Das ist bislang Zukunftsmusik, soll aber möglichst schnell Wirklichkeit werden: Ein Parkleitsystem zeigt Besuchern Rottweils schon an der Bundesstraße, wo welche Parkplätze frei sind. Foto: Otto/IGV

Stadträte wissen nun, wo’s lang geht. Mit Rad-Schutzstreifen auf dem Holzweg. Jetzt "Gas geben".

Rottweil - Als Verkehrsexperte Peter Sautter aus Stuttgart zum ersten Mal nach Rottweil kam, wurde er auf der Suche nach einem Parkplatz quer durch die ganze Stadt geleitet. "Ein Unding", sagt er und zeigte dem Gemeinderat am Mittwoch etliche Lösungen auf. Jetzt soll es – endlich – voran gehen.

Das "Mobilitätskonzept" nahm in der Sitzung satte zwei Stunden Zeit in Beschlag. Immerhin: Stadt und Gemeinderat haben nun einen konkreten Aufgabenkatalog vor sich, den alle zügig angehen wollen. Zentrale Punkte: Der Bau des neuen Parkhauses an der Groß’schen Wiese, ein Parkleitsystem, das die Besucher schon ab der Bundesstraße auf den richtigen Weg bringt, und mehr Sicherheit für Radfahrer.

"Bei Ihnen fallen Radfahrer am Kriegsdamm ohnmächtig vom Fahrrad"

Mit den viel gerühmten "Schutzstreifen" für Radler sei Rottweil nämlich auf dem Holzweg, redete Sautter Klartext. Besonders schmerzlich, da gerade tags zuvor der neue Schutzstreifen auf der Tuttlinger Straße fertiggestellt wurde. Dort jedoch fühlen sich Radfahrer nicht wohl, weiß der Verkehrsexperte vom Büro "Ingenieur Gesellschaft Verkehr" (IGV). Er regte die Ausweisung von "Radstraßen" an, und zwar abseits der großen Verkehrsrouten – beispielsweise entlang der Körnerstraße und Waldtorstraße oder der Heerstraße. Zudem müssten Radfahrer an Knotenpunkten gleichberechtigt im Verkehr sein, so wie das in Holland der Fall ist. Im Gespräch mit dem Arbeitskreis Radkultur habe man ein Rad-Grundnetz als Diskussionsgrundlage geschaffen. Der Vorschlag Frank Suckers (Grüne), dass Rottweil "E-Bike-Modellstadt" werden soll, wird geprüft.

Doch zurück zum Autoverkehr. Der belastet das Hauptstraßenkreuz über die Maßen, wie eine Verkehrserhebung bestätigt: 4571 Autos wurden in vier Stunden gezählt – in einem, wie es bei Einrichtung der Tempo-20-Zone hieß, "verkehrsberuhigten Geschäftsbereich". Nur neun Prozent sind Durchgangsverkehr (wir berichteten). "Das ganze Problem ist hausgemacht", so Sautter.

Wichtig sei, den Parksuchverkehr anders zu leiten. Wer von Süden her komme, dürfe keine Parkempfehlung für den Norden bekommen und umgekehrt. Dass alle Parkplätze auf einem Schild ausgewiesen sind, überfordere den Autofahrer sowieso. Kleinere Parkplätze wie der am Kapuziner dürften gar nicht mehr ausgewiesen werden und nicht im Stadtplan erscheinen. "Die Rottweiler wissen ja, dass sie dort parken können."

Sperrung der Innenstadt bringe neue Probleme

Von der Sperrung der Innenstadt für den Autoverkehr hält der Experte übrigens nichts. "Das halten Sie nicht durch, da gehen die Bürger auf die Barrikaden." Zudem entstünden dadurch an anderer Stelle neue Probleme.

Zur Umsetzung des Parkleitsystem sind, so eine erste Planung, 16 "statische" Schilder und 20 "dynamische", also mit Anzeige der freien Parkplatzzahl, erforderlich. Kosten: rund 475 000 Euro – die Stromversorgung nicht eingerechnet. Außerdem müssen die bestehenden Parkmöglichkeiten so umgerüstet werden, dass die Kapazität angezeigt werden kann. Das kostet weitere rund 150 000 Euro.

Peter Jung-Teltschik, Abteilungsleiter Stadtplanung, präsentierte Varianten für das neue Parkhaus "Zentrum" an der Groß’schen Wiese und plädierte für einen nicht ganz so wuchtigen Baukörper. Sowohl Hubert Nowack (Grüne) als auch Pascal Schneider (CDU) rieten jedoch dringend dazu, hier alle Kapazitäten auszuschöpfen. Schließlich sei das Parkhaus Grundlage für das Konzept. Daniel Karrais (FDP) sprach sich dafür aus, das Parkleitsystem zügig anzugehen und außerdem digitale Bezahlmöglichkeiten zu prüfen. Auch Hermann Breucha (FWV) will "massiv Gas geben". Er regte dazu an, Nord und Süd eventuell mit Pendelbussen zu verbinden.

"Nicht mutig genug"

Ingeborg Gekle-Maier (Grüne) freute sich darüber, dass nun ein "aktuelles und bedarfsgerechtes Pflichtenheft" vorliege und man zielgerichtet an die schrittweise Umsetzung gehen könne. "Die Zeit des Diskutierens ist vorbei." Elke Reichenbach (SPD+FFR) sprach zwar ebenfalls von einer "tollen Planungsgrundlage", insgesamt sei das Konzept aber "nicht mutig genug". Auch ein zeitlicher Rahmen fehle. Jörg Stauss (FWV) vermisst "den großen Wurf". Auch über Tunnel oder einen neuen Brückenschlag müsse man nachdenken.

Günter Posselt (CDU) vermisst den ÖPNV im Konzept. Und dass Besucher von der Bundesstraße über die Marxstraße zum neuen Parkhaus geleitet werden sollen, sei falsch. Posselt erinnerte an den Lärmaktionsplan, die Straße sei ohnehin belastet. Anne Mokinski (SPD+FFR) und Monika Hugger (CDU) verwiesen zudem auf die dortige Gefahrensituation. Für Karl-Heinz Weiss (FWV) muss die Anbindung des Parkhauses zwingend über die Stadionstraße erfolgen.

Auf Grundlage der gesammelten Erkenntnisse soll die Planung nun weiter vorangetrieben werden. Fachbereichsleiter Lothar Huber gab den Räten allerdings die "bittere Pille" mit auf den Weg, dass das Verfahren zum Parkhausbau nicht in Blitzgeschwindigkeit abgewickelt weren kann.