Fotos: Cools Foto: Schwarzwälder Bote

Stück über die jüngste Friedensnobelpreisträgerin berührt tief

Lieber einen Tag lang mutig wie ein Löwe sein als 100 Jahre ein Sklave – wie mächtig Worte sein können, wird wohl nirgendwo so deutlich wie bei Malala Yousafzai. Ihre Geschichte auf die Bühne zu bringen und der Bedeutung ihrer Botschaft gerecht zu werden, ist eine Herausforderung, die das Zimmertheater angenommen und gemeistert hat.

Rottweil. Es braucht nicht viel, um die Welt zu verändern. Manchmal ist es nur ein Buch oder ein Stift oder eine junge Frau, die alles, was mittlerweile schon natürlich scheint, in Frage stellt und für ihre Überzeugungen einsteht. Eine Frau, die sich gegen Unterdrückung, gegen das Kleinhalten der Frauen und gegen religiöse Männer auflehnt, die die Bedeutung der Schrift, die ihr selbst so heilig ist, für ihre Zwecke verdrehen.

Es sind verschiedene Emotionen, die am Freitagabend bei den Zuschauern im Bockshof ausgelöst werden: Wut über die Taliban, Bestürzung darüber, wie weit sie zu gehen bereit sind, Unverständnis für manches, was auf der anderen Seite der Welt geschieht, und Bewunderung für dieses mutige junge Mädchen mit Namen Malala Yousafzai, dargestellt von Valentina Sadiku.

Die Schauspielerin vermag es, allein durch ihre Worte ein Bild von der jungen pakistanischen Protagonistin zu zeichnen, der eines Tages von Taliban-Kämpfern in den Kopf geschossen wird.

Dabei brauchte es keine anderen Personen auf der Bühne, keine aufwändigen Requisiten, keine Gewalt, um das Publikum zu fesseln.

Dorin Grama und Nicholas Charviani erzeugen die Dramatik allein durch ihre musikalische Untermalung. Mal verspielt, mal intensiv, mal leise im Hintergrund, mal so laut wie ein Paukenschlag – ganz subtil werden die Zuschauer in Emotionen eingewoben und finden sich an Malalas Seite wieder, die einerseits sanft sein will, aber die gleichen Rechte wie die Männer einfordert. Malala, die eine Jogginghose unter einem rosafarbenen Glitzerkleid trägt und sich weigert, sich in eine Schublade stopfen zu lassen und das Lernen aufzugeben.

Sie denkt darüber nach, was eine Frau definiert, und stellt dabei fest, dass das gar nicht so einfach ist. Noch nie war es so schwer für eine Frau, ihre Rolle und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.

Valentina Sadiku schlüpft auf der Bühne mithilfe einiger weniger Handgriffe in andere Rollen, in die des jugendlichen Pakistanis etwa, der Malala für ihr Tun bewundert, sich aber seinem Vater beugen muss, der hin- und hergerissen ist zwischen dem, was ihm gesagt wird, und dem, was er selbst denkt. Oder in die Rolle des Radio-Mullahs, der nur Macht hat, indem er Angst unter den Menschen sät.

Das Zimmertheater-Stück macht klar, wie die Frauen in Pakistan kleingehalten werden, deutet aber auch darauf hin, dass das nicht nur in Pakistan und nicht erst seit gestern so ist. Überall wünschten sich Männer ins Mittelalter zurück, fürchteten die Marilyns, Marlenes und Simones dieser Welt oder heutzutage sogar Mädchen wie Greta, heißt es im Stück. Zudem wird deutlich, dass auch heute und hier noch in Dichotomien gedacht wird.

Auf der Bühne im Bockshof findet das nicht nur durch die pakistanische Flagge auf der einen und westliche Symbole auf der anderen Seite Ausdruck, sondern auch in den Kleidern an der Garderobe. Links hängen traditionelle Kleider und bunte Tücher, rechts sportliche Kleidung und ein moderner Hosenanzug – streng voneinander getrennt und doch an derselben Kleiderstange.

Auch Malala fühlt sich in gewisser Art zerrissen, indem sie das, was seit jeher in ihrem Land üblich ist, hinterfragt und damit aneckt. Doch sie bleibt bei ihrem Kurs und versucht, beide Welten zu vereinen, anstatt sich für eine "Seite" zu entscheiden.

Die Moral des Stücks, das die Zuschauer nicht zuletzt durch die authentische Spielweise von Valentina Sadiku tief berührt und zum Nachdenken anregt, ist, dass manche Menschen ihr Leben lang nur im Kreis watscheln, während andere mehr wollen und neue Ideen haben. Und dass Weltveränderung niemals leicht sein kann.