Der neu gestaltete Vorplatz der Kapelle auf dem Ruhe-Christi-Friedhof ist Gegenstand der Debatte.Foto: Otto Foto: Schwarzwälder Bote

Gemeinderat: OB Broß warnt vor reiner "Kammerer-Diskussion" / Freie Wähler ziehen Antrag zurück

Rottweil. Soll eine Skulptur des Künstlers Tobias Kammerer auf dem Vorplatz der Friedhofskapelle aufgestellt werden? Oder muss die Frage nicht eher heißen: Soll überhaupt Kunst auf dem Friedhofsvorplatz Einzug halten? In diesem Spannungsfeld bewegte sich der Gemeinderat am Mittwochabend. Nach einer langen Diskussion und einem ebenso langen Plädoyer des Oberbürgermeisters entschied sich das Gremium, sich nicht auf die "Kammerer-Frage" zu konzentrieren. Davor nämlich hatte der OB eindringlich gewarnt. Es müsse grundsätzlich um Kunst auf dem Friedhof gehen. Die Freien Wähler zogen daraufhin ihren Antrag zur Aufstellung der Glasskulptur zurück.

Nichts Schriftliches

Die Sache hat eine lange Vorgeschichte. Nachdem sich Oberbürgermeister Ralf Broß im Frühjahr mit Vorwürfen konfrontiert sah, er habe ein "Aufstellungsverbot" für die Skulptur ausgesprochen, und die Freien Wähler im Nachgang einen Antrag zur Aufstellung gestellt hatten, schilderte Broß am Mittwochabend seine Sicht der Dinge.

Dass er persönlich die Aufstellung des Kunstwerks habe verhindern wollen und ein Projekt "gestoppt" habe, sei falsch. Es habe kein Projekt gegeben, keinen schriftlichen Antrag, nichts. Und bedauerlicherweise habe es auch keinerlei Kontaktaufnahme durch Tobias Kammerer gegeben. Vielmehr sei eine Kulturmanagerin an die Friedhofsverwaltung herangetreten mit dem Wunsch, eine Wanderausstellung zum Thema Tod und Trauer im Bereich der Friedhofskapelle zu realisieren, eventuell auch ein Begegungscafé. "Man war noch im Gespräch, alles war in der Schwebe", so Broß.

Als es dann plötzlich um die Aufstellung der "Engelsflügel" von Tobias Kammerer gegangen sei, habe es tatsächlich von Seiten der Verwaltung eine Mail mit dem Wort "Aufstellungsverbot" gegeben. Dies sei bedauerlich, so Broß. Man habe aber im Bereich des Friedhofsvorplatzes tatsächlich Bedenken gegen die Aufstellung von Kunstwerken. Es bestehe die Gefahr, dass sich an ihr die Geister scheiden – völlig unabhängig davon, von wem dieses Kunstwerk nun sei.

Für Broß ist es "höchst bedauerlich", dass es mit dem Antrag der Freien Wähler nun zu der Frage "Für oder gegen Kammerer?" komme. Dies sollte nicht Gegenstand einer Abstimmung sein. Broß warnte vor einer "politischen Diskussion". Vielmehr sollte der Gemeinderat beschließen, ob man grundsätzlich ein Kunstwerk im Bereich des Kapellenvorplatzes wünscht. Welcher Künstler dies gestaltet, müsse in einem weiteren Schritt, beispielsweise einem Wettbewerb, geklärt werden. Dies sei die richtige Vorgehensweise.

Offen für andere Künstler

Broß fand bei den Räten Gehör. Diese zeigten sich dankbar über den "offenen Austausch". So auch Peter Schellenberg, der den Antrag seiner Fraktion zurückzog. Man müsse in der Tat "offen sein auch für andere Künstler", pflichtete sein Kollege Hermann Breucha bei.

Ob Kunst auf dem Friedhof oder nicht, darüber war man in den Fraktionen geteilter Meinung. Die Verwaltung schlug vor, den Friedhof kunstfrei zu belassen und die "zurückhaltende Grundstimmung" des Vorplatzes beizubehalten. Außerdem solle der Platz weiter genügend Raum für Trauerfeiern bieten. Die Kirchen hätten sich ebenfalls für Zurückhaltung ausgesprochen. Auch Jürgen Mehl ( SPD+FFR) plädierte dafür, den Vorplatz neutral zu halten – betonte aber, dass die Ausgestaltung der Kapelle durch Kammerer rundum gelungen sei. Für Günter Posselt (CDU) ist der Friedhof "keine Kunstmeile". Den Bürgern würden vielmehr Sitzplätze auf dem Vorplatz fehlen. Frank Sucker (Grüne) meinte, dass sich der Umgang mit dem Tod ändere – und sprach sich für die Kunst aus. Hubert Nowack (Grüne) hätte im Kammerer-Kunstwerk eine "gelungene Abrundung" gesehen.

Ob es dann Kammerer oder ein anderer Künstler ist, wird sich zeigen: Die Räte öffneten jedenfalls mit knapper Mehrheit von zehn zu acht Stimmen bei vier Enthaltungen die Türen für Kunst auf dem Friedhof. Die Stadt, so Broß, mache sich nun Gedanken um das weitere Prozedere.