"Malala" feiert am Sonntag Premiere im Bockshof. Foto: Schwarzwälder Bote

Theater: Vorbereitung im Gange / Premieren am 26. und 28. Juni

Rottweil. Abstand einhalten, Schlangen vermeiden, Spuckschutz in der Garderobe der Schauspieler, keine Pause bei den Vorstellungen und ein dezimiertes Publikum – das Zimmertheater startet am Wochenende sein Freiluft-Programm, muss dabei jedoch einiges beachten.

Lange hingen die Kulturschaffenden wegen der Corona-Krise in der Luft. Die Vorstellungen wurden abgesagt, Planungen nur vorsichtig entwickelt, schließlich war keinem klar, wann die Bühne wieder frei ist. Pläne für den Fall der Fälle hat die Intendanz des Zimmertheaters trotzdem frühzeitig geschmiedet und mit zwei Ein-Personen-Stücken den richtigen Riecher bewiesen. Immerhin muss man sich damit zumindest auf der Bühne keine Gedanken um das Thema Abstand machen.

Anders sieht das in Bezug auf den Zuschauerraum aus. Eine Tribüne, auf der die Zuschauer Seite an Seite das Schauspiel genießen, gibt es diesmal nicht. Das hätte finanziell keinen Sinn gemacht, meint Intendantin Bettina Schültke.

Stattdessen muss spontan reagiert werden, wenn die Zuschauer eintreffen, nach dem Prinzip "Wait to be seated". Abhängig davon, wie viele Personen zu einem Haushalt gehören, werden dann die Stühle verteilt. "Manche Besucher haben mir bei der Kartenreservierung gleich dazu geschrieben, dass sie nebeneinander sitzen dürfen, weil sie zu einem Haushalt gehören. Das hilft uns bei der Planung", erklärt Schültke, die alle Hände voll zu tun hat.

Binnen zwei Wochen musste alles auf die Beine gestellt werden. Finanzielle Entlastung gab es durch die Registrierung bei einem Programm für Kulturschaffende. Im Rahmen dessen hat das Team des Zimmertheaters mehr als 20 000 Euro bekommen, um Material wie Plexiglasscheiben und Desinfektion, aber auch elektronisches Equipment kaufen zu können.

Kraftakt für das Theater

Finanzielle Einbußen hingegen wird es allein schon aufgrund der reduzierten Besucherzahl geben. Wo sonst bis zu 200 Besucher kommen, dürfen es nun maximal 80 sein. Statt 5000 bis 6000 Besuchern am Ende des Sommertheaters werden es daher wohl höchstens 2000 sein.

Die unvorhersehbare Lage hat darüber hinaus dazu geführt, dass die Planungen für die kommende Spielzeit nicht vorangehen können.

Entlasten könne man das Team dadurch, die Karten im Vorverkauf zu erwerben. "Die Karten können auch direkt im Zimmertheater gekauft werden." Bei der überschaubaren Zuschauermenge pro Vorstellung sei der zeitige Kartenkauf umso wichtiger. Denn wenn die Vorstellungen ausverkauft sind, kann kein Auge zugedrückt werden, macht die Intendantin deutlich. Die Vorgaben sind klar.

Ersatztermine parat

Sollte eine Vorstellung wegen schlechten Wetters ins Wasser fallen, hat das Zimmertheater für die Zuschauer Luft im Veranstaltungskalender gelassen, um zwei Ersatztermine anbieten zu können. In die Räume des Zimmertheaters kann die Vorstellung nicht verlegt werden. Dort wäre nach Anwendung der Abstandsregeln gerade einmal Platz für 15 Personen.

Auch im Bockshof muss der 1,50-Meter-Abstand zwischen Menschen aus verschiedenen Haushalten eingehalten werden. Es wird empfohlen, einen Mundschutz zu tragen, bis man seinen Platz eingenommen hat. Zudem werden die Kontaktdaten der Besucher erfasst.

Diese Vorgaben sollen der Stimmung keinen Abbruch tun. Vor der malerischen Kulisse des Neckartals stellt sich bei der Premiere am Freitag, 26. Juni, ab 20 Uhr "das kunstseidene Mädchen" vor. "Bei unseren drei Sommerstücken stehen Frauen mit teilweise dramatischen Schicksalen im Mittelpunkt", erklärt Bettina Schültke.

"Das kunstseidene Mädchen" nach dem gleichnamigen Roman von Irmgard Keun aus dem Jahr 1932 wirkt für seine Zeit sehr modern und fasziniert unter anderem durch die teils schnoddrige Sprache, die gleichzeitig poetisch wirkt, so Schültke. "Ich hatte dieses Stück gleich im Kopf. Es passt einfach perfekt zum Sommertheater." Dabei geht es um eine 18-Jährige, die von einem Leben in Berühmtheit träumt und sich deshalb mit wohlhabenden Männern umgibt. Bald jedoch lernt sie die Schattenseiten dessen kennen. Während der Zuschauer beim kunstseidenen Mädchen ganz in die Gedankenwelt der Protagonistin eintaucht, wird er in "Malala", dem Stück, das am Sonntag, 28. Juni, Premiere feiert, mit verschiedenen Perspektiven konfrontiert.

Stimmungsvolle Live-Musik

Valentina Sadiku stellt nicht nur die pakistanische Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai, die sich für Frauenrechte stark macht, dar, sondern schlüpft auch in andere Rollen. Besonders bewegend: Eines Tages wird Malala von Taliban-Kämpfern niedergeschossen, hält jedoch an ihren Überzeugungen fest.

Beide Stücke sind nicht länger als eineinhalb Stunden und werden von Live-Musik begleitet. Außerdem ist der Getränkeausschank erlaubt. Zusammen mit einer günstigen Wettervorhersage steht einer stimmungsvollen Premiere unter freiem Himmel, die alle Einschränkungen vergessen lässt, damit nichts mehr im Weg.

Weitere Informationen: www.zimmertheater-rottweil.de