Ein weithin sichtbares Symbol – für die Stadt wie das Rottweiler Sommerfestival: der Wasserturm. Foto: Schnekenburger

Ist Festival in Gefahr? Perspektiven des Ferienzaubers sind mit der Zukunft des Turms verknüpft. Mit Kommentar.

Rottweil - Der Ferienzauber brummt. Auch bei wechselhaftem Wetter ist der Biergarten gut besucht, am Wochenende genossen wieder tausende Gäste die Festivalatmosphäre – auf die der Wasserturm wegen des geplanten Verkaufs unversehens einen Schatten gelegt hat.

Als MuM-Vorsitzender Reiner Armleder am Dienstagabend die Sponsoren begrüßte, deutete er mit der Betonung auf jenen Tag im Frühsommer 2009, an dem mit einer detailliert fassbaren Vereinbarung das dräuende Ende des Festivals abgewendet worden war, an, dass die Ferienzauber-Macher Bauchschmerzen haben. Ihnen liegt der Wasserturm im Magen. Je nachdem, wie dessen Zukunft nach einer Veräußerung durch die ENRW aussieht, ist das Festival wieder einmal in Gefahr.

Ferienzauber-Geschäftsführer Mike Wutta wurde konkreter. Man müsse sich vor Augen halten, dass das eben nicht nur die zweieinhalb Wochen Veranstaltungszeit am Wasserturm bedeutet, sondern dass mit Auf- und Abbau das Gelände fünfeinhalb Wochen beansprucht wird. Was eine Nutzung des Wasserturms, gleich wie sie aussehen wird, natürlich beeinträchtigt.

Wie so eine Nutzung aussehen könnte, ist ohnehin eine der ganz großen Fragen. So richtig vorstellen kann man sich angesichts der Vorschriften und den sich daraus ergebenden Kosten kaum eine sinnvolle Variante. Sicher, vielleicht bekäme man eine wie auch immer geartete private Nutzung hin – die quasi im Vorgarten ein Sommerfestival mit erheblichem Publikumsverkehr hat, wo die Zufahrt zum eigenen "Häusle" gleichzeitig notwendige Infrastruktur für eben dieses Festival ist. Eine halbwegs öffentliche Nutzung dürfte Investitionen beanspruchen, die den im Raum stehenden Kaufpreis – das Mindestgebot beträgt 160.000 Euro – zwar nicht als "Peanuts", doch als überschaubare Größe erscheinen lassen.

Tatsächlich ist dieses Mindestgebot zusammen mit der Objektbeschreibung derzeit wohl das einzig Handhabbare, auch wenn, das ist kein Geheimnis, Gespräche über die Zukunft des Geländes laufen. All das, vor allem aber die Ungewissheit, ist kaum geeignet, Zuversicht zu beflügeln. Zumal die Zukunft des Festivals, das hat die Vergangenheit gezeigt, die Möglichkeit zur Veränderung voraussetzt. Dass sich der Ferienzauber halten konnte, obwohl die Konkurrenz in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten massiv zugelegt hat, hängt mit der Bereitschaft zusammen, das Festival zu verändern. Dass es sich in den vergangenen Jahren wieder zum echten generationenübergreifenden Treffpunkt entwickelt hat, liegt nicht zuletzt an dem Umstand, dass das Gelände am Wasserturm nach und nach mit Hilfe der Stadt vom Ferienzauber ausgebaut und umstrukturiert wurde.

Dabei geht es nicht nur um die Befestigung der Flächen und den Ausbau der sanitären Anlagen. So, wie das Veranstaltungsgelände jetzt organisiert ist und mit einem Kinderbetreuungsbereich, der schon von den Dimensionen her nicht im Verdacht steht, nur Alibi-Angebot zu sein, trifft der Ferienzauber am Wasserturm genau das Bedürfnis des Publikums. In Zement gegossen ist das allerdings kaum. Dieses Bedürfnis kann sich verändern. So wenig vor gut 20 Jahren absehbar war, dass das 1500-Mann-Zelt bald ausgedient haben wird, können Wutta und Armleder heute wissen, wie der Ferienzauber in fünf oder zehn Jahren aussehen wird. Vielleicht wird eine Ausweitung der Biergartensaison nötig sein, vielleicht die Konzentration auf die Wochenenden, dann aber mehr Wochenenden. Vielleicht wird die Programmstruktur eine andere. Und, auch wenn es derzeit nicht vorstellbar ist: Vielleicht muss das Gelände anders überplant werden, um die Zukunftsfähigkeit des Festivals zu erhalten.

