Die Hauptversammlung der Narrenzunft lockt bei Weitem nicht so viele Mitglieder wie im vergangenen Jahr an. Voll wird es im Kapuziner dennoch. Foto: Schmidt

Rottweiler Narrenmeister fordert weniger Kleidlesträger von außerhalb: Sorge vor Kommerzialisierung.

Rottweil - Die Sprungführung war in der Hauptversammlung der Narrenzunft kein Thema mehr. Die Masse der Narren hingegen schon. Auswärtige, die in Rottweil aktiv narren, sollen zukünftig besser nur noch als Zuschauer kommen, fordert der Narrenmeister.

Von der turbulenten Sitzung im vergangenen Jahr war in der jüngsten nichts mehr zu spüren. Der Zunftvorstand unter Narrenmeister Christoph Bechtold, dem zweiten Narrenmeister Georg Hauser, Zunftschreiber Frank Huber und Zunftsäckelmeister Stefan Roth wurde frenetisch für seine pünktliche Einladung zur Hauptversammlung gefeiert. Die Unstimmigkeiten um die Besenwirtschaften wurden nur am Rande erwähnt und die im vergangenen Jahr noch leidenschaftliche und kontroverse Diskussion um die Sprungführung ohne Gegenwehr zu den Akten gelegt.

Eventuelle Sorgen um die Wiederwahl der Vorstandsköpfe waren daher auch völlig unbegründet. Die vier Herren führten die Sitzung humorvoll und souverän, zeigten ungeheuren Fleiß im vergangenen Jahr und scheuten auch nicht die Aussicht, dass der bevorstehende "Narradag 2017" noch einmal mehr von ihnen abverlangen werde. Unter dem Punkt Aussprachen meldete sich daher auch kein einziges Mitglied zu Wort, und die guten Wahlergebnisse vom ersten und zweiten Narrenmeister wie dem Zunfsäckelmeister hob die Stimmung der Führungsriege noch einmal beachtlich.

Bechtold verärgert: nicht alle Teilnehmer haben Narrenkarte

Die einzigen ernsten Worte dieses Abends kamen vom Narrenmeister selbst. Während Frank Huber als Zunftschreiber launig und zur Freude der Mitglieder mit charmantem Witz auf das alte Jahr zurückblickte, hinterließ die wachsende Anzahl an Narren bei Christoph Bechtold Sorgenfalten.

Am vergangenen Fasnetsmontag zogen 4270 Narren durch das Schwarze Tor. Fünf Jahre zuvor waren es über 700 weniger. In der Zunftkasse klingelte das deutliche Mehr an Narren aber nicht, ärgerte sich Bechtold über diejenigen, die ohne Narrenkarte am Sprung teilnahmen. Aber viel schwerer wiege für ihn, dass in die Rottweiler Kleidle zunehmend Bürger von weit außerhalb schlüpfen. Sie sieht Bechtold als "größter Faktor für die Massen an Narren", und damit verantwortlich für die notwendig gewordene "drastische Kürzung der Sprungführung".

Die Beweggründe, die laut Bechtold zu diesem "Fasnetstourismus" führen, schmeicheln freilich Rottweil. Er vermutet dahinter nämlich die Anziehungskraft der traditionellen Rottweiler Fasnet, und die – im Umkehrschluss – uninteressante Fasnet in deren eigenen Orte wie das fehlende Brauchtum. Brauchtum, das es in Rottweil zu bewahren gelte. Einer sich entwickelnden Eventkultur müsse daher entgegengetreten werden, bat der Narrenmeister die Mitglieder um Unterstützung.

Narren, die aus bis zu 40 Kilometer entfernten Umlandgemeinden anreisten, fehle es an der Identifikation mit der Rottweiler Fasnet, an der Liebe zur Tradition, selbst an der angemessenen Juckart und in jedem Fall am richtigen Aufsagen. Herzlich wären sie indes dazu eingeladen, als Gäste am Kulturgut teilzunehmen, sagte Bechtold, "aber nicht als aktive Narren". Der Narrenvater erhielt dafür sehr viel Beifall. Er setzte nach: Verkomme die Fasnet zu einem puren Event, "bleiben die Rottweiler daheim". Doch dem nicht genug.

Wunsch der Zunft für 2017: Möglichst viele Besenwirtschaften

Auch die Kommerzialisierung der Fasnet ist Bechtold ein Dorn im Auge. Kleidle könnten seit Neustem von der Stange gekauft werden, erzählt er. Die "Discounterware" weise keine Fehler auf, weshalb sie Zunft nicht ablehnen könne, aber es fehle an der Handwerkerkunst, mithin am Herzblut. Mit Änderungen bei den Kleidleabnahmen hofft die Zunft dem Treiben ein Ende zu bereiten, denn: "Wir lassen uns unsere Fasnet nicht kaputt machen."

Nur Gutes hatte Zunftsäckelmeister Stefan Roth, der als äußerst fleißig und akribisch gelobt wurde, zu berichten. Im Vergleich zum vergangenen Jahr errechnete er in diesem ein Plus für das Kässchen, wobei vor allem die Spendensumme mit beachtlichen 10 000 Euro dazu beigetragen habe. Schuldenfrei sei die Narrenzunft außerdem.

Roth befasste sich bereits mit der Finanzierung des Narradags. Insgesamt erwarte er für Buspendelverkehr, Sicherheit, Plaketten, Toiletten, Musikapellen und den geplanten drei Ausstellungen Kosten in Höhe von 120 000 Euro. Die Plakate, ein Hauptplakat und vier Nebenplakate mit markigen Sprüchen wie "vier Schnellen rammeln, necken und saget uf!", werden turnusmäßig in den Verkauf gebracht, und können im selben Rhythmus auch auf der Internetseite www.narradag.de betrachtet werden.

Besenwirtschaften soll es am Narrendag, so der Wunsch der Narrenzunft, zu Hauf geben. Bei Interesse stehe die Zunft gerne mit Rat und Tat zur Seite, sagte Bechtold. Gleichwohl müsste den Betreibern bewusst sein, dass Regeln eingehalten werden müssen. Oberbürgermeister Ralf Broß jedenfalls wird aufgrund der jüngsten Diskussionen um die Besenwirtschaften zeitnah zur diesjährigen Fasnet Gespräche suchen, "um die Situation zu entschärfen und eine verträgliche Lösung zu finden".

Neben den Wahlen der Vorstandschaft wurden Ausschussmitglieder gewählt. Für Philipp Kleiter, der sich aus zeitlichen Gründen verabschiedete, rückten Andreas Leichtle und Norbert Wölbl nach. Wieder gewählt wurden Wolfgang Göhler, Claus Grimm, Marcus Heinze, Axel Pfriender, Andreas Spitznagel, Daniel Weckenmann, Claus Wiest und Marius Kirsner.