Auf wackligen Füßen: Die Gäubahn – im Bild ein Intercity 2, der seit Dezember 2017 auf der Strecke Stuttgart – Zürich unterwegs ist – sollte ein wichtiger Zubringer für Rottweiler Gartenschau-Gäste aus dem Norden und Osten des Landes sein. Die Zugverbindung über Stuttgart in Richtung Horb, Rottweil und Zürich könnte 2028 aber wegen Gleisverlegungsarbeiten im Zuge von S 21 für Bahnreisenden nur mit umständlichen und zeitraubenden Handicaps möglich sein. Foto: Stratenschulte

Gäubahn Nadelöhr Thema im Parlament. Planer rechnen mit bis zu drei Jahren Verbindungs-Auszeit.

Rottweil - Gartenschau: Gäubahn nur halblebig? Als dies der Schwarzwälder Bote am 3. November 2018 mit Blick auf das in Rottweil für 2028 geplante Großereignis titelte, wirkte dies wie ein Stich ins Wespennest: Ein weiteres Kapitel um das scheinbar gefräßig das Geschehen diktierende Stuttgart 21 ist aufgeschlagen.

Dass die Stuttgarter Großbaustelle nämlich in zehn Jahren Besuchern aus dem Norden und Osten des Landes die Lust auf einen Rottweil-Besuch gründlich vergällen könnte, weil Zugfahrten zur großen Zumutung werden, ist angesichts der vielen, auch mit großen zeitlichen Unwägbarkeiten verbundenen Verwerfungen, die das anspruchsvolle Bauvorhaben mit sich bringt, mehr als nur ein Bauchgefühl.

Den vom Schwarzwälder Boten ins Spiel gebrachten Ball brachte der junge FDP-Abgeordnete Daniel Karrais postwendend in einer mündlichen Anfrage an die Landesregierung zur Geltung. Jetzt kam Verkehrsminister Winfried Hermann eigens ins Parlament, um zu der heiklen Thematik (mögliche Verzögerungen bei der Fertigstellung des Umbaus des Stuttgarter Streckenabschnitts Rohrer Kurve; siehe Infokasten) Stellung zu nehmen. Während der dortigen Bauarbeiten müssen Bahnreisende von Stuttgart nach Singen in Stuttgart-Vaihingen auf die S-Bahn umsteigen. In umgekehrter Richtung natürlich ebenso.

Laut Karrais kann der Verkehrsminister keine festen Termine zum derzeitigen Planungs- beziehungsweise Baufortschritten, die die Gäubahn-Situation betreffen, machen. Im Moment seien Planungen auch Gegenstand eines Gerichtsprozesses, mit Planfeststellungen sei man auch deshalb teilweise noch überhaupt nicht im grünen Bereich, gibt Karrais im Landtag gewonnene Erkenntnisse weiter. Zu der den Rottweiler Abgeordneten besonders interessierenden Frage, ob es wegen der Baustelle Rohrer Kurve zur Landesgartenschau 2028 in der ältesten Stadt Baden-Württembergs tatsächlich ein Nadelöhr Vaihingen geben könnte, ließ Hermann zunächst einmal wissen, dass die ursprünglichen Planungen, den Streckenabschnitt 2019 fertig zu stellen, nicht eingehalten werden können. Zugreisende müssten sich während der Bauzeit in jedem Fall auf Zeitverzögerungen und zusätzliche Umsteigehindernisse einstellen, betont Hermann. Dass der zu erwartende halblebige Zustand eben gerade auch für 2028 angesagt sein könnte, wisse heute niemand zu sagen. Natürlich sei aber auch der Bauherr Bahn an einem möglichst schnellen Abschluss des Projekts interessiert, sagt der Minister auch mit dem Verweis darauf, dass das Land kaum Einfluss auf Bauabwicklungen nehmen könne. Teurere Fahrtkosten wegen des Umstiegs auf die S-Bahn hätten die Reisenden indes nicht zu befürchten. Der neue Baden-Württemberg-Tarif gelte für alle öffentlichen Verkehrsmittel, und ein Ticket müsse nur einmal gelöst werden.

"Hätte man nicht so lange protestiert und früher mit dem Bau begonnen, hätten wir das Problem nicht", sagt Karrais nach der Fragerunde im Parlament und folgert: "Wir Abgeordnete entlang der Gäubahn müssen aufpassen, dass die Bahn das Versprechen, die Anbindung nach Stuttgart besser zu machen, auch einhält".

Info: Stoppsignal "Rohrer Kurve"

Die "Rohrer Kurve" soll im Rahmen von Stuttgart 21 im Bereich des Stuttgarter Stadtteils Rohr die aus Richtung Böblingen kommende Gäubahn (Stuttgart–Singen) mit der Bahnstrecke Stuttgart-Rohr – Filderstadt Richtung Flughafen Stuttgart verbinden. Für Züge aus Richtung Süden wird diese weitere Großbaustelle zum Stoppsignal. Reisende – von Zürich, Singen, Rottweil oder Horb kommend – müssen dann in Vaihingen auf die ohnehin stark ausgelastete S-Bahn umsteigen. Weitergehende überregionale Anschlüsse in Stuttgart drohen aufgrund des Zeitverlustes verloren zu gehen.

Entsprechend ist der Gäubahn-Verkehr während der "Operation Rohrer Kurve" in Richtung Rottweil/Zürich auch wieder erst ab Vaihingen verfügbar. Nachdem Planer für die Auszeit der Verbindung zunächst ein halbes Jahr angesetzt hatten, ist mittlerweile die Rede von mindestens ein bis zwei Jahren, manche sprechen gar schon von drei Jahren.