Egal wie man’s drehen will, die Perspektive Ferienzauber erfordert Flexibilität. Und sie erfordert den am Dienstag von einem der Sänger der Flying Pickets im Konzet so betitelten "magic mushroom", den "magischen Pilz", den Wasserturm als Symbol und das Gelände als "Spielfläche". Denn eine Verlagerung des Festivals an einen anderen Standort hält Wutta für ausgeschlossen. Schon, weil die Akzeptanz dafür fehle. Vom Ausweichquartier einmal ganz abgesehen.

Der Bieter, der am Ende den Zuschlag für den Wasserturm erhält, muss nicht zwingend das Grundstück, auf dem er steht, mitkaufen. Sinnvoll indes wäre es, erklärt ENRW-Sprecher Jochen Schicht. 300 Quadratmeter bieten sich als Mindestfläche an: Das entspricht der Fläche der Terrasse auf dem Wasserturm, zudem gehört zum Turm ein Keller.

Das gesamte Grundstück samt Wald ist natürlich viel größer. Für Lothar Huber, Leiter des Bereichs Bauen und Stadtentwicklung, indes spielt die Größe gar keine entscheidende Rolle: Weil es viele Möglichkeiten gebe, die Nutzung zu regeln – etwa vertraglich. Dann ist ein Kauf von viel Fläche gar nicht erforderlich. Wichtig sei der Stadt mit Blick auf die Nachnutzung zum einen die Frage, was rechtlich überhaupt zulässig ist. Zum andern ist es der Stadt wichtig – das dürfte der MuM-Verein gerne hören –, dass der Ferienzauber weiterhin dort stattfinden kann.

Das Interesse am Wasserturm sei riesig, erzählt Schicht. Dass landesweit über den geplanten Verkauf berichtet wurde, sei spürbar. Wie viele Gebote bereits abgegeben wurden, will der Sprecher des Energieversorgers allerdings nicht sagen. Zwar gebe es in Deutschland immer wieder Wassertürme zu kaufen, aber alltäglich ist es eben nicht. Die Möglichkeiten, die sich beispielsweise Architekten an so einem Bauwerk bieten, seien spannend, findet Schicht. "Aber das nötige Kleingeld braucht man schon." Gebote samt Beschreibung der Nachnutzung nimmt die ENRW noch bis 14. September an. Ob der Ferienzauber, respektive der MuM-Verein, zu den Bietern gehören wird? Dass man sich Gedanken macht, ist klar. Immerhin will der Ferienzauber durchaus, das unterstreicht auch der sukzessive Ausbau des Geländes, Verantwortung übernehmen. Allerdings kann sich der Verein, der ein Festival mit einem Finanzrahmen von zwischenzeitlich annähernd 700 000 Euro bei überschaubarem Festzuschuss verantwortet, kein Gesamtpaket mit kostenträchtiger Immobilie aufladen.

Kommentar: Turmproblem

Von Bodo Schnekenburger

Es ist eine Immobilie. Zugegeben, eine, die ein bisschen anders ist als andere. Auch, weil sie weithin sichtbar ist, weil es ein besonderer Zweckbau ist, der längst zur Stadtsilhouette gehört. Nicht zuletzt aber, weil sie Teil eines gewachsenen Veranstaltungsortes geworden ist: Geht die ältere Generation noch zum "Ferienzauber an den Wasserturm", steht für viele Jüngere der Wasserturm auf dem Ferienzauber-Gelände.

Dass das Festival, eines der traditionsreichsten derartigen Sommerfestivals im Land, umzieht, ist kaum vorstellbar. Schon, weil es keinen anderen Platz gibt, der sowohl von der Infrastruktur, als auch von der durch den hohen Identifikationsgrad gespeisten Akzeptanz her ähnliche Qualität erreichen würde. Daraus erwächst zwischen möglicher künftiger Nutzung und dem Ferienzauber eine Konkurrenz, bei der das Festival auf der Strecke bleiben könnte.