Kreis Rottweil - Er ist höher als der Stuttgarter Fernsehturm, bündelt hochmoderne Technologie und soll in Rottweil stehen: Das Unternehmen ThyssenKrupp Elevator plant, im Neckartal einen 235 Meter hohen Test-Turm für Aufzüge zu bauen. Kosten: rund 40 Millionen Euro.

Eine Nachricht, die nicht nur für Rottweil, sondern für die ganze Region von Bedeutung ist. Das weltweit agierende Unternehmen ThyssenKrupp Elevator mit Sitz in Essen hat das Rottweiler Neckartal für ein Prestige-Projekt ausgewählt, das seinesgleichen sucht. Mit dem 235-Meter-Turm soll es möglich sein, neuste Entwicklungen für Hochgeschwindigkeitsaufzüge zu testen – und diese nicht zuletzt Kunden aus aller Welt vor Ort zu präsentieren.

Rottweils Oberbürgermeister Ralf Broß ließ beim gestrigen Pressegespräch keinen Zweifel, dass er alles daran setzen werde, um dieses Projekt am Standort Rottweil zu realisieren: "ThyssenKrupp ist bei uns hochwillkommen. Diese Investition bedeutet eine nachhaltige Stärkung des Wirtschaftsstandorts Rottweil auf der Innovationsachse Stuttgart – Zürich", so Broß.

Und auch Alexander Keller von ThyssenKrupp Elevator, verantwortlich für Nord-, Mittel- und Osteuropa, machte keinen Hehl daraus, dass Rottweil der absolut favorisierte Standort für das Unternehmen ist. Ausschlaggebende Gründe seien die Einbindung in den Hightech-Gürtel rund um Stuttgart, die Nähe zum Technologiepark des Unternehmens in Neuhausen auf den Fildern sowie der "in Rottweil spürbare politische Wille, dieses herausragende Projekt zu realisieren".

Marianne Wucher (FFRundPRoFi): Die Entwicklung des Gewerbeparks Neckartal erfolgte schrittweise: erst die Urbanisierung, dann die Nutzung des Gebäudebestandes und jetzt die Neuansiedlung auf der Restfläche als logische Folge. Diese Top-Ansiedlung könnte für unsere Stadt Potenzial für Tourismus und Wirtschaft bieten. Wir begrüßen das Vorgehen, vor der Gemeinderatsabstimmung die Bevölkerung bald zu informieren und anzuhören und sind gespannt auf einen regen Meinungsaustausch.

Durch den Rottweiler Architekten Alfons Bürk, der mit dem Unternehmen in Neuhausen zusammenarbeitet und der in Rottweil für die Neuordnung des alten Rhodia-Geländes zuständig war, rückte schließlich die älteste Stadt Baden-Württembergs in den Fokus. Hier sei nicht nur die Lage im Gewerbepark Neckartal günstig, der Untergrund biete auch absolut ideale Voraussetzung. Und es dürfe nicht vergessen werden, so Alexander Keller, dass die Strecke von Rottweil beispielsweise zum Züricher Flughafen für Kunden und Mitarbeiter "quasi nichts" ist, wenn man bedenke, dass man in Städten wie Shanghai oder Toronto gut und gerne drei Stunden bis zum Ziel in der gleichen Stadt braucht.

Doch zurück nach Rottweil: Im neuen Testturm im Neckartal – das Grundstück in direkter Nachbarschaft zu IndyKart-Bahn gehört der Trendfactory – sollen gemäß Konzept zehn Aufzugsschächte entstehen, von denen fünf bis zur Mitte, die restlichen bis ganz nach oben führen. Die Förderhöhe beträgt 200 Meter, oben ist Platz für Messeinrichtungen sowie einen repräsentativer Bereich für Kunden. Die Stahlkonstruktion außen soll laut Gerhard Thumm Schwingungen und Schwankungen dämpfen, dem Bau aber auch ein leichtes und filigranes Erscheinungsbild geben.

Touristische Nutzungist möglich

Eine Aussichtsplattform, eventuell sogar eine gastronomische Nutzung, sei ebenfalls denkbar. Eine Möglichkeit, an der die Stadt überaus interessiert ist, auch wenn Alexander Keller betont, dass die Botschaft des Projekts "Investition in Forschung und Entwicklung" lautet – und zwar mit weltweiter Ausstrahlung.

Dass die Aussichtsplattform wirklich Aussicht bieten wird, ist keine Frage: Obwohl der Turm im Tal steht, wird er mit Abstand der höchste Turm Rottweils werden – knapp 90 Meter höher als der Hochturm. Von Seiten der Stadt wird betont, dass der Neubau durch den großen Abstand "nicht in ein direktes Konkurrenzverhältnis zur Innenstadt" treten wird.

Und schließlich, so Oberbürgermeister Broß, sei Rottweil seit dem Mittelalter eine "Stadt der Türme", in der sich nun Historie und Innovation verbinden. Für ihn ist klar: Mit dem Projekt positioniere sich Rottweil als eine der Zukunft aufgeschlossene Stadt. Die Ansiedlung von ThyssenKrupp Elevator sei ein wichtiger Impuls für die wirtschaftliche Weiterentwicklung und "eine große Chance".

