Der "Kolossaal" fasziniert Besucher immer wieder aufs Neue. Foto: Schnekenburger

Kraftwerk-Führungen zeigen wieder neu erschlossene Bereiche. Interesse ungebrochen.

Rottweil - Unter der Zeit ist es ein Veranstaltungsort. Sicher, einer, der ein bisschen anders ist als andere, einer, der international Beachtung findet. Aber an einem Tag im Jahr wird der Bonatz-Bau zum Star. An diesem Tag dreht sich beim Ferienzauber alles ums Kraftwerk im Neckartal und seine Geschichte. Am Donnerstag war es wieder so weit: Vier ausverkaufte Führungen zeigen, dass das Interesse ungebrochen ist. Und auch die "Mehrfachtäter", die auf Nachfrage ihre Hand heben, beweisen, dass der Charme des Industriebauwerks ein gewisses Suchtpotenzial hat, oder es dort eben immer wieder Neues zu entdecken gibt.

Begrüßt werden die Besucher an verschiedenen Stationen von Robert Weippert. Der Schauspieler schlüpft in die Rolle des Max von Duttenhofer, des Gründers der Pulverfabrik, deren Ertrag so beachtlich war, dass Duttenhofer sich nicht nur die herrschaftliche Villa oben in der Stadt leistete, sondern Größen der Ingenieurskunst seiner Zeit so kräftig unter die Arme griff, dass sie ihre Visionen verwirklichen konnten. Daimler, Zeppelin und Maybach gehören dazu. Sicher, weil der Geldgeber auch Technikfan war, nicht unwahrscheinlich aber auch, weil er wirtschaftlich profitieren wollte.

Am Donnerstagabend stößt er mit einem Gläschen des besten Tropfens aus der eigenen Sektkellerei mit Reichskanzler Bismarck an. Fiktion oder Wirklichkeit? In dem Spiel Weipperts und bei der Führung durch das Areal verschwimmen Geschichte und Geschichtchen. Sicher sind die Erinnerungen an Stars, die beim Rottweiler Sommerfestival hier auf der Bühne standen. Zum Beispiel die Punkrockband "Die Toten Hosen", die sich hier einst auf die Suche nach dem "Mädchen aus Rottweil" machten. Die Besucher folgen ihm mit eineinhalb Jahrzehnten Abstand auf die Bühne. Anders sah es damals zwar aus, der ganze hintere Bereich ist umgestaltet, im Laufe der Jahre hat neues Leben Besitz ergriffen vom einst dem Abbruch geweihten Bauwerk. Immer mehr Räume werden von der Veranstaltungsagentur Trend Factory bespielt. Deshalb entdecken auch die Mehrfachtäter gestern neue Ecken – oder sie folgen einfach nur ihrer Faszination fürs Kraftwerk.