Das Landgericht Rottweil beim Auftakt des Berufungsverfahrens.Foto: Beyer Foto: Schwarzwälder Bote

Justiz: Landgericht Rottweil fällt Urteil im Fall einer Gruppenvergewaltigung in Tuttlingen / Deutliche Unterschiede im Strafmaß

Im Fall einer Gruppenvergewaltigung in Tuttlingen hat am Dienstag das Landgericht Rottweil das Urteil gesprochen. Das Berufungsverfahren war unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt worden (wir berichteten). Die Kammer entschied, alle drei Urteile abzuändern.

Rottweil/Tuttlingen. Dabei gibt es sehr große Unterschiede im Strafmaß. Am härtesten fällt das Urteil für jenen Angeklagten aus, der nicht vor Gericht erschienen war. Er wird zu drei Jahren und vier Monaten Jugendhaft verurteilt. Der zweite Angeklagte muss für drei Jahre in Jugendhaft. Das Urteil für den dritten Angeklagten ist vergleichbar glimpflich. Er wurde zwar zu zwei Jahren Jugendhaft verurteilt, allerdings wird die Strafe auf Bewährung ausgesetzt. Jedoch muss er zusätzlich als erzieherische Maßnahme zwei Wochen hinter Gittern verbringen und ein Schmerzensgeld in Höhe von 4600 Euro an die Geschädigte zahlen, die als Nebenklägerin auftrat. Der Richter erklärte, dem Urteil liege eine Verständigung mit den anwesenden Angeklagten zugrunde.

Im Rahmen der Urteils-Begründung fasste der Richter zunächst den Tathergang zusammen.

Zu der Tat sei es am 14. Oktober 2017 auf einer privaten Party gekommen, bei der viel Alkohol und auch Cannabis konsumiert worden sei. Die Stimmung sei "sexuell aufgeheizt" gewesen. Dabei habe die Nebenklägerin einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit einem Arbeitskollegen gehabt und sei dabei von den beiden Angeklagten gefilmt worden. Auf Grund ihres Alkoholkonsums sei ihr anschließend schlecht geworden, sie habe sich übergeben müssen und habe sich anschließend in ein Bett gelegt, wobei sie sich an der Grenze zur Bewusstlosigkeit befunden habe. Eine ebenfalls anwesende Freundin habe nun die Party verlassen und die Geschädigte mit den drei Angeklagten allein gelassen in der Erwartung, dass ihre Freundin nun ihren Rausch ausschlafen werde. Diese Situation hätten die ebenfalls alkoholisierten Angeklagten bewusst ausgenutzt. Alle drei verübten an der Nebenklägerin sexuelle Handlungen, allerdings übten nur zwei den Geschlechtsverkehr aus. Gleichzeitig filmten sie die Tat abwechselnd mit ihren Handys.

Der Richter bezeichnete die Tat als Gruppenvergewaltigung und betonte deren Schwere: "Viel schlimmer wirds nimmer." Gleichzeitig wies er aber auch darauf hin, dass die Angeklagten zum Tatzeitpunkt minderjährig oder heranwachsend waren. Auf Grund der problembelasteten Jugend der Angeklagten sei zudem von "gewaltigen Brüchen in der Entwicklung" und einer "eingeschränkten Reife" auszugehen, weshalb das Jugendstrafrecht zur Anwendung komme. Eindringlich erinnerte der Richter daran, dass der Zweck der Jugendstrafe einzig und allein die erzieherische Wirkung auf die Verurteilten und nicht, wie im Erwachsenenstrafrecht, die Sühne sei.

Beiden Angeklagten wurde zu Gute gehalten, dass sie gestanden, sich beim Opfer entschuldigt und die Bereitschaft erklärt hatten, Schmerzensgeld zu zahlen.

Der Richter betonte, dass das Schmerzensgeld ein wichtiger Grund gewesen sei, die Haft des einen Angeklagten zur Bewährung auszusetzen. Denn durch eine Haftstrafe habe der Angeklagte seine Arbeit verloren und somit keine Möglichkeit gehabt, die Summe aufzubringen. Auch betonte er die Anstrengungen des Angeklagten, sich zu bessern. So habe er freiwillig ein soziales Training absolviert und eine Suchtberatung konsultiert. Auch habe er nach dem Militärdienst in seinem Heimatland nahtlos eine neue Arbeitsstelle gefunden und befinde sich in einer festen Beziehung. Insgesamt mache er einen "deutlich gefestigteren Eindruck".

Dennoch: "Die Tat darf nicht folgenlos bleiben, dafür ist sie viel zu schwerwiegend", erklärte der Richter. Daher die Verurteilung zu einer zusätzlichen Haftstrafe von zwei Wochen, die bewusst so gewählt sei, dass sie sich mit Urlaub überbrücken lasse. Zweck sei es, dem Angeklagten zu zeigen, "wo die Reise hingeht", wenn er sich nicht bessere.