Auf dem Berner Feld kann es losgehen. Am Mittwoch verabschiedete der Gemeinderat der Stadt Rottweil die Änderung des Bebauungsplans. Damit steht heute dem Spatenstich für den Bau des 246 Meter hohen Test- und Entwicklungsturms von ThyssenKrupp Elevator und der Enthüllung des Bauschilds nichts mehr im Weg. Foto: Nädele

Gemeinderat macht bei drei Gegenstimmen Weg für Baugenehmigung frei. Kritiker: Turm bedeutet Zäsur für Rottweil.

Rottweil - Kurz vor 19.30 Uhr war es am Mittwochabend so weit: Der Gemeinderat hat bei drei Gegenstimmen den Weg für die Baugenehmigung frei gemacht. Der Spatenstich für den Test-Turm auf dem Berner Feld kann heute Nachmittag stattfinden.

Das letzte Wort hatte Alexander Keller, Europachef von ThyssenKrupp Elevator, der sich die entscheidende Sitzung nicht entgehen ließ. Man habe nun die Chance, etwas Herausragendes, etwas Bedeutendes zu schaffen, sprach er von einem besonderen Tag für ThyssenKrupp wie für ThyssenKrupp Elevator – aber auch für die Region und die Stadt Rottweil. "Das ist nun kein Ende, sondern ein Startpunkt", meinte er mit Blick auf den heute anstehenden Spatenstich für das 40-Millionen-Euro-Projekt.

Zuvor hat sich der Gemeinderat mit 22 Ja- und drei Nein-Stimmen für den Bau des 246 Meter hohen Turms ausgesprochen. Notwendig war dazu noch die Änderung des Bebauungsplans – unter anderem wegen der maximal zulässigen Gebäudehöhe.

Schon in der Diskussion wurde die Aufbruchstimmung deutlich. "Nicht mehr gackern, sondern Eier legen" sei nun angesagt, meinte FWV-Stadtrat Hermann Breucha. Und auch Michael Hezel (SPD) und Jens Jäger stimmten in den Kanon derer ein, die sich freuen, dass es jetzt endlich losgeht.

Ausreichend habe sich der Gemeinderat im Laufe des zurückliegenden Jahres mit dem Für und Wider auseinandergesetzt, zog Michael Gerlich (FDP) Bilanz. Mit dem Turm mache Rottweil architektonisch endlich den Schritt in dieses Jahrhundert. "Viele Aufgaben liegen noch vor uns", hob er vor allem auf die touristische Anbindung an die Innenstadt ab.

Heide Friederichs (FFR) stellte die Belange des Denkmalschutzes über die wirtschaftlichen Fragen. Die Wirkung des Bauwerks auf das "einmalige geschlossene Ensemble der Innenstadt, eingebettet in eine intakte Landschaft" bewertet sie persönlich deshalb anders als die Mehrheit im Rat.

Der Turm bedeute eine Zäsur für Rottweil, so Jürgen Mehl (SPD), der die zweite der drei Gegenstimmen abgab. Das Gesicht der Stadt werde sich verändern, beklagte er, dass das "bisher unverwechselbare Bild eingetauscht" werde gegen das Bauwerk.

CDU-Fraktionssprecher Günter Posselt griff das auf. Rottweil werde eine neue Silhouette bekommen. Statt von einer Zäsur wolle er aber von einem Aufbruch sprechen. Rottweil werde sich "von der bisherigen Beamtenstadt zu einem Standort für die Entwicklung von Hochtechnologie" wandeln, ist er sich sicher.

Wie zuvor schon Oberbürgermeister Ralf Broß antwortete er auf die immer wieder öffentlich geäußerte Kritik, die Stadt habe sich von ThyssenKrupp über den Tisch ziehen lassen. Er habe vielmehr einen Prozess erlebt, "der sehr offen und partnerschaftlich war und bis heute geblieben ist". Turmgegnern wie Ute Bott, die gestern in der Bürgerfragestunde beklagt hatte, sich in den Gemeinderatssitzungen und Bürgerversammlungen nie willkommen gefühlt zu haben, reichte Posselt die Hand. Ihre Anregungen seien stets ernst genommen und bei der Abwägung berücksichtigt worden. Auch Breucha sprach von "wertvollen Auseinandersetzungen mit den Kritikern" und Reiner Hils (FFR) bedankte sich bei ihnen für das "hartnäckige Nachhaken".

Auch wenn die Grünen-Räte Jochen Baumann und Ingeborg Gekle-Maier meinen, dass "mehr drin gewesen wäre für die nachfolgenden Generationen" und Stadtverwaltung wie auch Gemeinderat der nötige Mut gefehlt habe, überwiegen für sie die Chancen, die das Turmprojekt Rottweil eröffne. Ihr Fraktionskollege Hubert Nowack blieb mit seiner Ablehnung also allein. Er stimmte gegen den Bebauungsplan, da er nach wie vor den Turm lieber an einer anderen Stelle gesehen hätte: im Inkom.

Von "einer Diskussion, die der Sache angemessen ist", sprach Alexander Keller und bekannte, dass er auch konzernintern viele Debatten habe führen müssen. "Große Dankbarkeit, großen Respekt und viel Demut" waren denn gestern Abend seine Gefühle, als die Beschlüsse zur Abwägung und zur Satzung des Bebauungsplans gefasst waren. Nun gelte es, dieser Verantwortung gerecht zu werden.