Hausmeister Amadeo Correia zeigt die Kunstpflanze, in deren Topf der Angeklagte das Messer nach dem Raub versteckt hatte. Foto: Otto

Prozess nach Bastelladen-Überfall wird für Suche unterbrochen. Urteil wird am Freitag erwartet.

Rottweil - Am letzten Tag der Beweisaufnahme in der Verhandlung wegen besonders schweren Raubes in einem Bastelladen hat ausgerechnet der Angeklagte Polizei und Gericht viel Arbeit erspart, indem er die Beamten in einer Verhandlungsunterbrechung zur Tatwaffe führte.

"Er hat erheblich zur Aufklärung beigetragen und damit ein Puzzle größter Art gelöst", sprach sich Verteidiger Rüdiger Mack im Plädoyer für seinen Mandanten aus. Dem 25-Jährigen aus einer Kreisgemeinde wird vorgeworfen, am 26. Juni vergangenen Jahres maskiert und mit einem Messer bewaffnet ein Bastelgeschäft in der Rottweiler Stadionstraße überfallen zu haben.

Am ersten Verhandlungstag hatte der Angeklagte sich geständig gezeigt und den Tathergang detailliert geschildert. Außerdem berichtete er, wie er anschließend seine Kleidung in einem nahegelegenen Mülleimer am Paracelsushaus in der Königstraße loswurde. Er gab an, sich lediglich nicht mehr an den Ort erinnern zu können, an dem er die Tatwaffe abgelegt hatte.

Messer im Pflanzentopf

Bei der Fortsetzung am Mittwoch war das anders. So zeigte ein Polizeibeamter dem Gericht ein mit der Tatwaffe vergleichbares Messer, woraufhin der Angeklagte sagte, er wisse, wo sich die Tatwaffe befinde. Kurzerhand wurde die Sitzung unterbrochen, und die Polizei begab sich in Begleitung des 25-Jährigen auf die Suche.

Wenig später war das fragliche Messer mit einer Klingenlänge von 20 Zentimetern gefunden, wenn auch nicht ganz am beschriebenen Ort. Es lag nicht mehr in dem Pflanzentopf, wie vom Angeklagten beschrieben. Inzwischen hatte es die Putzkraft wohl in einen Abstellraum gelegt. "Als ich das Messer gesehen habe, ging es mir nicht gut. Ich habe am ganzen Körper gezittert", schilderte der Angeklagte nach dem Fund.

Warum er immer wieder Erinnerungslücken hat, darüber sollte der psychiatrische Sachverständige Charalabos Salabasidis Aufschluss geben. Für den Gutachter waren auch Aussagen des Suchtberaters, bei dem der Angeklagte kurz nach der Tat einen Termin wahrgenommen hatte, entscheidend. Dieser hatte geschildert, dass der 25-Jährige etwas "bekifft" und recht ruhig gewirkt habe. "Ich war geschockt, als ich gehört habe, dass er vorher einen Raubüberfall begangen haben soll", hatte der 62-Jährige ausgesagt.

Gerade das Verhalten des Angeklagten nach der Tat nahm Salabasidis als Indiz dafür, dass er sich wohl nicht im Drogenrausch befand, sondern wusste, was er tat. Der Angeklagte neige jedoch dazu, Dinge, wie anfangs seine Schuld, voller Überzeugung zu verneinen. Außerdem nehme er gern die Opferhaltung ein und schiebe vieles auf seine Drogenabhängigkeit bei gleichzeitiger Tendenz zur Theatralik und einem geringen Selbstwertgefühl.

Insgesamt lasse sich keine krankhafte seelische Störung feststellen. Er zeige Züge einer histrionischen Persönlichkeitsstörung. Eine solche zeichnet sich durch egozentrisches, dramatisch-theatralisches und manipulatives Verhalten aus. Typisch sei etwa extremes Streben nach Beachtung.

Zudem leide er unter einer sogenannten Polytoxikomanie, einer Mehrfachabhängigkeit in Bezug auf Drogen. Dennoch sei die Dosis, die er am Tattag genommen habe, nicht von seinem täglichen Konsum abgewichen und habe ihn daher auch nicht entscheidend beeinträchtigt. "Trotz der Intoxikation hat er planvoll gehandelt", so Salabasidis. Es sei nicht von verminderter Schuldfähigkeit auszugehen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte ähnliche Taten wieder begehe, sei groß. Dennoch habe er bisher nur ein Abhängigkeitssyndrom und noch keine ausgeprägte Persönlichkeitsstörung. Der Gutachter hielt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für mindestens zwei Jahre für sinnvoll. "Er kann das noch in den Griff bekommen, wenn er die Sucht loswird", so die positive Prognose.

Weg von den Drogen

Staatsanwältin Carla Kasper führte anschließend aus, dass sich der Tathergang bestätigt habe, auch wenn es vielmehr eine schwere räuberische Erpressung sei. Gleichwohl handle es sich dabei um denselben Strafrahmen wie bei besonders schwerem Raub – mindestens fünf Jahre Freiheitsstrafe. Dem Angeklagten sei bewusst gewesen, dass er ein Unrecht begehe. Er habe zielgerichtet gehandelt. Und auch wenn er sich kurzfristig zur Tat entschlossen und keine Verletzungsabsicht gehabt habe, sei nicht von einem minder schweren Fall auszugehen, so Kasper, die für den mehrfach und einschlägig Vorbestraften eine Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten mit Unterbringung in einer Entziehungsanstalt forderte.

Anders sah das Verteidiger Mack. Das Gutachten erkläre den Umgang des 25-Jährigen mit der Tat und sich selbst. Die Drogen dominierten sein Leben. Dennoch habe er seine Schuld noch vor der Verhandlung eingesehen, Reue gezeigt, einen Entschuldigungsbrief verfasst, sich vollumfänglich geständig gezeigt, zur Aufklärung beigetragen und dem Gericht viel Zeit erspart.

Zudem könne man zumindest von einer drogenbedingten Enthemmung am Tattag ausgehen: "Er war in seinen eigenen Gedanken gefangen". Nur mit einer Therapie habe der 25-Jährige die Chance, auf einen Weg zu finden, der Normalität ermögliche. "Bei ihm ist nicht Hopfen und Malz verloren", plädierte Mack für eine Therapie und eine kürzere Haftstrafe.

Das Urteil soll am Freitag, 25. Januar, um 11 Uhr fallen.