Ein Rottweiler mittendrin. Foto: Lehmann

Rugby: Der 23-jährige Robert Lehmann aus Rottweil startet für die Rugby-Nationalmannschaft. 

Rottweil - Schnell, robust, ein Mann fürs Grobe, aber gleichzeitig Bindeglied zu den flinken Spielern – als Flanker hat sich Robert Lehmann in die Rugby-Nationalmannschaft gekämpft. Die ersten Schritte auf dem Feld machte er beim Rugby Club Rottweil.

"Hey, eigentlich hast du die beste Statur fürs Rugby" – dieser Satz seines Nebensitzers, der neu in Robert Lehmanns Klasse gekommen war, sollte dessen Leben verändern. Lehmann hatte bis dato Fußball beim SV Zimmern gespielt. Doch das begeisterte ihn nicht so sehr wie er es gehofft hatte. Und als er sich im Alter von 15 Jahren überzeugen ließ, zum Rugby-Training mitzugehen, wusste er, dass das sein Sport ist.

Fortan startete er für den Rugby Club Rottweil. Nach gerade einmal eineinhalb Jahren kam er in die Baden-Württemberg-Auswahl und nahm an internationalen Turnieren teil.

Der nächste logische Schritt war die Aufnahme in die U18-Nationalmannschaft, mit der er an der EM 2014 in Polen teilnahm. "Im ersten Spiel habe ich gerade einmal zehn Minuten gespielt. Da wusste ich: Du musst dich jetzt wirklich zusammenreißen und härter trainieren", erinnert sich der heute 23-Jährige. Im Jahr darauf startete er für die erste U19-Nationalmannschaft bei der EM in Portugal und avancierte zum Führungsspieler – sein erstes großes Erfolgserlebnis. "Da habe ich in allen Begegnungen durchgespielt."

Doch es sollte noch besser kommen. Nach dem Abitur erhielt er ein Stipendium an einer Rugby-Akademie in Pretoria. Dort in Südafrika lief er für die "Blue Bulls" auf. Als Lehmann gerade 19 Jahre alt geworden war, durfte er mit den deutschen Herren auf Länderspielreise nach Brasilien. "Ich habe zwar nur drei Minuten gespielt, aber das vor etwa 10 000 Menschen. Das war verrückt."

Danach gab es erst einmal eine Länderspielpause. Der Trainer meinte, ihm fehle es als Zweitligaspieler noch an Leistung. Nach seinem Einsatz beim Europe Qualifier konzentrierte Robert Lehmann sich erst einmal nur noch auf den RC Rottweil. Ziel war es, den Aufstieg in die erste Liga zu schaffen, doch das Team scheiterte gegen den SC Neuenheim.

Danach flatterten Lehmann Angebote anderer Clubs ins Haus. Der 23-Jährige entschied sich für den Rivalen bei Heidelberg, der den Aufstieg vereitelt hatte. Krumm nehme ihm das in Rottweil keiner, sagt er. "Ich kannte in Neuenheim schon viele Leute. Es ist ein recht junges Team, ich habe mich sofort wohlgefühlt." Seit er dort ist, stand er immer in der Start-15. Zudem kann er inzwischen auf neun Länderspiele zurückblicken, von denen er fünf durchgespielt hat.

Als Spieler in der dritten Reihe gehört er zum Sturm, ist aber auch Bindeglied zwischen den "schweren Jungs" vorne und den flinken hinteren Spielern. Mit seinen 1,88 Meter und 100 Kilogramm ist Robert Lehmann eine Mischung aus beidem.

Das Körperliche war immer das, was ihm am Rugby gefallen hat. "Man kann sich richtig austoben." Er mag aber auch den Teamzusammenhalt, der beim Rugby besonders sei. "Im Fußball kann man auch mal im Alleingang ein Tor machen, im Rugby ist es unmöglich, an 15 Leuten vorbeizukommen, ohne getackelt zu werden. Da ist es wichtig, dass die Jungs da sind und den Ball sichern", erklärt der 23-Jährige.

Um sich vor Verletzungen zu schützen, ist Fitness das A und O. Außer einer lädierten Nase und diversen Bänderrissen in Knie, Knöchel und Ellbogen hatte der 23-Jährige noch keine ernsten Verletzungen. "Wenn ich nicht beim Training bin, findet man mich im Fitnessstudio, aktuell aber natürlich eher draußen beim Crossfit." Aufgrund der Corona-Krise sind die Bundesliga und die EM derzeit auf Eis gelegt. Fit bleiben muss der Student des Wirtschaftsingenieurwesens im fünften Semester trotzdem.

Unter der Woche pendelt er normalerweise zwischen seinem Studium in Furtwangen, seinem Wohnort Rottweil und Heidelberg, wo er mit seinem Team und der Nationalmannschaft trainiert. Sport macht er beinahe jeden Tag, Training ist drei Mal die Woche. Manchmal hat er morgens Uni und fährt danach gleich nach Heidelberg. Über das Wochenende bleibt er meist dort. Sportfrei ist lediglich der Sonntag.

Obwohl Rugby und Fitness sein Leben dominieren, will Lehmann damit nicht seinen Unterhalt bestreiten. "In Deutschland könnte man ohnehin nicht davon leben, aber auch im Ausland ist es zu wenig Geld dafür, dass man seinen Körper kaputt macht", erklärt er. Er behält Rugby lieber als das, was ihn überhaupt erst dazu gebracht hat, anzufangen: Leidenschaft.