Marion Moritz ist mit ihren Fotografien dem Takt der Natur auf der Spur. Foto: Moritz Foto: Schwarzwälder Bote

Fotografie: Zu Besuch im Atelier von Marion Moritz / Projekt "Dunkles Wasser" seit Jahren in Arbeit

In Bühlingen im alten Schulhaus hat die Künstlerin Marion Moritz ihr Atelier eingerichtet. Ein Wunsch ist damit Wirklichkeit geworden.

Rottweil-Bühlingen. Wenn man durch den Rottweiler Stadtteil Bühlingen fährt, sticht mitten im Ort ein Gebäude besonders heraus. Das alte Schulhaus von 1897 steht leicht zurückgesetzt an der Straße. Das Atelier von Marion Moritz öffnet sich dem Betrachter als großer Raum – mit Licht von drei Seiten.

"Dieses Haus kenne ich seit meiner Jugend. Immer wieder kam ich hier vorbei und dachte: Dieses Haus hätte ich gern", schildert Marion Moritz. Heute ist ihr Wunsch Wirklichkeit. Vor sechs Jahren erwarb sie das Gebäude und richtete im Erdgeschoss, im ehemaligen Klassenzimmer, ihr Atelier ein.

So groß und lichtdurchflutet das Atelier auch ist, so sehr zieht es die Künstlerin in ihrer Arbeit hinaus in die dunkelsten Nächte. Seit einigen Jahren arbeitet sie an ihrem Projekt "Dunkles Wasser". Sie versucht dabei, visuelle und philosophische Grenzerfahrungen auszuloten.

Fragen der Selbstbegrenzung und Disziplinierung in der Kunst sind ihre Grundthemen. In ihrem Schaffen versucht sie Dinge so zu verlangsamen, dass ein neuer Blickwinkel darauf möglich wird. Die Wahrheit menschlicher Wahrnehmung wird von ihr angezweifelt.

Im Projekt "Dunkles Wasser" zeigt es sich, dass die Natur anders getaktet ist, so die Künstlerin. Weit verteilt im süddeutschen Raum und im nahen Ausland sucht Moritz nach dieser Taktung. "Oft vergehen Monate, bevor der rechte Moment für das Bild kommt. Manche Orte suche ich immer wieder auf. So viele Variablen gibt es dabei zu bedenken. Das lange Beobachten ist ein wesentlicher Bestandteil des Projekts." Die Wahrnehmung der Welt von Marion Moritz ist nicht flüchtig. Indem sie sich immer wieder zwingt, diese extrem zu verlangsamen, kommt Ungeahntes zum Vorschein.

Eine der Kerntugenden ihrer Arbeit ist Geduld. Moritz berichtet von den Wegen, die sie im Dunklen zurücklegt. Schwer bepackt mit Kamerarucksack und Stativ, dick eingepackt, denn am Wasser, so ihre Erfahrung, ist es immer kalt. Oft verbringt sie Stunden vor Ort, schaut und beobachtet. Die Kamera wartet abseits auf dem Stativ. Der Moment des Auslösens ist nur eine finale kleine Bewegung.

Von Lichtbildern spricht Marion Moritz. Der Kunsthistoriker Hartmut Witte bezeichnete ihre Bilder als Malerei. Marion Moritz kommt mit nur wenigen Bilder aus den Nächten ins Atelier zurück. Drei bis vier Aufnahmen, exakt komponiert reichen ihr, um das auszudrücken, was sie sagen und zeigen will. "In der heutigen Welt ist Fotografie inflationär", so Moritz. "Meine Herangehensweise ist geprägt von analogen Zeiten. Blende, Zeit, Schärfentiefe, das sind die Dinge, mit denen ich arbeite. Aber reden wir nicht über Technik, sie ist nur Hilfsmittel. Einen Maler fragt man ja auch nicht: Welchen Pinsel benutzt du?"

Zur Zeit zeigt sie ihre Bilder in Stade. "Danach", so die Künstlerin, "geht es in die Schweiz zum Kunstverein Oberwallis und im Anschluss steht eine Ausstellung beim Kunstverein Bad Aibling an." Bis Mitte 2020 reichen die Ausstellungstermine bereits.