Die vier möglichen JVA-Standorte auf Rottweiler Gemarkung und der Hinweis in Pfeilen, wo Widerstand gegen diese Standorte zu erwarten ist. Foto: openstreetmap / Montage: Rörsch

Wirtschaftsministerium sagt: Risiken im Baugrund sind Ausschlussgrund. Probleme in Weigheim geringer. Mit Kommentar.

Rottweil - Wo nun bitteschön soll in Rottweil das neue Gefängnis hingestellt werden? Eine klare Antwort hat der Gemeinderat gegeben. Sie fällt ähnlich aus wie vor 40 Jahren: am liebsten auf den Stallberg. Doch daraus wird nichts werden. Stuttgart schließt diesen Standort weiterhin aus.

Vom Gemeinderatsbeschluss am Mittwochabend gehen mehrere politische Signale aus. Eines soll die Landeshauptstadt Stuttgart erreichen und lautet: "Wir wollen das Gefängnis, basta." Manche hier in der Stadt hätten den Eindruck, dass dieses Signal in Stuttgart noch nicht angekommen ist, sagt Oberbürgermeister Ralf Broß. Es ist.

Im Gegenzug, so der OB, erwarte man vom Land eine Reaktion, eine Entscheidung, wo das neue Großgefängnis gebaut wird. Denn Rottweil ist (noch) nicht am Zug. Weigheim, Ortsteil von Villingen-Schwenningen, will auch die Justizvollzugsanstalt (JVA) haben, nachdem Tuningens Bürger eine JVA vor ihrer Tür abgelehnt haben. In Weigheim will das Land weitere Untersuchungen anstellen.

Diese werden nötig sein, denn Weigheim hat mit seinem Standort ein ähnliches Problem wie Rottweil mit dem Stallberg. Der Untergrund ist nicht ganz einfach. Es wird Mehrkosten geben.

Deshalb fordert der Gemeinderat, der nur den Stallberg als einen von vier möglichen Rottweiler Grundstücken einstimmig unterstützt: Stuttgart solle endlich den Baugrund am Stallberg genauer unter die Lupe nehmen und ermitteln, was es kosten würde, wenn dort gebaut würde.

Seit Jahren steht ein Diktum im Raum: "Das Land baut nicht auf Gips." Der inzwischen ausgeschiedene Ministerialdirigent Thomas Knödler vom Finanzministerium verwies Ende 2008 auf "mächtige Gipsschichten" und "große Hohlräume" auf dem Stallberg. Ob sich daran etwas geändert hat?

Vom Beschluss des Gemeinderats gehen weitere Signale aus: Sie erreichen die Gegner. Hochwald-Bewohner melden sich, nachdem sie entsprechende Informationen im Schwarzwälder Boten gelesen haben, am Mittwochmorgen auf der Kirbe zu Wort. Sie kündigen ihren Protest an – wie vor sechs Jahren.

Im Gemeinderat selbst werden Diskussionen geführt, die an die heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Hauptort und den beiden Ortsteilen Zepfenhan und Neukirch vor drei, vier Jahren erinnern.

Kein Wunder, denn mit Ingeborg Gekle-Maier und Jochen Baumann (beide Grüne) sitzen inzwischen zwei entschiedene Widersacher eines Großgefängnisses im Bitzwäldle im Rat. Beide haben eine JVA mit Unterstützung einer Bürgerinitiative und des neugewählten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) zu verhindern gewusst. Gekle-Maier wirft dem OB vor, die Menschen auf dem Hochwald wie damals die Bürger in Zepfenhan und Neukirch vor vollendete Tatsachen zu stellen, nicht mit ihnen zu sprechen.

Das fordert Widerspruch heraus. Walter Stegmann (Freie Wähler) weist darauf hin, dass man die Bürger in Zepfenhan und Neukirch habe mitnehmen wollen, "aber sie haben sich halt nicht mitnehmen lassen".

Es gibt ein weiteres Signal, das so klar nicht ist: Lediglich für den Stallberg gibt es die volle Stimmenzahl: 25. Die von der Stadtverwaltung wieder ins Spiel gebrachten Esch und Hochwald erhalten lediglich 19 Ja-Stimmen und sechs, beziehungsweise drei Gegenstimmen. Für das Bitzwäldle votieren 20 Gemeinderäte, fünf stimmen dagegen.

Es gibt eine weitere Botschaft: Der Gemeinderat zieht Lehren aus seiner jüngsten Geschichte. Denn vor fünf Jahren lehnte eine große Mehrheit Esch als Standort ab. Für Stegmann ist die jetzige Kehrtwende daher kein Widerspruch, sondern der Erfahrung geschuldet, wie man mit Rottweil in den vergangenen Jahren umgegangen ist. Deswegen ist er nun dafür, auch dem Esch das sogenannte kommunalpolitische Einvernehmen zu erteilen.

Es gibt auch ein unmissverständliches Signal aus Stuttgart. Das Finanz- und Wirtschaftsministerium betont auf Anfrage unserer Zeitung: "Die festgestellten Risiken (beim Untergrund des Stallbergs) sind für die Planung einer JVA mit ihren besonderen Anforderungen zu hoch. Die Risiken sind daher ein Ausschlussgrund". Weigheim bewertet das Ministerium weniger risikoreich: Dort gebe es Grundwasserstand und quellfähiges Material in Form von Pyrit. "In der Konsequenz ist der Baugrund besser geeignet als auf dem Stallberg, allerdings verbunden mit Mehrkosten."

Kommentar: Lange Leitung

Von Armin Schulz

Manche in der Stadt denken, die Landesregierung habe eine lange Leitung. Gut möglich. Vielleicht ist es aber auch ganz anders. Oberbürgermeister Ralf Broß kann von Stuttgart noch so energisch fordern, dass der Stallberg als möglicher Gefängnisstandort genauer untersucht werden soll, damit man weiß, was der Bau einer JVA mehr kosten würde. Das wird einfach nicht geschehen.

Es ist auch kaum damit zu rechnen, dass unter einer grün geführten Landesregierung das Bitzwäldle noch einmal zur Sprache kommt. Mit Esch und Hochwald indes bleiben zwei hochproblematische Standorte mit hohem Widerstandspotenzial übrig. Streit innerhalb der Stadt und mit den Nachbargemeinden wäre programmiert. Noch ist es nicht so weit. Zunächst ist Weigheim am Zug. Und wenn es dort klappt, geht Rottweil ganz leer aus: keine JVA, aber auch kein Streit.