Nach der Messerattacke wurde Security vor dem Jobcenter und dem Landratsamt eingesetzt. (Montage: Kleinau) Foto: Otto/Africa Studio - stock.adobe.com

Verwaltungsausschuss gegen Sicherheitskräfte im Landratsamt. Umgangston wird härter. Gefahr für Mitarbeiter. 

Rottweil - Sie versetzte im Januar nicht nur Mitarbeiter im öffentlichen Dienst in Angst: die Messerattacke auf eine Jobcenter-Mitarbeiterin in Rottweil. Daraufhin setzte die Kreisverwaltung Security-Kräfte in den Jobcentern und im Landratsamt ein. Das soll sich 2021 ändern, wenn es nach dem Ausschuss geht.

"Es vergeht kein Monat, in dem ich keine Anzeige wegen Körperverletzung unterschreiben oder eine renitente Person des Hauses verwiesen werden muss", stellte Landrat Wolf-Rüdiger Michel zu Beginn klar. Anfangs war die Security für vier Wochen beauftragt worden, danach mehrmals für einige Monate. Nun sei man am Ende der Möglichkeit einer freihändigen Vergabe.

"Immer mehr Behördenmitarbeiter werden Gewalt ausgesetzt."

Rund 8800 Euro kostet die Security den Kreis monatlich. Ab März wurde ihr Aufgabengebiet aufgrund der Pandemie um Zugangskontrollen und die Einhaltung der Hygieneregeln erweitert. Eingesetzt sind die Kräfte in den Jobcentern Rottweil, Oberndorf und Schramberg sowie in zwei Gebäuden des Landratsamtes, in der Königstraße 36 (Kfz-Zulassungsstelle) und der Olgastraße 6 (Sozialdezernat).

Bis Ende 2020 läuft der Beauftragungszeitraum noch. 100.000 Euro werden von Februar bis Dezember dafür angefallen sein. Die Kosten werden aus dem Budget der Bewirtschaftungskosten für alle Gebäude (3,1 Millionen Euro insgesamt) bezahlt.

"Immer mehr Behördenmitarbeiter werden Gewalt ausgesetzt. In der Kfz-Zulassungsstelle wurde uns berichtet, dass sich die Aggressivität der Besucher in Grenzen hält, seit die Security-Kraft da ist", berichtete Finanzdezernent Gerald Kramer. Im Rahmen einer Begehung mit der Polizei und der Berufsgenossenschaft habe man an den Gebäuden einige bauliche Defizite festgestellt, etwa viele Eingänge und eine fehlende zentrale Infothek. Die Security kompensiere diese zumindest ein Stück weit. Beim neuen Landratsamt wolle man öffentliche und nichtöffentliche Zonen einrichten, meinte Kramer auf Nachfrage von Jürgen Herbst (Grüne).

Nur subjektives Sicherheitsgefühl?

Die Verwaltung schlug vor, die Beauftragung des Sicherheitsdienstes für zwei weitere Jahre fortzuführen (Kosten: 170.000 Euro). Herbert Halder (CDU) sprach sich dagegen aus. Er hätte das Ganze lieber nichtöffentlich besprochen, räumte er ein. Es gehe nicht um den finanziellen Aspekt. "Die Security führt nur zu einem subjektiven Sicherheitsgefühl", meinte er.

Dem widersprach Michel. Die positiven Auswirkungen der Security seien jetzt schon spürbar. "Und selbst wenn es nur um das subjektive Sicherheitsgefühl ginge, würde das als Grund schon reichen." Mitarbeiter sollten keine Angst haben, zur Arbeit zu kommen, so Michel.

Umgangston wird härter

Der Umgangston werde in allen Bereichen nicht freundlicher, sondern härter. Das zeige sich auch in den Kriminalstatistik der Polizei. So wurden 2018 567 Straftaten an Mitarbeitern von Behörden verübt, 2014 waren es noch 390.

Insbesondere Bedrohung und Körperverletzung seien häufige Delikte. In einem Gebäude, in dem Menschen aller Art aus dem ganzen Landkreis ein und aus gingen, müsse man Sicherheitsvorkehrungen treffen. Der Messerangriff im Jobcenter sei "nur die Spitze des Eisbergs" gewesen.

Und in Zeiten von Corona, in denen man auch damit rechnen müsse, angehustet oder angespuckt zu werden, sei der Einsatz der Security umso sinnvoller. Anders könne man auch nicht gewährleisten, dass nicht gegen die Hygiene- und Abstandsregeln verstoßen wird, ergänzte Kramer.

Kreistag beantwortet Frage final

Gerhard Aden (FDP) erinnerte an die HIV-Epidemie in den 80er-Jahren. "Damals war spucken quasi ein Mordversuch", sagte er und meinte damit, er störe sich daran, dass alles mit Corona erklärt werde.

Thomas Haas (FWV) war der Meinung, man müsse zu einem normalen Umgang zurückkommen. Es sei wie bei Terror: Wenn man sich einschüchtern lasse, beschränke man sich, und das, was man fürchte, werde zum Standard.

"Die Messerattacke hat Ängste aufkommen lassen", schilderte Sozialdezernent Bernd Hamann die Situation. In seinem Dezernat seien die Mitarbeiter oft Aggression ausgesetzt. Manche ließen Worten schnell Taten folgen. Allein die Anwesenheit eines Security-Mitarbeiters sei ein wichtiges Signal.

Berthold Kammerer (SPD) sprach sich dafür aus, die Beauftragung auf Ende 2021 zu begrenzen. Er war auch der Meinung, man sollte sich nicht in seiner Freiheit beschränken lassen.

Aden meinte, Security im Landratsamt erinnere ihn an Soldaten mit Maschinengewehren am Eiffelturm. Vermittle das wirklich Sicherheit? "Ich denke da eher: Ja, wo sind wir denn eigentlich?"

Bei der anschließenden Abstimmung wurde Kammerers Antrag auf eine Beauftragung bis Ende 2021 ebenso deutlich abgewiesen wie der Vorschlag der Verwaltung. Die Frage wird im Kreistag final beantwortet.