Keine halben Sachen: Jörg Stauss saniert das Gebäude in der Unteren Hauptstraße 51 umfassend. Unter den alten Dielenböden fanden sich Zeitungen aus den Jahren 1888 und 1902. Foto: Otto

Jörg Stauss packt an. Historische Elemente sollen erhalten bleiben. Geschäft wird erweitert.

Rottweil - Auf den ersten Blick sieht das Gerüst am Geschäftshaus von Jörg Stauss nach einer Fassadensanierung aus. Erst der Blick hinter die Kulissen zeigt das ganze Ausmaß: Die oberen Etagen sind quasi entkernt, das Geschäft wird erweitert und moderne Wohnungen entstehen. Ein Mammutprojekt, unterstützt durch das aktuelle Förderprogramm.

Beim Gang durch die Baustelle in der Unteren Hauptstraße ist Vorsicht geboten. Das Fachwerk liegt frei, zwischen den Tragbalken darf kein Schritt daneben gehen. "Sonst landen wir unten im Ladengeschäft", schmunzelt Stauss. Er hat die Maßnahme rund zwei Jahre lang geplant und bis ins Kleinste ausgetüftelt, wie die Besonderheiten des alten Gebäudes mit modernsten Ansprüchen verbunden werden können. Im ersten Stock erweitert er sein Ladengeschäft "Auge & Ohr" und schafft so mehr Platz für den Bereich Hörgeräte-Akustik und hochmoderne Messtechnik. Weiter oben entsteht eine Wohnung über zwei Etagen auf rund 160 Quadratmetern Fläche. Ein Aufzug wird alle Ebenen miteinander verbinden. Zu- und Ableitungen, Heiztechnik, Fenster, Böden, Wände, ein Balkon zum Innenhof hin – alles muss neu gemacht werden. Dabei legt Stauss Wert darauf, alte Elemente wie die Holzdielen, das Fachwerk oder vereinzelt freigelegtes Mauerwerk in das künftige moderne Ambiente zu integrieren. Auch die alten Türen stehen fein säuberlich in einer Ecke und sollen wieder zu Ehren kommen.

Sanierung passt in Förderprogramm

Dass diese Maßnahme nun genau ins Förderprogramm für das "Sanierungsgebiet Stadtmitte" passt, freut den Bauherrn natürlich. Voraussetzung für die finanzielle Unterstützung ist, dass die Gebäudesubstanz nachhaltig verbessert und ein Mehrwert geschaffen wird. "Das ist hier absolut der Fall", so Stauss. Die Begleitung des Projekts durch die Stadt habe gut funktioniert, und auch alle kniffligen brandschutzrechtlichen Fragen konnten letztlich gelöst werden. Rund 75 000 Euro fließen nun an Fördermitteln in den Umbau. Insgesamt allerdings, schmunzelt Stauss mit Blick auf die Gesamtinvestition, hätte er natürlich auch zweimal neu bauen können. Doch sein Herz hängt an der Innenstadt – und der 53-Jährige wollte so umfassend sanieren, "dass ich später nichts mehr machen muss."

Seit Dezember laufen die Arbeiten – während des normalen Geschäftsbetriebs – und immer wieder zeigt sich: So ein Gebäude birgt allerhand Überraschungen. Erfahrungen hat Stauss, der das Haus 2006 gekauft hat, schon beim ersten Umbau 2011 gesammelt. Damals hat er unter anderem die Treppe in den hinteren Gebäudeteil verlagert und einen Eingang von der Rückseite her geschaffen.

Apropos Rückseite: Auch das Hinterhaus zur Metzgergasse hin ist Teil des Sanierungsprojekts. Hier wird das Dach erneuert, eine Zwei-Zimmer-Wohnung – zugänglich über eine Brücke durch den Innenhof – entsteht. "Das wird richtig gut", freut sich Stauss. Er will auch die Fassade am Hintereingang ansprechender gestalten: Ein schmales Holzvordach und Einfassungen der Fenster nach historischem Vorbild sollen das Gesamtbild abrunden. Einen neuen Anstrich gibt es natürlich auch – nur in welcher Farbe, ist noch nicht entschieden. Auch da ist – wie bei der ganzen Sanierung – Fingerspitzengefühl gefragt.