Drazen D. (verhüllt) wurde wegen dreifachen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Foto: Böhler

Drei Menschen getötet - darunter eigenen Sohn. Gericht geht in seinem Urteil so weit wie nach deutschem Recht möglich. Mit Video

Villingendorf/Rottweil - Für den Mord an seinem sechsjährigen Sohn am Tag seiner Einschulung und zwei weiteren Menschen in Villingendorf ist am Dienstag ein 41 Jahre alter Mann zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Landgericht Rottweil stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest, womit der Kroate nicht nach 15 Jahren vorzeitig auf freien Fuß kommen kann. Er nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an.

Nach langem Schweigen gab der 41-Jährige im Prozess die Taten zu. Neben seinem Sohn erschoss er den neuen Verlobten seiner Ex-Partnerin sowie dessen Cousine. Der Junge war am Morgen eingeschult worden. Das Gericht ist überzeugt, dass er die heute 32 Jahre alte Mutter seines Sohnes bewusst laufen ließ. Sein Plan: Sie soll den Rest ihres Lebens am Verlust leiden.

Weinend verfolgt sie am Dienstag die Urteilsverkündung. Drazen D. bleibt weitgehend regungslos. Sein "Es tut mir leid" im letzten Wort mit dem Zusatz "für die Familien" spiegele wider, sagt Richter Karlheinz Münzer, was Drazen D. wohl tatsächlich über die Tat denke.

Familiendrama in Villingendorf: Chronologie der Ereignisse

Stellt das Gericht eine "besondere Schwere der Schuld" fest, kommt der Täter nur in Ausnahmefällen vorzeitig frei - etwa wegen hohen Alters oder schwerer Krankheit. Besondere Schwere der Schuld bedeutet zum Beispiel, dass das Motiv besonders verwerflich war, die Tat besonders grausam oder mit mehreren Opfern.

Der 41-Jährige hatte Ende Mai ein Geständnis abgelegt und gesagt, er sei bei der Tat nicht er selbst gewesen, sondern habe "wie ein Roboter" gehandelt. Am Tag der Tat habe er seine Ex-Partnerin zur Rede stellen wollen. Mit Blick auf die maximal mit sechs Schuss geladene Waffe, die er mit auf die Terrasse in Villingendorf brachte, sei diese Aussage nicht sehr glaubwürdig, hatte Oberstaatsanwalt Dittrich in den Plädoyers gesagt. "Er kam nicht, um zu reden. Er kam, um zu töten."

Chronologie: 15 Verhandlungstage im Überblick

Dass der Täter seine Ex-Partnerin geplant und gezielt laufen ließ - davon ist das Gericht am Ende des seit Mitte Mai laufenden Prozesses überzeugt. Es sei dem 41-Jährigen in erster Linie darum gegangen, seiner Ex-Partnerin "größtmögliches Leid zuzufügen". Richter Münzer erinnert auch an Aussagen der ersten Frau des Angeklagten. Als die Ehe zerbrach, habe er schon ihr damit gedroht, die Kinder umzubringen, damit sie ihr Leben lang leide. "Einen Drazen D. verlässt man nicht", sagt Münzer.

Mit einem Schlag habe Drazen D. drei Familien zerstört, betont der Leitende Oberstaatsanwalt Joachim Dittrich in seinem Plädoyer. Der Verlobte von Darios Mutter hinterlässt eine Ex-Frau mit drei Kindern, seine Cousine einen Mann mit zwei kleinen Kindern. Er verließ den Gerichtssaal nach seiner Vernehmung mit einem durchdringenden Schrei, an den Richter Münzer am Dienstag erinnert. Die zur Tatzeit keine drei Jahre alte Tochter des Mannes war am 14. September 2017 auch zu Besuch am Tatort. Das Mädchen versteckte sich nach den ersten Schüssen im Badezimmer, bis die Polizei es fand.

Vertreter der neun Nebenkläger hatten im Prozess deutliche Kritik an Behörden und Polizei geübt. Diese hätten die Angst und die Warnungen der Ex-Partnerin des 41-Jährigen nach diversen Mord- oder Gewaltandrohungen ignoriert.

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Info: Was bedeutet lebenslange Haft?

(dpa/lsw)

Seit Abschaffung der Todesstrafe ist lebenslange Haft die schwerste Strafe im deutschen Recht. Lautet der Richterspruch "lebenslänglich", heißt das aber nicht, dass ein Verurteilter unbedingt bis zu seinem Tod hinter Gittern sitzt.

Lebenslange Haft wird meist bei Mord verhängt und kann - bei guter Führung und günstiger Sozialprognose - nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Wird sein entsprechender Antrag abgelehnt, kann der Verurteilte ihn alle zwei Jahre neu stellen.

Hat das Gericht allerdings eine "besondere Schwere der Schuld" festgestellt, kommt der Täter nur in Ausnahmefällen vorzeitig frei - etwa wegen hohen Alters oder schwerer Krankheit. Besondere Schwere der Schuld bedeutet zum Beispiel, dass das Motiv besonders verwerflich war, die Tat besonders grausam oder mit mehreren Opfern.