Auch wenn er nicht ins Neckartal kommt: Der Testturm von ThyssenKrupp auf dem Berner Feld wird aus dem Gewerbepark gut zu sehen sein. Foto: ThyssenKrupp

Bebauungsplan wird öffentlich diskutiert. Regierungspräsidium äußert sich zu Denkmalschutz: Gesamtensemble zerstört.

Rottweil - Der Bebauungsplan für den Testturm von ThyssenKrupp wird nun öffentlich zur Diskussion gestellt. Hauptstreitthema dabei ist der Denkmalschutz. Nach der Sommerpause steht die Entscheidung an.

Der Turm auf dem Berner Feld würde eine "neue Dominante in Konkurrenz zur historischen Bebauung bilden", zitiert Heide Friederichs (FFRundPRoFi) in der Sitzung des Gemeinderats am Mittwochabend die Stellungnahme der Denkmalschützer des Regierungspräsidiums und führt deren Bedenken ins Feld: Das besonders erhaltenswerte Gesamtensemble wäre mit dem Turm nicht mehr in dem Maße erlebbar, wie ohne ihn.

Für Friederichs und die weiteren Mitglieder ihrer Fraktion lieferte das Grund genug, gestern gegen die Offenlage des Bebauungsplan-Entwurfs zu stimmen. Arved Sassnick (SPD) ging nicht so weit. Er nannte es lediglich ein "kitzeliges" Thema. Doch die Bewertung der Auswirkungen auf das Stadtbild stand gestern weder in der vorangegangenen Sitzung des Umwelt-, Bau- und Verkehrsausschusses noch in der des Gemeinderates an. Dieser Frage hat sich das Gremium in der neu gewählten Zusammensetzung nach der Sommerpause zu stellen, wenn der Abschluss des Bebauungsplanverfahrens auf die Tagesordnung rückt.

Dass der Schutz der Kulturdenkmäler in der Innenstadt und des historischen Stadtkerns insgesamt dann ein zentrales Thema sein wird, machten auch Günter Posselt (CDU) und Hermann Breucha (FWV) deutlich. "Wie steht dieser Turm in Verhältnis zu unserer denkmalgeschützten Kernstadt", fragt sich Posselt im Bewusstsein, dass gerade die Einbindung des Baus in die Landschaft vom Gemeinderat gegenüber den Bürgern zu verantworten sein wird. Indes: Von den Rottweiler Nachbargemeinden gebe es vor allem Glückwünsche zu dem Vorhaben, was Posselt der Hoffnung auf eine Aufbruchstimmung durch das Turmprojekt zuschreibt. Und auch Breucha steht dem Vorhaben, "das unsere Stadt maßgeblich verändern wird", positiv gegenüber.

Eine erhebliche Beeinträchtigung des Stadtbilds, die dann die Denkmalschützer auf den Plan rufen würde, macht Hermann Breucha jedenfalls nicht aus – wenn die Außengestaltung des Turms entsprechend gewählt wird. Oberbürgermeister Ralf Broß wie auch Fachbereichsleiter Lothar Huber machten gestern Abend wiederholt auf die Begrifflichkeiten aufmerksam. Wenn also Marianne Wucher (FFRundPRoFi) die "erhebliche Veränderung" des Stadtbilds zitiert, übersetzt Broß: "Man sieht den Turm, will das Regierungspräsidium damit sagen." Eine "Veränderung" sei eben noch keine "Beeinträchtigung".

Ausführlich vorgestellt haben die Fachplaner gestern den Entwurf des Bebauungsplans und die bisher eingegangenen Anregungen der beteiligten Behörden. Für manchen scheidenden Gemeinderat war es also ein langer Abschied. Fast viereinhalb Stunden zogen sich die Ausschuss- und die anschließende Gemeinderatssitzung hin. Thema waren dabei auch die Vorschläge für Ausgleichsmaßnahmen aus dem Umweltbericht. Drei Projekte sind angedacht: eine Pflegemaßnahme am Hang des Stadtgrabens, die Revitalisierung des Kriegsdamms beim Nägelesgraben und die Verbindung vom Berner Feld zur Innenstadt, wo ein Teil der ehemaligen B 27 rückgebaut und damit entsiegelt werden soll. Landschaftsarchitekt Markus Wolf vom Büro Planstatt Senner weckte damit nicht nur bei Breucha Begeisterung. Das seien Ausgleichsmaßnahmen, von denen der Bürger vor Ort wirklich etwas habe, freute er sich.

Für Sassnick hingegen war es erneut ein "kitzeliges Thema". Auf den Bau des Turms auf dem Berner Feld mit Projekten im Stadtkern zu reagieren, sei doch etwa so, wie das verbeulte Gesicht eines Boxers durch eine Zehenmaniküre ausgleichen zu wollen.