Für die erste Sitzung des Gemeinderats in der Stadthalle sorgt die Corona-Krise.Foto: Hermann Foto: Schwarzwälder Bote

Corona-Krise: Starke Einbußen bei Gebühren und Steuern erwartet / Grünes Licht für Skatepark

Es ist eine schwierige Situation: Bislang ist weder ein Ende der Corona-Krise absehbar, noch wie weitreichend die Auswirkungen sein werden. Die Stadt Rottweil ergreift deshalb die Initiative – und verhängt eine Haushaltssperre.

Rottweil. Ein ungewöhnlicher Ort zu ungewöhnlichen Zeiten: In der Stadthalle traf sich am Mittwochabend der Rottweiler Gemeinderat zu einer nicht öffentlichen Sitzung. Die Szenerie erinnerte etwas an eine Abiturprüfung: Für jeden der 22 Teilnehmer gab es einen eigenen Tisch mit gebührendem Zwei-Meter-Abstand zum Nachbarn.

Beschlossen hat das Gremium dann die von der Stadtverwaltung empfohlene haushaltswirtschaftliche Sperre, die Oberbürgermeister Ralf Broß am Donnerstag im Pressegespräch via Telefonkonferenz erläuterte. Im Ergebnishaushalt sind alle Ausgaben für den laufenden Betrieb um die Hälfte gekürzt. Im Finanzhaushalt gilt die Sperre für alle Investitionen – es sei denn, es geht um Leistungen, zu denen die Gemeinde rechtlich verpflichtet ist, und bereits begonnene Maßnahmen. Sprich: Etwa das Dach des alten Kaufhauses wird trotz Haushaltssperre fertig eingedeckt, die Umlagen an die kirchlichen Kindergartenträger oder ans Inkom werden trotzdem gezahlt ebenso wie beispielsweise Versicherungsbeiträge, Porto und Telefongebühren.

"Wir erwarten einen Einbruch auf der Einnahmenseite, den wir derzeit noch gar nicht beziffern können", erklärt Broß die einschneidende Entscheidung. Sowohl bei den Gebühren und den Entgelten als auch bei den Steuern, befürchtet die Stadt, Ausfälle in noch nicht absehbarem Ausmaß. Um zu verdeutlichen, was der Stadtkasse durch die Corona-Krise blühen kann, zeigt Broß beispielhaft ein paar der laufenden Einnahmen auf: 125 000 Euro an Kindergartengebühren, 40 000 Euro durch Musikschulbeiträge oder 65 000 Euro aus VHS-Kursen fließen in normalen Zeiten jeden Monat. "Schnell könnte uns also einen Viertel Million pro Monat wegbrechen", macht der Oberbürgermeister den Ernst der Lage deutlich.

Mit dem Beschluss des Gemeinderats gilt nun, dass jede Ausgabe, die von der Haushaltssperre betroffen ist, einer ausdrücklichen Freigabe bedarf. Bis 250 000 Euro darf diese vom OB kommen, bei höheren Summen sind die Stadträte gefragt. "Wir wissen nicht, wie sich die Sache entwickelt", erklärt Broß, so dass deshalb die Entscheidung getroffen wurde, "auf Sicht zu fahren". Im Gremium sei die Verwaltung mit diesem Vorschlag auf Verständnis gestoßen. Die Haushaltssperre, so Broß, gelte bis auf weiteres: "Wir heben sie erst auf, wenn die Einschnitte einigermaßen zu überblicken sind".

Kindergartenbeiträge

Auf Sicht will die Stadt auch bei den Kindergartenbeiträgen verfahren. Auch in Rottweil werde man im April von den Eltern keine Beiträge einziehen. "Wir orientieren uns da an den Empfehlungen des Städte- und Gemeindetags", verweist der OB auf die Praxis in vielen Kommunen. Indes: Zunächst sind die Beiträge nur ausgesetzt, noch nicht erlassen. Erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die finanzielle Gesamtsituation besser zu überblicken ist, soll über eine Stundung entschieden werden. Ebenso: Sollten Mieter der Stadtbau oder gewerbliche Pächter durch die Krise in Zahlungsschwierigkeiten kommen, werde man die Beträge zunächst stunden und die weitere Entwicklung abwarten.

Noch in der Sitzung, in der gerade die Haushaltssperre verhängt wurde, stand dann die erste Freigabe zur Debatte. Das Gremium hat sich die Entscheidung laut Broß nicht leicht gemacht. Es ging um den Auftrag an die Baufirma für die Skateranlage. Und dass sich – der Baupreisentwicklung geschuldet – die Gesamtkosten um 60 000 auf 335 000 Euro erhöhen, machte den Räten die Sache nicht leichter.

Trotz aller offenen Fragen zur Haushaltslage und trotz aller Bedenken, wie die Entscheidung in der Öffentlichkeit ankommen mag, gab die Mehrheit des Gemeinderats grünes Licht. Dass das Projekt seit mittlerweile vier Jahren intensiv diskutiert wird und der Verein Rollbrett großes Engagement einbringe – auch finanziell – sei dabei berücksichtigt worden. In Frage gestellt habe das Projekt in der Diskussion niemand, allerdings sei der Zeitpunkt wegen der Krise und der Haushaltssperre intensiv beleuchtet worden.

Die Haushaltssperre ist die richtige Entscheidung. Und so manche Kommune wird angesichts der finanziellen Unwägbarkeiten durch die Corona-Krise dem Beispiel Rottweils folgen. Der Gemeinderat und die Stadtverwaltung verlassen sich nicht darauf, dass Land und Bund schon rechtzeitig die passenden Rettungsschirme aufspannen werden. Vielmehr ist das Signal: Wir sind weiterhin auf eine verlässliche Haushaltspolitik bedacht, agieren mit Augenmaß und entscheiden lieber im konkreten Einzelfall. Und dazu passt die Freigabe der Mittel für den Skatepark. Mancher Stadtrat fürchtet offenbar, das könnte im Moment wie eine Luxusentscheidung wirken. Doch ein Nein in einer Corona-Schockstarre hätte das Aus dieses Projekts bedeutet, in dem viele Jahre Arbeit stecken. Die Reißleine muss nun Rettungsschirme auslösen, nicht Bremsschirme.