Der AfD-Kreisverband darf am 18. September in die Stadthalle. Foto: Archiv

Verwaltungsgericht Freiburg entscheidet Streit zwischen Kreisverband und Rathaus: Erst Politik, dann Hochzeit. Mit Kommentar

Das Verwaltungsgericht Freiburg hat entschieden: Die Stadtverwaltung muss dem AfD-Kreisverband die Stadthalle überlassen. Zwar nicht zum Wunschtermin, aber am 15. September, also vor der Bundestagswahl. Die Stadt will das nicht hinnehmen und wird Rechtsmittel einlegen.

Rottweil. Wo abends die AfD über die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel möglicherweise vor rund 500 Besuchern wettert, soll am nächsten Tag eine Hochzeit mit 400 Gästen über die Bühne gehen. Das ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Freiburg organisatorisch durchaus möglich. Das Gericht hat deswegen entschieden, die Stadt müsse dem AfD-Kreisverband Tuttlingen-Rottweil die Stadthalle am 15. September für eine Wahlkampfveranstaltung zur Verfügung stellen.

Die Stadtverwaltung wird die Entscheidung nicht hinnehmen. "Dass der AfD hilfsweise der 15. September zugesprochen wird, verwundert uns sehr", heißt es in einer Stellungnahme gegenüber dem Schwarzwälder Boten. Bereits im Frühjahr 2016 sei mit dem privaten Nutzer ein Vertrag über die Durchführung einer Hochzeit am 16. September abgeschlossen worden, so die Verwaltung. Wie bei allen Hochzeiten sei die Stadthalle für den Auf- und Abbau durch die Mieter sowohl am Vor- als auch am Folgetag zusätzlich reserviert, was ebenfalls aus dem öffentlichen Belegungskalender ersichtlich sei.

"Die Annahme des Gerichts, dass die kompletten Aufbauarbeiten für eine so große Gesellschaft noch am Tag der Veranstaltung möglich sind, können wir beim besten Willen nicht nachvollziehen", so die Stadtverwaltung. Sie wird in den nächsten Tagen Rechtsmittel beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim einlegen.

Dass sich die Gerichte überhaupt damit befassen, hat damit zu tun, dass die Stadtverwaltung Anfragen des AfD-Kreisverbands nach einem freien Termin in der Stadthalle zurückgewiesen hatte (wir berichteten exklusiv in unserer Samstagsausgabe in unserem Artikel "Streit um Stadthalle Rottweil: AfD klagt vor Verwaltungsgericht"). Der AfD-Kreisverband wollte für eine Wahlkampfveranstaltung die Stadthalle am 18. September, sechs Tage vor der Bundestagswahl, buchen. Zu jenem Zeitpunkt sei die Halle bereits belegt, hieß es in einer Antwort der Verwaltung an den Sprecher Emil Sänze. Der Kreisverband nannte Alternativtermine, unter anderem den 15. September, kassierte aber auch hier Absagen.

Sänze kam das merkwürdig vor, da der einsehbare Terminkalender keine Belegungen anzeigte. Das Rathaus argumentierte: "Ich hatte Ihnen schon mitgeteilt, dass der wöchentliche Sportbetrieb nicht auf dem Veranstaltungsplan vermerkt ist. Er findet von Montag- bis Mittwochabend in der Halle und im Foyer statt. Daher sind diese Wochentage (Mo-Mi) für Revisions/Bauarbeiten ungeeignet."

Als Alternativtermine wurden genannt: der 5. und der 12. Oktober, also nach der Wahl am 24. September. Sänzes Antwort fiel dementsprechend säuerlich aus: "Ihnen wird bekannt sein, dass die Bundestagswahl am 24.09.2017 stattfindet... Sodass es wenig Sinn macht, bis auf den komödiantischen Teil, einen Bundestagskandidaten im Oktober vorzustellen."

Die AfD klagte vor dem Verwaltungsgericht Freiburg. Dieses gab dem Kreisverband insofern Recht, als dass die Stadt nun am 15. September der AfD das Feld überlassen muss. Das Gericht folgte der Sichtweise der Stadtverwaltung nicht, die gegenüber der AfD eingewandt habe, die Halle sei für den Folgetag (16. September) ab 15 Uhr für eine große Hochzeit mit 400 Gästen vermietet. Das Gericht führt aus, "es sei weder von der Stadt substantiiert dargelegt noch aufgrund sonstiger Umstände für das Gericht ersichtlich, dass die Halle deshalb schon am Vortag unabdingbar für Aufbau- und Vorbereitungsarbeiten zur Verfügung stehen müsse."

Es ist der zweite Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit einer Partei. Vor Kurzem hat die Stadt nach Intervention des Verwaltungsgerichts ihr Verbot gegen eine NPD-Kundgebung zurückgezogen. Unter Auflagen konnte die NPD-Veranstaltung stattfinden. Das tat sie aber nicht, die NPD sagte aus organisatorischen Gründen ab.

Kommentar: Ungeschickt

Von Armin Schulz

Die Stadt beweist kein glückliches Händchen im Umgang mit Parteien, die polarisieren. Zuerst untersagt die Verwaltung einen Wahlkampfauftritt der NPD, dann will sie dem AfD-Kreisverband die Stadthalle nicht überlassen. In beiden Fällen wird die Stadt vom Verwaltungsgericht Freiburg zurückgepfiffen. Man muss kein Freund der genannten Parteien sein, und es gibt gute Gründe, die NPD fern zu halten.

Doch hat es im Falle der AfD keine andere Lösung gegeben, als über die Gerichte zu gehen? Zu einem Wahlkampf gehört der Schlagabtausch, gehören kontroverse Meinungen. Das ist auszuhalten. Es unterbinden zu wollen, ist falsch. Man geht AfD und NPD auf den Leim damit. Beide Parteien lachen sich ins Fäustchen: Sie können es ihren Anhängern gegenüber mal wieder so darstellen, als wollten Teile des aus ihrer Sicht "etablierten Systems" sie unfair behandeln. Ungeschickt.