Die Bürgerinitiative in den Ausstellungsräumen Foto: BI Foto: Schwarzwälder Bote

Energie: BI besucht Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt

Rottweil. Gerade 70 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem Schweizer Atomkraftwerk (AKW) Leibstadt und Rottweil. Damit ist es das zu Rottweil nächst gelegene AKW. Um sich detaillierte Informationen aus erster Hand zu verschaffen, besichtigte die Rottweiler "Bürgerinitiative für eine Welt ohne atomare Bedrohung" deshalb den Meiler. Mit dabei waren auch die Antiatom-Freunde aus der Partnerstadt Brugg.

In der Schweiz wird ein Drittel des Stroms durch Atomkraft gewonnen, der Löwenanteil von 60 Prozent durch Wasserkraft. Auch dort hat man sich nach Fukushima für den Atomausstieg entschieden und will keine neuen Atomkraftwerke mehr bauen. Per Bürgerentschied sprachen sich die Schweizer allerdings für eine Laufzeitverlängerung ihrer bereits betagten AKWs aus. Das, so stellte es sich im Gespräch heraus, ist aus mehreren Gründen nicht unumstritten. So ist die Atommüllfrage noch ungelöst und seit einiger Zeit ist der Atomstrom alles andere als gewinnbringend. So lautete die klare Aussage der Führerin in Leibstadt: "Mit Kernkraft ist zurzeit kein Geld zu verdienen, wir zahlen bei jeder Kilowattstunde zwei Rappen drauf. Wir hoffen, dass der Strom bald wieder teurer wird". Insgesamt gibt es in der Schweiz fünf Atomkraftwerke. Beznau und Leibstadt liegen nur unweit der Grenze zu Baden-Württemberg. Beznau, nahe Rottweils Partnerstadt Brugg, trägt den Titel "ältestes Atomkraftwerk der Welt", und auch Leibstadt läuft bereits seit 1984. Die beiden Führerinnen in Leibstadt nannten als die drei wichtigsten Ziele die Sicherheit, die Wirtschaftlichkeit und die Akzeptanz in der Bevölkerung. Einmal jährlich finden sogenannte Revisionen statt, an denen 1000 bis 2000 Kräfte beteiligt sind, viele der Spezialteams kämen dazu aus dem Ausland. Trotz diesen Überprüfungen kam es allerdings erst 2017 zu einem halbjährigen Stillstand wegen oxidierter Brennstäbe.

Die Brugger Teilnehmer wussten zu berichten, dass es vor der Atomaufsichtsbehörde in Brugg tägliche Mahnwachen wegen Sicherheitsmängeln und den unbefristeten Laufzeiten gibt. Auch die Besuchergruppe aus Rottweil und Brugg äußerte in der Diskussionsrunde Kritik. So ist die Endlagerung noch nicht gelöst, bislang gibt es nur ein Atomares Zwischenlager (Zwilag). "Der Schweizer Atommüll ist ein ungelöstes Problem. Er ist ein strahlendes Erbe für eine Million Jahre, für das unsere Nachkommen aufkommen müssen", so die Kritik einer Teilnehmerin. Außerdem berge die Laufzeitverlängerung für die alten AKWs erhöhte Risiken und erzeuge noch mehr Atommüll.

Besorgt zeigte sich in der Diskussion ein Schweizer Teilnehmer, weil Fachleute knapp werden und für den Rückbau der Atomkraftwerke, der mindestens zehn bis 15 Jahre dauern werde, doch dringend gebraucht würden.