Festliche Momente spendet das Weihnachtsoratorium im Münster mit Sängerknaben, Vorschola, Orchester und den vier Solisten (von links) Sandra Reineboth, Sopran, Noah Xuhui Du, Countertenor, Roger Gehrig, Tenor, und Saloum Diawara, Bass. Foto: Hildebrand Foto: Schwarzwälder-Bote

Weihnachtsoratorium: Präzise Tempi / Stimmungen detailgetreu wiedergegeben

"Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage." Voller Jubel über die Ankunft Christi beginnt das Weihnachtsoratorium, das Johann Sebastian Bach als Thomaskantor 1734/35 in Leipzig geschaffen hat.

Rottweil. Johann Sebastian Bach hatte dieses Werk, zwar für die Gottesdienste an den Weihnachtsfesttagen einzeln aufzuführen, als ganzheitliches "Oratorium" komponiert, zum Teil aus früheren Kantaten (Parodien), aber auch neuen freien Texten. Grundlage bilden die Berichte von der Geburt Jesu, den Erlebnissen der Hirten und der Weisen aus dem Morgenland im Wortlaut der Lutherbibel (Lukas und Matthäus).

Im Konzert im Rottweiler Münster wurden die Teile I (Geburt Christi), III (Hirten) und VI (Weisen aus dem Morgenland) aufgeführt.

Geburt Christi

Der Eingangscoro enthielt das gesamte Spektrum an Freude über den Herrscher: Die Münstersängerknaben bestachen durch klare präzise Tempi und ihren unisonen Klangkörper, während das Orchester "Capella Vivace" unter seiner Konzertmeisterin Heidi Augstein die Chorpassagen weich unterstrich, herrschaftlich heraustönend übernahmen Pauken und Trompeten die Grundaussage: "Stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an". Die Weihnachtsgeschichte als Evangelist trug Roger Gehrig, Tenor, zurückgenommen ruhig vor, begleitet von Cello und Truhenorgel.

Das folgende Recitativo und die ausschmückende Aria mit Streichern und Oboe d’Amore (von Nicholas Charkviani wunderbar warm gespielt) übernahm Noah Xuhui Du, Countertenor als Altus, in ausdrucksstarker hoher Linienführung. Sehr ruhig und getragen sangen die Sängerknaben den bekannten Choral: "Wie soll ich dich empfangen und wie begegn’ ich dir?", ursprünglich im Gottesdienst von der Gemeinde gesungen.

Im Wechsel (Choral und Recitativo) kontrastierten wenige Sängerknaben (in Sopranstimmen) die dunkle Bassstimme von Saloum Diawara mit Oboe und Basso Continuo, große Ruhe ausströmend ob der Armut des geborenen Kindes. Die berühmte Schlussarie des ersten Teils "Großer Herr, o starker König" interpretierte Saloum Diawara – im Kontrast zu den Trompeten etwas zu leise, aber in stimmlich sicherer Intonation.

Hirten

Der dritte Teil über die Hirten und ihren Aufbruch zum geborenen Christus beginnt festlich im Coro, in präziser Artikulation sang der Chor sein "frohlockendes Preisen", das in den Entschluss mündete, die Geschichte zu sehen, die den Hirten verkündet worden war.

Den Anblick des schutzlosen Kindes hat Bach musikalisch in sehr zarten Arien umgesetzt. Im Duett zwischen Sopran, Sandra Reineboth, und Bass, Saloum Diawara, sangen beide sanft um Mitleid und Trost, warm von Oboe und Basso Continuo getragen. Es sind Huldigungen an das Wunder dieses Kindes, die Bach hier meisterlich vertont hat; so entwickelte Countertenor Noah Xuhui Du in der Aria seinen schwachen Glauben in ausdrucksstarker, weicher Stimmlage, begleitet von Anastasia Simeonidi, Solovioline.

Im den zweiten Teil abschließenden Choral zeigten die Sängerknaben mit den Sängern der Vorschola Sicherheit in Crescendo und Decrescendo durch das exakte Dirigat ihres Dirigenten Philipp Klahm. Kraftvoll in Crescendo und präzise in der Artikulation, leiteten Sängerknaben und Orchester im Eingangscoro "gegen die stolzen Feinde" den sechsten Teil Epiphania ein.

Epiphania

In die Freude der Weisen um das göttliche Kind mischt sich in diesem Teil die bedrohliche Gefahr um dessen Leben durch den Herrscher Herodes. Bach unterstreicht diese Gefahr in disharmonisch endenden Passagen, so wirkte das Vorhaben des Herodes, das Kind auch anzubeten, heuchlerisch, von Saloum Diawara hörbar bitter umgesetzt; noch deutlicher unterstrich Sopranistin Sandra Reineboth mit harter, kristalliner Stimme die Falschheit des herodischen Unterfangens: "Dein Herz, dein falsches Herz ist schon sehr wohl bekannt." Roger Gehring steigerte sich in seiner Wiedergabe der Anbetung des Kindes durch die Weisen, wunderbar stark ihre Schätze Gold, Weihrauch und Myrrhe ausmalend.

Weich und zurückgenommen sangen die Sängerknaben, die Anbetung interpretierend, den Choral: "Ich steh an Deiner Krippen hier." Sich noch einmal gegen die Gefahr (Herodes) aufbäumend, beschwor im Recitiativo Roger Gehring den Gegensatz von Feind und Glück der Hilfe durch den Erlöser. Im triumphierenden Schlusschoral vereinten sich alle, Solisten, Sängerknaben und Orchester, in der tröstlichen Gewissheit der Erlösung des "menschlichen Geschlechts".

Lange anhaltender Beifall für das festliche Weihnachtskonzert im neu erstrahlenden Münster war allen Mitwirkenden sicher.