Geht es nach ihm und dem Unternehmen, könnte schon Ende dieses Jahres Baubeginn sein. Gerhard Thumm von ThyssenKrupp rechnet mit einer Bauzeit von zwei Jahren und der Fertigstellung 2016. Bis zu 100 Menschen werden in der Bauphase mit dem Projekt beschäftigt sein. Für den Betrieb sind fünf feste Mitarbeiter geplant, durch Schulungen und Kundenpräsentationen seien im Durchschnitt bis zu 40 Leute vor Ort. Jetzt sei man gespannt, so Alexander Keller, "wie das Projekt in der Region aufgenommen wird" und welche Signale dadurch an die Konzernspitze nach Essen gehen.

Der Gemeinderat wurde am Mittwochabend nicht öffentlich über das Vorhaben informiert und habe laut Broß "seine Zustimmung signalisiert". Der "Power-Tower", so der Arbeitstitel im Rathaus, habe jetzt "Priorität Nummer eins". u Die Bürger sollen frühzeitig in das Projekt einbezogen werden. ThyssenKrupp Elevator und die Stadt laden deshalb zu einer gemeinsamen Infoveranstaltung am Montag, 6. Mai, ab 19 Uhr in den Kapuziner ein. Danach wird sich der Gemeinderat erneut mit dem Thema befassen.

Seite 2: Stimmen aus dem Gemeinderat

Die Fraktionssprecher im Gemeinderat äußern sich zum geplanten Turm:

Günter Posselt (CDU): Ein weltweit tätiges Unternehmen im Bereich der Hochtechnologie zeigt großes Interesse am Standort Rottweil. Dies begrüße ich ausdrücklich und sehe dies als ersten Schritt. Der markante Turm – dessen Größe und Optik sicherlich noch Diskussionsstoff bringen wird – kann ein neues Symbol für den Aufbruch der ältesten Stadt Baden-Württembergs zum modernen Wirtschaftsstandort werden. Die Lage des Turms ist meines Erachtens weit genug von der historischen Innenstadt entfernt, so dass diese nicht leiden wird.

Hermann Breucha (FWV/Stellvertreter): Wir sehen das Projekt positiv und insgesamt steckt hohes Entwicklungspotenzial für die Stadt in dieser Sache. Der Standort im Gewerbepark passt unserer Ansicht nach. Um die stramme Zeitschiene zu bewältigen, müssen jetzt alle Kräfte in der Verwaltung gebündelt werden. Der Turm könnte durchaus ein neues Wahrzeichen für Rottweil werden, wobei die touristische Nutzung absolut wünschenswert wäre.

Winfried Wössner (SPD): Die SPD-Fraktion sieht die Entwicklung im Neckartal grundsätzlich positiv. Es ist natürlich auch klar, dass wir insgesamt bei der weiteren Planung in Details und in die Diskussion gehen werden. Vom Grundsatz her ist diese Idee spannend. Der Bau dieses Turmes könnte für Rottweil Synergieeffekte mit sich bringen. So eine Ansiedlung von Thyssen-Krupp hat natürlich überregionale Wirkung.

Gerhard Aden (FDP): Unsere Fraktion befürwortet dieses Zukunftsprojekt, weil wir hoffen, dass dieses Bauwerk, das in seiner Art einzigartig in Europa ist, zu einem weiteren Alleinstellungsmerkmal und Anziehungspunkt für Rottweil wird. Außerdem gehen wir davon aus, dass sich im Gefolge dieses Bauwerks weitere Hochtechnologie in Rottweil ansiedelt. Rottweil wird durch diese Millioneninvestition weit über seine Grenzen bekannt werden und Touristen und vielleicht auch Investoren anlocken. Die Verbindung von Mittelalter und Moderne kann ein einzigartiges Ambiente schaffen.

Marianne Wucher (FFRundPRoFi): Die Entwicklung des Gewerbeparks Neckartal erfolgte schrittweise: erst die Urbanisierung, dann die Nutzung des Gebäudebestandes und jetzt die Neuansiedlung auf der Restfläche als logische Folge. Diese Top-Ansiedlung könnte für unsere Stadt Potenzial für Tourismus und Wirtschaft bieten. Wir begrüßen das Vorgehen, vor der Gemeinderatsabstimmung die Bevölkerung bald zu informieren und anzuhören und sind gespannt auf einen regen Meinungsaustausch.

Kommentar: Ein echter Coup

Von Corinne Otto

Es ist ein echter Coup, den die Stadt da am Donnerstag präsentierte: Wenn ein Unternehmen 40 Millionen Euro investieren will, ist das schon eine höchst erfreuliche Nachricht. Wenn es sich dabei aber noch um ein Projekt mit derartiger Strahlkraft handelt, ist das schon eine Sensation. Ein weltweit agierendes Unternehmen will seine neusten Technologien künftig in Rottweil testen – in einem Turm, der höher ist als der Stuttgarter Fernsehturm und sich als touristisches Ziel ganz hervorragend eignet.

Ganz abgesehen davon, dass die Kunden und Mitarbeiter aus aller Welt, die sich im Rottweiler »Power-Tower« mit der neusten Aufzugstechnik beschäftigen, auch in der Stadt essen, schlafen und sich vielleicht sogar amüsieren wollen. Dass der neue Turm höher sein wird als alle anderen in der Stadt, darf kein Hinderungsgrund sein. Das muss ein Zeichen sein!