Auf die richtige Lernmethode kommt es an: Im Lateinaufbauzug hatte Ulrich Fiedler immer viele Tipps parat. Foto: Ralf Graner Photodesign Foto: Schwarzwälder Bote

Abschied: Ulrich Fiedler verlässt das Rottweiler Konvikt                                                                         mit einem lachenden und einem weinenden Auge 

"Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich 1985 vom Staat als Referendar auf die Straße gekippt wurde", zieht Konviktsdirektor Ulrich Fiedler launig Bilanz. Nur so habe er zu seiner Lebensaufgabe gefunden: der Lehrtätigkeit am Konvikt.

Rottweil. 34 Jahre lang hat er hier unterrichtet. Seit 13 Jahren leitet er das Internat als Direktor. Am Mittwoch wird der 66-Jährige in den Ruhestand verabschiedet.

Wer Ulrich Fiedler kennt, der weiß, dass dieser Mann nichts dem Zufall überlässt. Organisation ist alles – das ist sein Lebensmotto. Und vermutlich genau durch dieses gelebte Motto ist es Ulrich Fiedler auch mit Bravour über solch eine lange Zeit gelungen, mehr als 160 Schüler erfolgreich durch den Lateinaufbauzug zu begleiten.

Alte Sprachen sind seine Leidenschaft. Anfangs unterrichtete Fiedler Latein und Griechisch, später auch Hebräisch. Den Lateinaufbauzug hat er mitkonzipiert, es ist ein Alleinstellungsmerkmal des Konvikts und einmalig in Deutschland. 20 Wochenstunden alte Sprachen – Latein und Griechisch – mussten die Schüler absolvieren. Das Konzept war auf den Gedanken begründet, jungen Leuten vom Land mit mittlerem Bildungsabschuss ein humanistisches Abitur zu ermöglichen.

In den vergangenen Jahren war das Angebot allerdings nur noch wenig nachgefragt. Und so verlässt nicht nur Ulrich Fiedler das Konvikt, mit ihm verschwindet auch der Lateinaufbauzug. Auch wenn dies Fiedler sehr schmerzt, so verlässt er dennoch ein gut bestelltes Haus. Mit seinem Nachfolger Martin Frank übernimmt ein erfahrener Pädagoge, der seit vielen Jahren mit dabei ist, das Ruder, und auch das gesamte Team ist höchst engagiert und mit Freude dabei. Die Kontakte zu den Schulen sind gut, und auch der Austausch mit der Stadtverwaltung funktioniert bestens.

"So kann ich beruhigt und entspannt gehen", betont Fiedler und zieht eine stolze Bilanz: "In den vergangenen 13 Jahren wurden viele wegweisende und die Zukunft sichernde Entscheidungen getroffen: so die Aufnahme jüngerer Schüler, von Mädchen und Werkrealschülern". Man habe erreicht, dass die Küche im Haus nicht nur erhalten, sondern komplett saniert wurde, damit die Schüler jeden Tag ein Essen serviert bekommen. Die pädagogische Arbeit habe man weiter professionalisiert und respektvoller Umgang und Toleranz machten es möglich, dass alle Religionen unter einem Dach leben. "Wir haben und hatten auch schon Muslime, Juden, Orthodoxe – das freut mich sehr", so Fiedler, der in seinem Abschiedsinterview schier übersprudelt vor lauter Begeisterung, Hingabe und wohl auch Liebe für "sein" Haus. Nicht ohne Grund hat wohl eine Rottweiler Geschäftsfrau kürzlich zu ihm gesagt: "Sie sind das Konvikt, Herr Fiedler".

Zwölf Stunden pro Tag ist Fiedler im Konvikt, seiner "zweiten Heimat", wie er zugibt. "Das schöne Haus, mein schönes Arbeitszimmer hoch droben mit Blick auf den geliebten Kapellenturm, die Flure, den Speisesaal, die gute Atmosphäre – das alles werde ich sehr vermissen", erklärt er mit sichtlicher Wehmut.

Auch die guten Kontakte zu "seinen" Ehemaligen liegen ihm sehr am Herzen, was die Besucherzahlen des Stiftungsfestes vor wenigen Wochen gezeigt haben dürften.

Jetzt beginnt für ihn ein neuer Lebensabschnitt und für das Konvikt bricht eine neue Ära an. So richtig anfreunden mag sich Fiedler damit noch nicht. Aber das ist ja alles noch ein paar Tage hin.

Jetzt gilt es erst einmal, die Verabschiedung ordentlich vorzubereiten. "Ich bin nämlich ein Organisationsfuzzi", gibt er lächelnd zu. Und es gebe noch viel zu tun...

Das ist gut so, denn man könnte noch vieles über Fiedler schreiben: über seine drei Bücher, die er in seiner Konviktszeit geschrieben hat, seine unübertreffliche Gastfreundschaft, seinen Humor, seine Geradlinigkeit und vieles mehr, doch das würde den Rahmen sprengen.  Am kommenden Mittwoch, 24. Juli, ab 15 Uhr wird Ulrich Fiedler mit einem Festakt in der Kapellenkirche feierlich verabschiedet.