Im Neckartal will ThyssenKrupp Elevators den 235 Meter hohen Test-Turm bauen. Der Gemeinderat stellte gestern die baurechtlichen Weichen. Foto: dpa

An Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan entfacht sich hitzige Debatte. Test-Turm im Neckartal.

Rottweil - Von Niederungen wie Schaukämpfen, Stolpersteinen, Blankoschecks und fehlender Sorgfalt war gestern Abend im Gemeinderat die Rede. Dabei sollte es eigentlich hoch hinaus gehen: mit dem Test-Turm auf 235 Meter Höhe.

Gegen die fünf Stimmen der FFRundPRoFI-Fraktion brachte der Gemeinderat gestern nach einer teilweise hitzigen Debatte die Mühlen in Gang, um die baurechtlichen Voraussetzungen für den Test-Turm von ThyssenKrupp Elevator im Neckartal zu schaffen. Ein "Aufstellungsbeschluss für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan" gehört normalerweise nicht zu den Themen, die für Erregung sorgen. Und auch die Vorzeichen ließen dies nicht unbedingt erwarten: Anfang Mai waren die Bürger mit einer Informationsveranstaltung ins Bild gesetzt worden, auch die Behördenbeteiligung läuft bereits – Oberbürgermeister Ralf Broß sah die Positionen im Gemeinderat deshalb gar nicht so weit auseinander und versuchte sich im Brückenschlagen.

Unterstellungen türmen sich zu Hürden auf

Doch dann türmten sich in der Sitzung Unterstellungen, Vorhaltungen und Vermutungen zu unüberwindbaren Hürden auf und ließen den OB fast die Contenance verlieren. Am Dienstag hatten FFRundPRoFI einen Antrag eingereicht, um ein beschleunigtes und vereinfachtes Verfahren zu verhindern, Bürger und Behörden frühzeitig zu beteiligen sowie Umwelt- und städtebaulichen Belangen besondere Sorgfalt zuteil werden zu lassen. Die Erklärungsversuche vonseiten des OBs, von Fachbereichsleiter Lothar Huber und der anderen Stadtratsfraktionen, dass eine Entscheidung über die Art des Verfahrens erst im nächsten Schritt anstehe und über den Antrag deshalb gestern weder entschieden werden könne noch müsse, zeigten keine Wirkung. Nach einer zehnminütigen Sitzungsunterbrechung bekräftigte Sprecherin Marianne Wucher, ihre Fraktion halte daran fest: "Wir wollen den Antrag heute zur Abstimmung bringen." Broß’ Einleitung, das "Thema des Antrags ist heute nicht auf der Tagesordnung" und der Antrag werde deshalb in der nächsten Sitzung des Gemeinderats behandelt, war zuvor offenbar ungehört verhallt.

Nachklingen dürften hingegen die Worte von Max Burger (FFRundPRoFI) in manchen Ohren, der im Kampf um den Antrag an die gebotene Sorgfaltspflicht der Stadt erinnert hatte. Energisch wies OB Broß zurück, dass es einen Blankoscheck für das Bauvorhaben gebe oder die Verwaltung die Sorgfalt vermissen lasse. In diesem Moment war es dann vorbei mit dem Bemühungen in Sachen Brückenbau.

Günter Posselt (CDU), Winfried Wössner (SPD), Walter Stegmann (FWV) und Claudia Wankmüller (FDP) haben es in der Diskussion bei kurzen Erklärungen belassen, die Rechtssicherheit des Verfahrens habe oberste Priorität. Dass das Regierungspräsidium deshalb gefragt ist, wie Broß informierte, ob im konkreten Fall ein beschleunigtes oder ein normales Verfahren für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan anzuraten ist, werde folglich einhellig begrüßt.

Gerade dass die Positionen im Grunde gar nicht so weit auseinander liegen, ließ bei Karl-Heinz Weiss (FWV) die Vermutung aufkeimen, der Antrag von FFRundPRoFI haben vornehmlich einen Zweck: Es sei angesichts des großen Rückhalts in der Bevölkerung der Versuch, dem Projekt "Stolpersteine in den Weg zu legen". Burger bestritt das und verteidigte den Antrag als Bemühen, zu verhindern, dass die Stadt mit einem vermeintlich beschleunigten Verfahren auf "sehr, sehr dünnes Eis" gerate.

Es sei nun mal ein Beschluss zu einer für "Rottweil großen und wichtigen Maßnahme", mahnte Wössner, den Bürgern gegenüber für Klarheit und nicht für Verwirrung zu sorgen. Indirekt warf er den Kollegen der Nachbarfraktion vor, Schaukämpfe abzuliefern, obwohl sich doch eigentlich "alle einig sind, dass im Verfahren alle Belange auf den Tisch kommen müssen".

Inwieweit das bei den Bürgern, die die Sitzung gestern verfolgten, tatsächlich so angekommen ist, darf bezweifelt werden. Eine Handvoll Frauen aus dem Gewerbepark Neckartal verließ nach dem Aufstellungsbeschluss schockiert und gleichermaßen frustriert den Sitzungssaal im Dachgeschoss. Zuvor hatten sie wegen der Stimmung im Rat darauf verzichtet, sich in der Bürgerfragestunde zu Wort zu melden. Für den Weg aus dem Neuen Rathaus wählten sich dann demonstrativ das Treppenhaus: "Aufzüge werden ab heute boykottiert."