Politik in der Schule: Stellvertretende Schulleiterin Ulrike Dörr, Bernd Riexinger, Beate Müller-Gemmeke, Marcel Klinge, Rita Schwarzelühr-Sutter, Dennis Mauch, Simon Schellhorn, Lucas Hahn, Felix Huonker und Katrin Zimmermann (von links) sorgten im Schul-Festsaal für einen beeindruckenden Gedankenaustausch. Foto: AMG Foto: Schwarzwälder Bote

Diskussion: Politik macht Schule: Im Gemeinschaftskundeunterricht des AMG entwickeltes Forum stößt auf große Resonanz

Politikverdrossenheit war gestern – das beweisen Lucas Hahn, Felix Huonker und Simon Schellhorn, die im Rahmen ihres Gemeinschaftskundeunterrichts bei Katrin Zimmermann am Albertus-Magnus-Gymnasium (AMG) engagiert und mutig zur Sache gingen.

Rottweil. Statt über Politik zu reden, luden die drei Schüler Politiker aller Fraktionen ein, um deren Positionen auf Herz und Nieren zu prüfen. Der Einladung folgten schließlich Dennis Mauch, Bezirksvorstandsmitglied der CDU Südbaden, sowie die baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten Marcel Klinge (FDP), Beate Müller-Gemmeke (Grüne) und Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) sowie der Bundesvorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, um mit den Schülern zu diskutieren. Jürgen Braun von der AfD hatte sich kurzfristig entschuldigen lassen. Die Zuhörer aus der Mittel- und Oberstufe waren mehr als gespannt und neugierig, wie das ambitionierte Vorhaben ihrer drei Mitschüler wohl gelingen wird.

Simon Schellhorn ging gleich nach der Begrüßung medias in res und traf mit der Frage nach der Zukunft der Flüchtlingspolitik ins Schwarze. Einig war man sich, dass Flüchtlingspolitik eine gesamteuropäische Aufgabe sei. Bernd Riexinger betonte allerdings, dass insbesondere die Ursachen bekämpft werden müssten: Klimaschutz sowie die Unterstützung in den Herkunftsländern sei ebenso wichtig wie die Integration hierzulande. Marcel Klinge warf ein, man dürfe die Mitbürger nicht überfordern und müsse die Kommunen mehr unterstützen.

Außer einem "wir schaffen das" sei da noch nicht viel erfolgt. Dennis Mauch und Rita Schwarzelühr-Sutter wiesen auf die vielzähligen Maßnahmen hin und rechtfertigten den Satz der Kanzlerin mit der Ausnahmesituation 2015. Aus humanitärer Sicht und unter Berücksichtigung des Asylrechts sei gar kein anderer Weg denkbar gewesen. Bernd Riexinger äußerte sich zu der von seiner Kollegin Sahra Wagenknecht ins Spiel gebrachten Begrenzung der Zuwanderung kritisch. Seiner Meinung nach lässt sich die Zuwanderung nicht begrenzen, bevor nicht Waffenexporte gestoppt und Hähnchenklein nicht mehr nach Afrika exportiert werden.

Gerechte Handelsbedingungen sowie engagierte Friedenspolitik sieht Riexinger als vorrangig in der Flüchtlingspolitik. Die Zuwanderung steht für Marcel Klinge auch im engem Zusammenhang mit dem nächsten wichtigen Thema, dem Rechtsruck in Europa.

Den Brexit bezeichnet Dennis Mauch als Katastrophe, einig waren sich die Podiumsgäste darin, dass ein Rosinenpicken der Briten nicht tolerabel sei. Hinsichtlich der Digitalisierung fühlte sich Bernd Riexinger bereits auf seiner Zugfahrt nach Rottweil digital von der Welt abgehängt. Daher plädierte er für eine deutliche Verbesserung der mobilen Netze sowie der gesamten Infrastruktur. In Bezug auf den öffentlichen Nahverkehr betonte Dennis Mauch allerdings, dass dieser nur durch die Schülerbeförderung schwarze Zahlen schreibe. Ab 20 Uhr finde man in öffentlichen Verkehrsmitteln oft nur noch ein bis zwei Fahrgäste. Bei der Bildungspolitik sowie der Frage nach G8 oder G9 plädierten die Gäste allgemein für eine möglichst große Bildungsvielfalt, wie sie in Baden-Württemberg gegeben sei. Beate Müller-Gemmeke sieht dies aber auch durch die Gemeinschaftsschule gewährleistet.

Heftige Debatten entwickelten sich auch beim Thema Klima sowie der Bedeutung Russlands. Offenbar ist es mit einer Podiumsdiskussion noch lange nicht getan. Denn am Ende galt: der Vorhang zu, und (fast) alle Fragen offen.

Wissbegierig Fragen zu stellen war das Ziel der drei jungen Organisatoren. Ihrer Meinung nach gilt: Politik ist immer aktuell. Entscheidend ist der eigene Standpunkt, der ohne gute Informationen nicht zu haben ist. Wie spannend das sein kann, zeigte sich im Schul-Festsaal.   Die Autoren sind Mitglied der Jugendredaktion des Albertus-Magnus-Gymnasiums Rottweil