Es ist noch ein langer Weg, bis feststeht, ob Rottweil doch noch das Gefängnis bekommt. Foto: Seeger

Gefängnis-Geschichte wiederholt sich. Stadt so weit wie vor vier Jahren. Was macht Tuningen/Weigheim?

Rottweil - Die Stadt befindet sich in einem Dilemma. Sie will unbedingt das Gefängnis haben. Doch nach bisherigem Stand der Dinge landeten ihre beiden eingereichten Standorte auf hinteren Plätzen. Es gibt wohl noch aussichtsreiche Kandidaten. Doch einer davon ist höchst umstritten.

Es stand von vornherein fest: Hier wird es Sieger und Verlierer geben. Die Frage, wo ein neues Gefängnis für den Justizstandort Rottweil gebaut würde, spaltet: Beziehungen zwischen Gemeinden, die Bevölkerung, den Gemeinderat, die Stadt.

Seit fast vier Jahren kann man dieses Phänomen beobachten. Zuletzt und mit am heftigsten zeigte der Spaltpilz seine Wirkung, als es hieß, das Gefängnis solle im Bitzwäldle bei Zepfenhan und Neukirch hinkommen. Für die einen, die Gegner, ein schützenswertes Naherholungsgebiet, für die anderen, die Befürworter, nichts weiter als ein Fleckchen Erde, das für die neue Justizanstalt gut zu gebrauchen wäre.

Das Bitzwäldle, das steht nach dem vorläufigen Ergebnis des Suchlaufs fest, ist aus dem Rennen. Es stand schon vor Wochen hier an dieser Stelle: Seit Winfried Kretschmann (Grüne) Ministerpräsident geworden ist, hat die Bürgerinitiative, hat der Naku, der Verein zur Erhaltung der Natur- und Kulturlandschaft, einen gewichtigen Fürsprecher erhalten.

Freilich, Kretschmann hatte lediglich versprochen, die Standortfrage neu aufzurollen. Doch es verwundert nicht, dass das Bitzwäldle auf der immer noch geheim gehaltenen Liste der zehn Standorte weit hinten liegt – ausgeschlossen wegen "forstwirtschaftlicher und ökologischer Gründe", wie es in dem Ergebnis heißt.

Ebenfalls kaum Chancen, Gefängnisstandort zu werden, hat der "Stallberg" an der B 27 in Richtung Villingen-Schwenningen. Zwar hat der Gemeinderat im März im Rahmen des Suchlaufs den Namen erneut nach Stuttgart gemeldet. Doch das brachte offensichtlich nichts ein. Der Stallberg – auf der Liste befindet er sich ebenfalls hinten. Man hätte sich das denken können. Im Dezember vor vier Jahren hatte Ministerialdirigent Thomas Knödler vom Finanzministerium dem Gemeinderat die Botschaft persönlich überbracht: Knödler verwies auf "Gipsschichten und große Hohlräume".

Kretschmann will das Bitzwäldle nicht und Knödler lehnt den Stallberg ab. Bleibt nur noch das Esch übrig.

Da half es auch nichts, dass das Gelände seit 1975 für eine neue JVA vorgesehen ist. "Überdurchschnittliche Risiken" attestierte das Gutachten des Ministeriums dem Stallberg. Das mag auch der Grund dafür gewesen sein, dass die jetzige Landesregierung auf bereits zugesagte weitere Voruntersuchungen am Stallberg doch verzichtete. Denn Knödler ist immer noch da und er leitet die Abteilung 4 Vermögen und Hochbau.

Bleiben die privaten Standorte übrig

Bitzwäldle und Stallberg. Diese beide Namen kann man vergessen. Bleiben die privaten Standorte übrig: "Hochwald" und "Esch".

Dem Gebiet "Esch" zusammen mit dem "Hochwald" werden nun die größten Chancen eingeräumt, Rottweil als Gefängnisort zu retten. Auf der Liste befindet sich das Duo hinter Tuningen und Weigheim immerhin auf Platz drei.

Doch auch hier gibt es eine Vorgeschichte. Schon im Dezember 2008, nach dem Aus für den Stallberg, schlug die Stadt dem Land diesen Platz vor. Er liegt nördlich von Rottweil, zwischen der B 14 und der Ruine Neckarburg. Das Gebiet ist etwa 18 Hektar groß und gehört dem Rottweiler Rechtsanwalt Franz Graf von Bissingen. Die Erschließungskosten wurden auf 5,5 Millionen Euro geschätzt. Eine hohe Summe. Für den Stallberg müssten lediglich 1,6 Millionen Euro ausgegeben werden, rechnete die Stadt damals vor.

Doch sie, Stadt und Gemeinderat, hatten die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Der erschien sehr schnell in Form des Bürgerprotests aus Villingendorf und der Bürgerinitiative "Neckarburg-ohne-Gefängnis". Drei Monate später war der Spuk vorbei. In der Gemeinderatssitzung am 18. März 2009, es drängten sich 100 Bürger in den Sitzungssaal, kippten die Stadträte ihre Entscheidung und liebäugelten wieder mit dem Stallberg.

Geschichte wiederholt sich, und so ist die Stadt wieder an jenem Punkt von vor vier Jahren angelangt. Sollte das Esch je eine Chance erhalten, darf man indes gespannt sein, wie sehr sich Verwaltung und Gemeinderat dieses Mal von Protesten von Bürgern der Nachbargemeinde beeindrucken lassen.

Sieger und Verlierer: Sie wird es geben. In Zepfenhan und Neukirch kann man schon einmal die Sektflaschen kalt stellen, in Villingendorf die Protestschilder und -Banner aus dem Keller holen, Stadtverwaltung und Gemeinderat die alten Argumente hervorkramen und sich auf hitzige Diskussionen einstellen. Wenn es für Rottweil schlecht läuft, passiert gar nichts und das Gefängnis kommt woanders hin, nach Tuningen oder Weigheim. Doch auch dort müsste man sich erst mit der Situation auseinandersetzen, müsste man ausloten, ob die Bürger ein Gefängnis haben wollen oder nicht.

Und wenn nicht? Ja dann geht für Rottweil tatsächlich alles wieder von vorne los.