professionelle Sozialberatung anbieten (wir berichteten). "Wir wollen einen Hilfe-Mix anbieten, der unter dem Titel ›interkulturell, integrativ, inklusiv‹ zusammengefasst werden kann", sagt Burger. Wenn der "Hasen" ins Zentrum der Rottweiler Gesellschaft rücke, dann habe sich die Arbeit gelohnt. n Der Tag der offenen Tür findet am Samstag, 29. September, von 9.30 Uhr bis 17 Uhr im ehemaligen Gasthaus Hasen, Hauptstraße 69, oberhalb des Viadukts statt.