Fransenkleidle sagen im Fasnetsbesen in der Lokalredaktion des Schwarzwälder Boten auf. Foto: Schnekenburger Foto: Schwarzwälder-Bote

Zaungäste: Amerikanische Journalistin erklärt Landsleuten Fasnet, Fasching und Karneval / Besen in Redaktion heute geöffnet

Von Verena Parage

So ein Narrensprung zieht mitunter mehr Narren an als der Rottweiler Zunft lieb ist. Doch auch entlang des Wegs gibt’s illustre Persönlichkeiten zu entdecken – und dort sind sogar weit Gereiste willkommen.

Rottweil. Schick sehen sie aus, die drei Damen mit neongrünem Bob und coolen Brillen. Die Freundinnen Heidi, Sylvia und Eli stehen in der oberen Hauptstraße und schauen sich den Rottweiler Narrensprung an. Eli ist dafür extra aus den USA gekommen und zu Besuch bei ihren Stuttgarter Bekannten. "So was gibt’s in New York nicht", sagt sie in fast akzentfreiem Deutsch. "Ich kann alles außer Schwäbisch", fügt die Amerikanerin lachend hinzu.

Auch Silke Neumann aus Straßberg erlebt das erste Mal den Rottweiler Narrensprung mit. Anders als die drei hält sie allerdings Sicherheitsabstand. Grund ist Vierbeiner Sina. Der kleinen Hundedame ist das Treiben nicht geheuer. Anders als Lukas, der sich auf einer umgedrehten Getränkekiste am Kameleck platziert hat. Von dort oben aus behält der Balinger den Überblick. Der Narrensprung ist offensichtlich nicht der einzige "Umzug", den er sich anschaut. Seine Jacke zieren Buttons und Anhänger aus Zepfenhan, Binsdorf oder Schömberg. Trotz allen Fasnetstourismus: Am Fasnetsmontag steht er jedes Jahr um 8 Uhr in Rottweil.

Auch die Familie Doser zieht es am Fasnetsmontag traditionell aus Schwenningen in die alte Heimat Rottweil – einst wohnten sie in der Altstadt. Die Brüder Volker und Ralf sind mit ihren Familien da. Zur Gruppe gehören ein Holländer und ein Texaner, und seine Schwester sei wie jedes Jahr an den närrischen Tagen aus China angereist, erzählt Volker Doser. Närrisch sind auch die beiden Brüder: Als Verkleidung haben sie zwei Hennen auf dem Kopf.

Moment mal, und wer steht da direkt vorm Schwarzen Tor? Zum Glück hinter der Absperrung, denn so richtig passen diese hexenartigen Gestalten nicht hierher. Sie seien "Maria" und "Felix, der Zungstrecker" aus Schwenningen, erklären die zwei Männer unter den beiden Häs’. Montags seien sie mit ihren historischen Larven und Kostümen jedes Jahr in Rottweil.

Ausgefallenen Besuch hatten wir auch im Fasnetsbesen in der Lokalredaktion unserer Zeitung. Das Ehepaar Grathwohl hatte tatsächlich eine amerikanische Kollegin mit dabei: Wendy Payne ist Journalistin und schreibt für die amerikanische Militärpresse in Deutschland, ihr Mann ist in Stuttgart stationiert. Gemeinsam mit zwei Freundinnen und den Grathwohls stand sie gestern ab 7.30 Uhr an der Sprungstrecke. In einem Artikel will sie dem Unterschied zwischen Fasnet, Fasching und Karneval nachgehen. In Mainz sei sie schon einmal an Karneval gewesen. "Das ist ein bisschen wie in New Orleans", wie Mardi Gras und politisch, findet Wendy Payne. Den Fasching in Stuttgart empfindet sie als weniger traditionell, aber mit "viel Spaß". Ihr Fazit: "Alles ist gut." Aber der Narrensprung in Rottweil sei etwas für die ganze Familie. Das dürfte also eine gute Geschichte geben.

Genau wie die, die Ilona und Werner Grathwohl erzählen können: Denn zu ihren Besucherinnen sind sie über ihre Tochter Sigrun gekommen. Die ist ebenfalls mit einem US-Militärangehörigen verheiratet, Gunter Filippucci. Der Amerikaner aus Georgia ist tatsächlich in der ältesten Stadt des Landes geboren. "Wie die Rottweiler im Spital", erzählt Grathwohl. Filippuccis Mutter habe Vorfahren in 24-Höfe gehabt und sei schwanger auf Besuch gewesen. Als ihr Sohn sich als Erwachsener Rottweil anschaute, sei er im Parkhotel eingekehrt, erzählen die Grathwohls, die das Hotel einst betrieben. Und dort lernte er die Tochter des Ehepaars kennen. Tja, an der Fasnet kommt bekanntlich so manche gute Geschichte ans Licht!  Unser Fasnetsbesen "Zum Rottweiler Narrenblättle" in der Lokalredaktion des Schwarzwälder Boten hat auch am heutigen Dienstag geöffnet. Von circa 10 bis spätestens 18 Uhr sind Narren und Fasnetsfreunde auf einen Sekt, Knabbereien und Gespräche willkommen.