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Ja des Gemeinderats zum Kindergarten besiegelt das Ende der Kinderbetreuung TigeR.

Rottweil-Zepfenhan - Ehrlichkeit, Feinfühligkeit, Respekt – Schildchen im ehemaligen Kindergarten in Zepfenhan zeigen, was die Tageseltern hier den Kleinen vermitteln wollen. Doch nun steht die TigeR-Betreuung vor dem Aus – weil es nicht alle Erwachsenen mit solchen Werten besonders ernst nehmen.

Ohne Gegenstimme, lediglich mit den Enthaltungen der CDU-Fraktionsmitglieder, biegt der Gemeinderat vergangene Woche auf die Zielgerade für ein Vorhaben, das in Zepfenhan viele seit Jahren umgetrieben hat: Der Kindergarten soll in seinen alten Räumen wieder eröffnet werden mit einer Ü3-Regelgruppe für Kinder ab dem dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt. Das klingt nach einer guten Nachricht für den Rottweiler Ortsteil.

Indes: Es jubelt nicht jeder, denn würden die Stadträte in ihrer Sitzung am Mittwochabend die Entscheidung bestätigen, wäre das Ende der Kinderbetreuung TigeR in Zepfenhan besiegelt. Die beiden Tageseltern, die seit 2017 im ehemaligen Kindergartengebäude an der Lederstraße begleitet vom Tagesmütter- und Elternverein des Landkreises nach den Unter-Dreijährigen schauen, wären ab 1. Oktober arbeitslos. Für die derzeit sechs Kinder zwischen eineinhalb und drei Jahren fiele die Betreuung in Zepfenhan ersatzlos weg.

Anneliese Bendigkeit, die Vorsitzende des Tagesmütter- und Elternvereins, kann es immer noch nicht fassen. "So geht man doch nicht miteinander um", zeigt sie sich bitterlich enttäuscht. Mittlerweile weiß sie, dass schon seit vergangenem Jahr Gespräche gelaufen, im Hintergrund Weichen gestellt worden sind, was nun im gemeinsamen Antrag von Grünen, Freien Wählern, FFR und FDP gipfelte. Doch weder mit dem Verein noch mit den betroffenen Tageseltern sei im Vorfeld das Gespräch gesucht worden. Bendigkeit hat per E-Mail an dem Tag vom gemeinsamen Vorstoß der vier Rottweiler Stadtratsfraktionen erfahren, als der Antrag an Oberbürgermeister Ralf Broß abgeschickt worden war. Ehrlichkeit, Feinfühligkeit, Respekt sind da nicht gerade Werte, die der Vorsitzenden in den Sinn kommen. Auf die Bitte nach einer gemeinsamen Gesprächsrunde mit den Eltern der betreuten Kinder, den TigeR-Tageseltern und dem Verein gab es laut Bendigkeit vom Ortschaftsrat eine Absage.

Nur ein Mittel zum Zweck gewesen

Einen Versuch, mit den Betroffenen nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen, habe es nie gegeben. Dass sowohl Kindergarten und Tageseltern die Räume nutzen, sei nicht möglich. "Wir kennen uns aus, wie die Gesetze und Bestimmungen sind", hätte die bundesweit in Sachen Tagesmütter engagierte Frau gerne mit Rat und Tat geholfen. Stattdessen festigen die jüngsten Erlebnisse ihren Eindruck, dass die Kinderbetreuung TigeR in Zepfenhan nur als Mittel zum Zweck benötigt worden sei. Schließlich sei damals die Entscheidung angestanden, ob das Gebäude für die Aufnahme von Flüchtlingen umgebaut werden soll. Das hätte die Kindergarten-Wiedereröffnungsträume im Ortsteil quasi in unerreichbare Ferne gerückt. Dass dann der Tagesmütter- und Elternverein aktiviert werden konnte, der jetzt Mieter der Räumlichkeiten ist, hat hingegen den Status quo erhalten.

Der Verein habe seither in die Räume und die Ausstattung investiert, so dass 2017 schließlich Jugendamt, Gesundheitsamt und Feuerwehr grünes Licht gegeben hätten. Anneliese Bendigkeit war gerade soweit, dass sie Firmen dafür gewonnen hatte, ein stattliches Klettergerüst mit Rutsche und Schaukeln als Spenden im Garten aufzustellen. Gespräche mit der Stadtverwaltung dazu liefen schon. Nun hat Bendigkeit die Sache rückgängig gemacht. Und sie hat auf die Beratung im Rottweiler Gemeinderat hin vergangene Woche auch reagiert und den Mietvertrag zum 30. September gekündigt. "Mit Zepfenhan, mit dieser unehrlichen Art, will ich einfach nichts mehr zu tun haben. So geht man einfach nicht miteinander um", macht sie ihrer großen Enttäuschung Luft.

Die beiden Tageseltern, die in Zepfenhan in einer familienähnlichen Struktur die Betreuung der Kinder unter drei Jahren übernommen haben, sind nicht nur enttäuscht. Sie treibt die blanke Angst um, ab 1. Oktober ohne Job dazustehen. Das Verständnis für die Situation der Gemeinde, um das Ortsvorsteher Eugen Mager sie gebeten habe, bringen sie deshalb nicht auf. Im Moment klammern sie sich an den Strohhalm, dass sich in Neukirch eine Lösung auftut. Dort werden im Moment Räume gesucht, um das TigeR-Betreuungsangebot an neuer Adresse aufrecht zu erhalten.

Die Hoffnung auf die Stadträte

Und sie haben die kleine Hoffnung, dass Stadträte morgen Abend ihre Entscheidung überdenken, denn bei einer zusätzlichen Kleingruppe in Neukirch könnte das Angebot für die jüngeren Kinder vor Ort in Zepfenhan aufrecht erhalten werden. Verständnis, in der Gesellschaft zurecht finden, Einfühlungsvermögen – das sind drei weitere Werte auf den Schildchen über der Garderobe.