Die Störche haben sich auf der Auferstehung-Christi-Kirche eingerichtet – unsere Leserin Regina Köchling kann sie von Zuhause aus beobachten und hat dieses schöne Foto gemacht. Foto: Köchling Foto: Schwarzwälder Bote

Natur: Ungewöhnlich: Tiere bauen Nest auf der Auferstehung-Christi-Kirche / Reicht das Nahrungsangebot?

Mancherorts ist so ein brütendes Storchenpaar auf einem Kirchturm nichts Besonderes – in Rottweil ist es eine kleine Sensation. Viele beobachten derzeit fasziniert, dass sich tatsächlich zwei Störche auf dem Turm der Auferstehung-Christi-Kirche ein Nest gebaut haben. Am Montag war auch schon ein "Storchenbeauftragter" vor Ort.

Rottweil. Kaum hat er über den Schwarzwälder Boten vom Nestbau erfahren, setzte sich Manfred Bartler aus Hochemmingen auch schon ins Auto und machte sich auf den Weg nach Rottweil. Als ehrenamtlicher Mitarbeiter dokumentiert er die Storchvorkommen im Bereich Schwarzwald-Baar und in Teile der Kreise Rottweil und Tuttlingen. Geduldig positioniert er sich am Montag im Krummen Weg, etwas oberhalb der Auferstehung-Christi-Kirche, mit seinem großen Teleobjektiv. Und schon nach kurzer Zeit vermeldet er: "Den einen hab ich." Durch das Objektiv konnte er die Aufschrift des Rings am Bein des Vogels ablesen: A1K41. Die "Identität" des Tieres wird er wie alle anderen Daten an die Vogelschutzwarte in Radolfzell melden. Von Störchen auf einem Kamin im Rottweiler Gebiet hat er ebenfalls kürzlich gehört, gesehen hat er sie aber noch nicht.

Und warum haben sich die Tiere nun ausnahmsweise Rottweil ausgesucht? Ute Reinhard, Storchenbeauftragte des Landes Baden-Württemberg, erklärt dies unter anderem mit der derzeit hohen Populationsdichte der Störche. Die Sterblichkeit von Altstörchen sei gesunken, weil die Tiere oft nicht mehr wie bisher bis nach Afrika ziehen, sondern zum Überwintern in Spanien bleiben, wo sie sich auf Müllkippen "durchfuttern", so Ute Reinhard.

Die hohe Zahl der Tiere führe dazu, dass die Vögel nun auch bislang eher "unpopuläre" Standorte aufsuchen. Die Frage sei allerdings, ob dort das Nahrungsangebot ausreicht. Die Bruterfolge seien durch diese Entwicklung leider nicht immer gut. Gerade bei schlechtem Wetter seien die Störche darauf angewiesen, dass sich im Umkreis von ein bis zwei Kilometern genug Futter findet. Bei schönem Wetter legen sie auch längere Strecken zurück.

Manfred Bartler ist zuversichtlich, was das Rottweiler Storchenpaar angeht: "Hier fließt der Neckar, da ist das Nahrungsangebot gut", sagt er. Störche seien nicht besonders wählerisch: Heuschrecken, Mäuse, Frösche, Egel – "ich hab auch schon einen Storch mit einer Kreuzotter im Schnabel gesehen."

Ob die Störche schon brüten, lässt sich nicht genau sagen. Anwohnerin Regina Köchling, die den Nestbau von ihrem Fenster aus mitverfolgen konnte und uns schöne Fotos geschickt hat, geht aber davon aus: "Ein Storch ist immer anwesend, während der zweite häufig umherfliegt und immer noch neues Nistmaterial herbei schleppt." Die Störche trotzten dem winterlichen Wetter der letzten Tage tapfer. "Sie mussten sogar schon eine Nacht bei Schneefall in luftiger Höhe aushalten", so Regina Köchling.

Die Störche seien "Gesprächsthema Nummer eins" im ganzen Viertel und liegen allen Anwohnern sehr am Herzen. "Der dritte Storch, der anfänglich noch Streit suchte, hat sich schon länger nicht mehr blicken lassen", berichtet die Anwohnerin, die die Tiere vom Esstisch aus mit großem Spaß beobachtet.

Dass Störche eine besondere Faszination ausüben, weiß keiner besser als Manfred Bartler. Seit er vor Jahren mit der Feuerwehr in seinem Heimatort Hochemmingen ein Nest gebaut und sich über die Tiere informiert hat, lassen ihn die Vögel nicht mehr los. "Die sind schon sehr eigensinnig", schmunzelt er. Und viele Verhaltensweisen seien mit der der Menschen vergleichbar. Seit zwei Jahren ist er als einer von 20 ehrenamtlichen Mitarbeitern unterwegs, um die Tiere zu erfassen und so ihren Schutz zu unterstützen.

Und derzeit gibt es besonders viel zu tun: Das ist mein 46. Nest in diesem Jahr", erzählt er. Wenn die Jungen geschlüpft sind – der erste Schlupf kommt nach 32 Tagen des Brütens – wird Bartler wiederkommen. In der fünften bis sechsten Lebenswoche können die Jungen beringt werden, bei der Gelegenheit wird dann auch gleich geschaut, wie es ihnen geht. "Vorausgesetzt, wir kommen mit Hilfe der Feuerwehr bis da hoch", sagt Bartler mit Blick auf den hohen Turm der Auferstehung-Christi-Kirche.

Erst einmal heiße es aber abwarten, wie sich die Brut entwickelt. Viele Anwohner werden das Geschehen solange weiter fasziniert verfolgen.