Wer auf eine bis vier Zigaretten täglich verzichtet, kann innerhalb von zehn Jahren bis zu 3000 Euro einsparen. Foto: Archiv

Weltnichtrauchertag: Ulrike Riedinger-Riebl macht auf Gefahren aufmerksam. Fachstelle Sucht will vorbeugen. Mit Pro und Kontra.

Rottweil - Zum Weltnichtrauchertag weist die Ärztin Ulrike Riedinger-Riebl auf Gefahren der Nikotin-Sucht hin. Auch in der Rottweiler Gastronomie spielt diese eine Rolle: In der Café-Bar Hauptbahnhof ist der Raucherbereich bei den Gästen sehr beliebt.

Heute ist der 31. Mai: Weltnichtrauchertag. "Dass Rauchen nicht gesund ist, weiß heute jeder", meint Ulrike Riedinger-Riebl, Ärztin am Rottweiler Gesundheitsamt. "Aber obwohl die Zahl der Raucher seit Jahren sinkt, praktiziert dieses größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in Deutschland noch immer etwa ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung."

Voller Raucherbereich im Hauptbahnhof

Eine Anzahl, die auch in der Gastronomie eine Rolle spielen: Während sich Nichtraucher oft durch den blauen Dunst gestört fühlen, möchten Raucher nicht für jede Zigarette vor die Tür gehen. Die Rottweiler Café-Bar Hauptbahnhof beispielsweise hat dieses Problem gelöst, indem sie etwa die Hälfte der Bar als Nichtraucher-, die andere Hälfte als Raucherbereich eingerichtet hat. "Viele würden wohl nicht mehr kommen, wenn sie hier nicht rauchen könnten", stellt Inhaber Achim Sautter fest. "Der Raucherbereich ist meistens voll." Geschäftlich betrachtet würde es sich wohl sogar lohnen, nur einen Raucherraum anzubieten.

"Der Nichtraucherbereich wird natürlich trotzdem nicht abgeschafft", versichert Sautter, der selbst keine Zigarette anrührt. "Meiner Meinung nach ist es sehr sinnvoll, so etwas einzurichten. Dann können die Leute selbst entscheiden." Wer rauchen will, kann es tun – wer nicht raucht, wird auch nicht mit Qualm belästigt. Sautter berücksichtigt beide Parteien.

Tatsächlich sei es aber oft so, dass es Nichtraucher im Hauptbahnhof nicht störe, im Raucherbereich zu sitzen: "Das ist ein hoher Raum mit starker Lüftung, die wir so regeln können, dass die Luft in Ordnung ist – es riecht nicht allzu sehr nach Rauch", erklärt Sautter. "Viele Raucher sagen selber, dass sie bei schlechter Luft keine Lust hätten, im Raucherbereich zu sitzen."

Wer sich freiwillig in einen Raucherbereich setzt, sollte aber bedenken, dass nicht nur die Raucher selbst von Krankheiten betroffen sind, auch Passivraucher würden geschädigt, wie Riedinger-Riebl erklärt. Herzinfarkt und Schlaganfall, Lungenkrankheiten und Krebs in verschiedenen Organen: "Raucher haben eine im Durchschnitt um zehn Jahre verkürzte Lebenserwartung." Die Lebenserwartung könne in jedem Alter durch Rauchstopp gesteigert werden – je früher der Nikotinverzicht, desto größer der Gewinn an Lebensjahren. Auch der Gebrauch von Wasserpfeifen, sogenannten Shishas, bedeute nicht weniger gesundheitliche Gefahren.

Anja Klingelhöfer, Leiterin der Rottweiler Fachstelle Sucht, hält den Weltnichtrauchertag für eine gute Sache, um das Augenmerk der Leute auf die Nikotin-Sucht zu lenken. Die Suchthilfe bietet regelmäßig Raucherentwöhnungs-Kurse an – laut Klingelhöfer sind diese immer ausgebucht.

