Rabbiner Joel Berger nimmt die Besucher der Kulturtage mit auf einen spannenden Streifzug durch die reiche Bilderwelt von Marc Chagall. Foto: Siegmeier Foto: Schwarzwälder Bote

Kulturtage: Joel Berger nimmt Besucher mit auf eine spannende Reise in die Bilderwelt                                         von Chagall

Die Bilder des Malers Marc Chagall sprechen eine reiche Sprache. Doch ohne tiefere Kenntnisse der ostjüdischen Lebenswelt oder der jüdischen Lebensformen ist diese Sprache meist nur schwer verständlich.

Rottweil. Joel Berger ist Rabbiner und dürfte vielen durch seine Beiträge im SWR bekannt sein. Bei den ersten Jüdischen Kulturtagen in Rottweil nahm Berger die Zuhörer mit auf einen Streifzug durch die Werke von Marc Chagall und versuchte, ihnen den Künstler auf diese Weise näher zu bringen. "Chagall war einer der produktivsten Maler unserer Zeit. Er hat nicht nur unzählige Bilder geschaffen, sondern auch viele Kirchen- und Synagogenfenster bemalt", so Berger. Chagall sei sehr gebildet gewesen und sich vorzüglich in der Bibel, aber auch in der ostjüdischen Lebenswelt ausgekannt. Er habe es verstanden, durch die Bilder die Träume der Menschen zu Ende zu denken.

Berger erläuterte anhand der Gemälde die jüdische Lebenswelt, erklärte, warum Tote nach jüdischer Tradition auf den Boden gelegt werden, oder was es mit dem berühmten Geiger auf dem Dach auf sich hat. "Das Geigenspiel ist für die ostjüdischen Volksgruppen charakteristisch".

Anhand eines Gemäldes, auf dem das Tor zu einem Jüdischen Friedhof abgebildet ist, erklärte Berger, dass Friedhöfe auch "Häuser der Ewigkeit" genannt werden, da die Totenruhe nie endet, wie beispielsweise bei den christlich geprägten Friedhöfen. "In jedem Chagall steckt eine Menge Background", so Berger mit Verweis auf ein besonderes Gemälde, auf dem scheinbar ein Rabbiner mit einer Zitrone in der Hand abgebildet ist. In vielen Ausstellungen werde dieses Bild als "Der Rabbiner mit der Zitrone" bezeichnet.

Apfel des Paradieses

Doch dies sei nicht korrekt. Die Frucht und der Feststrauß, die der Rabbiner in der Hand halte, gehörten zu Sukkot, dem Laubhüttenfest. Und die vermeintliche Zitrone sei ein Etrog, der mit dem Apfel des Paradieses identifiziert wird, in den Adam gebissen haben soll. Der Etrog gehöre zwar zu den Zitrusfrüchten, aber er dürfe nur von Bäumen genommen werden, die nicht veredelt, also nicht aufgepfropft sind. Anhand dieses Beispiels stellte Berger erneut heraus, dass viele Gegenstände oder auch Figuren in Chagalls Bildern auf den ersten Blick einfach zu verstehen oder selbsterklärend seien, jedoch oft falsch interpretiert würden, da der Ursprung zu wenig berücksichtigt werde.