Sei man einmal abhängig, verlange es viel an Auseinandersetzung mit sich selbst, um von den Zigaretten loszukommen, sagt Klingelhöfer: "Das geht nicht mal so im Vorbeigehen." Prävention sei daher sehr wichtig, auch im Rahmen des Weltnichtrauchertages. Gemeinsam mit dem Gesundheitsamt ist für den 13. Juni eine Nichtraucher-Aktion am Berufsschulzentrum geplant.

Gerade für Schüler lohnt sich der Rauchverzicht auch finanziell, wie Riedinger-Riebl darlegt: "Schon bei Konsum von einer bis zu vier Zigaretten pro Tag kann ein Rauchverzicht nach zehn Jahren bis zu 3000 Euro in die Kasse des Ex-Rauchers spülen", sagt die Ärztin. Dafür könnte man sich im Hauptbahnhof hunderte von Cocktails gönnen.

Pro Weltnichtrauchertag: Ignorieren schwer gemacht

Von Larissa Schütz, Volontärin Lokalredaktion Rottweil

Heute ist es wieder so weit: Der Weltnichtrauchertag steht an, den viele gern als sinnlos bezeichnen. Warum es diesen Tag aus Rauchersicht nicht geben sollte, ist klar: Man ist gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen, dass man seine Lunge kollektiv vergiftet, die Luftröhre mit dazu und schlimmstenfalls auch die Leute, die etwas von der Qualmwolke abbekommen, wenn man draußen vorm Café Schädle oder Pinoccio sitzt. Es lebt sich viel schöner, wenn man all das einfach ignorieren kann.

Das kann man natürlich nicht so einfach, wenn einem überall Flugblätter, Anti-Rauch-Aktionen und Zeitungsartikel wie der obige begegnen. Insofern ist der Welt-Nichtrauchertag eben doch nicht überflüssig: Er macht auf den Schaden aufmerksam, der durch die ach so genussvollen Glimmstängel entsteht. Das ist den meisten Rauchern zwar bewusst, wird ihnen aber normalerweise nicht ständig vor Augen geführt. Dass da keiner wegen eines Tages sein Laster aufgeben wird – geschenkt.

Aber es hat schon seine Gründe, dass selbst der kettenrauchende Vater meiner Freundin einst Rot sah, als er seine 13-jährige Tochter beim Paffen am Fenster erwischte.

Kontra Weltnichtrauchertag: So sinnvoll wie der Vegetarier-Tag

Von Peter Schönfelder, Redakteur Lokalredaktion Rottweil

Heute gehört die Asche meiner Zigarette wieder aufs Haupt und nicht in den Aschenbecher. Heute werde ich wieder zehnmal hören, wie ungesund das Rauchen ist. Jeder Zweite, dem ich am Schwarzen Tor oder am Friedrichsplatz begegne, fühlt sich heute bemüßigt, mich vor irreparablen Schäden zu warnen.

Jeder, der gestern noch seine gewohnte Flasche Whiskey geleert hat, darf mich heute maßregeln. Denn heute ist Nichtrauchertag, der sich nahtlos in die Inflation der Tage für Frauen, gegen Alkohol, des Naturschutzes, des Kusses oder der Vegetarier einfügt.

Diese Gedenktage haben eines gemeinsam: Sie sind völlig nutzlos. Ich kenne niemanden, der am Nichtrauchertag sein Laster aufgegeben hätte. Klar, rauchen ist potenziell gefährlich, aber das sind Autofahren, Fensterputzen und Schwimmen auch. Ich jedenfalls werde deshalb niemanden daran hindern, sich hinter das Steuer zu setzen. Denn Raucher sind tolerant, am Aschenbecher vor der Kneipe kommunikativ und gesellig, wetterfest und gesünder als mancher Nichtraucher. Denn wir werden per Gesetz sogar gezwungen, regelmäßig an die frische Luft zu gehen. Jeden Tag!